The Tax Collector – Blu-ray Kritik

Shia LaBeouf, Bobby Soto und Noel Gugliemi in The Tax Collector
Shia LaBeouf, Bobby Soto und Noel Gugliemi in The Tax Collector © Universal Pictures

Die Kritik:

The Tax Collector - Blu-ray
The Tax Collector – Blu-ray © Universal Pictures

Nach dem „Suicide Squad“-Fiasko und dem Netflix-Zuschauererfolg „Bright“ wirkt David Ayers neuer Film „The Tax Collector“ förmlich wie eine hasserfüllte Abrechnung: Ayer kehrt erneut in sein wohlstudiertes Milieu South Central Los Angeles zurück und liefert einen weiteren knüppelharten und dreckigen Gangsterstreifen, der absolut keine Gefangenen macht. Boten „Harsh Times“, „Street Kings“ oder „End of Watch“ noch so wichtige menschliche Zwischentöne und Substanz, setzt Ayer in diesem filmischen Tobsuchtsanfall auf ein nahezu konsequent menschenverachtendes, ultra-vulgäres und hemmungslos gewalttätiges Weltbild. Hier gilt ganz klar der Grundsatz Fressen-oder-gefressen-werden. Bis zu einem gewissen Punkt ist auch dieser Film gerade für Ayer-Fans auf plumpe wie verführerische Art packend und wirkungsvoll inszeniert, bis er jedoch im letzten Drittel alle Stricke reißen lässt und sich in grotesk-perversen und regelrecht Grindhouse-artigen Gewaltexzessen suhlt.

Im Mittelpunkt von „The Tax Collector“ stehen, und das ist eigentlich einer der wenigen originellen Wesenszüge des Films, zwei richtig fiese Typen, die in anderen Filmen als Bösewichte herhalten würden: David (Bobby Soto) ist auf der einen Seite ergebener und wohlhabender Familienvater mit eigenem Autoteile-Business. Auf der anderen Seite fungiert er allerdings als knochenharter und rücksichtsloser Steuereintreiber, der gemeinsam mit seinem psychopathischen Homie „Creeper“ (Shia LaBeouf) Schutzgeld von zahlreichen Gangs für seinen Gangsterboss Wizard (Jimmy Smits) eintreibt, der aus dem Gefängnis heraus operiert. Das brutale Gangsterleben sorgt zwar für Wohlstand, aber auch für einen Zustand konstanter Bedrohung. Als der rivalisierende Gangsterboss Conejo (Jose ‚Conejo‘ Martin) aus Mexiko zurück in L.A. erscheint und Wizards Geschäft mit aller sadistischen Gewalt an sich reißen will, werden David und Creeper zunehmend in die Enge gedrängt und müssen um ihr Überleben kämpfen…

Cinthya Carmona in The Tax Collector
Cinthya Carmona in The Tax Collector © Universal Pictures

Wie schon aus den erwähnten Filmen bekannt, kennt David Ayer das Gangmilieu von South Central wie seine Westentasche – schließlich ist er dort auch aufgewachsen. Insbesondere scheint er fasziniert vom lateinamerikanischen Teil, deren Lifestyle er nun auch in „The Tax Collector“ in allen Facetten nahezu fetischisiert. Man könnte hier leicht von Klischees sprechen, aber Ayer präsentiert diese Welt erneut auch mit spürbarer Authentizität. Doch zugleich kriegt man auch das Gefühl nicht los, dass Ayer das Milieu diesmal in allen Belangen mit Lust am Exzess überhöht und verzerrt. Das sorgt dann aber auch für einen soghaft-mitreißenden, fast schon trashigen Unterhaltungswert, wenn Ayer in diese gefährliche und scheinbar an jeder Ecke potentiell todbringende Welt abtaucht. So folgt man diesen beiden finsteren Gestalten, die ihren Job unbarmherzig ausführen und ihr Drohgebaren mit sadistischen Details à la Säurebad oder Amputationen ausstaffieren. Standen in Ayers bisherigen Arbeiten Gesetzeshüter – korrupt oder nicht – im Mittelpunkt, fokussiert er sich diesmal voll und ganz auf den durch und durch kriminellen Teil der Gesellschaft.

Anflüge von Menschlichkeit schimmern auch hier durchaus immer wieder hervor, etwa in Davids liebevollem Verhalten zu seiner Frau Alexis (Cinthya Carmona) und seinen beiden Töchtern, aber auch in der buddyartigen Beziehung zu Creeper. Hier nimmt man sich auch mal gegenseitig auf den Arm, insbesondere wird die Stimmung durch Davids Beobachtung von Creepers Keto-Diät aufgelockert. Doch „The Tax Collector“ wirkt dann auch gelegentlich fast schon wie eine billigere Kopie eines David Ayer-Films: Die stereotypen Figuren bleiben bis auf kleine Ausnahmen schemen- und klischeehaft, plumpe Dialoge prägen das Bild. Auch darstellerisch sieht es hier eher gemischt aus: Bobby Soto sieht zwar ganz cool aus, ist aber kein besonders guter Schauspieler, dem es schlicht an Charisma und dem gewissen Etwas fehlt. Mit gewohnt brodelnder Intensität geht Shia LaBeouf zu Werke und ist sicher die faszinierendste Präsenz des Films. Sehr interessant, da äußerst bizarr: LaBeouf hat sich für die Rolle den kompletten Oberkörper tätowieren lassen, ist aber abgesehen von ein paar Millisekunden ausschließlich bis zum Hals zugeknöpft im schlanken Maßanzug zu sehen.

Bobby Soto in The Tax Collector
Bobby Soto in The Tax Collector © Universal Pictures

Sicher, Ayer war noch nie der subtilste Regisseur, doch gerade in Sachen Härte und Gewaltexzess toppt dieser in Deutschland sogar mit einem SPIO/JK-Siegel ausgestattete Film auch sein bisher sadistischstes Werk „Sabotage“. Spätestens im letzten Drittel wird deutlich, dass Ayer hier eigentlich nichts mitzuteilen hat und sich primär in fürchterlich-widerwärtiger Gewalt verliert und dabei ein regelrecht menschenverachtendes und hasserfülltes Weltbild propagiert. Der Film wirkt so letztlich nur noch proletenhaft und sinnentleert, die kopfzerschmetternde und gesichtszerschreddernde Gewalt verkommt zum puren und sehr befremdlichen Selbstzweck.

Was dieser ganze Hass, der primär von der hemmungslos überzeichneten, gerne im Blut von Jungfrauen badenden Psychopathen-Gangsterbossfigur Conejo ausgeht, aussagen soll, bleibt unklar. Jegliche Tiefe, die etwa auch das Milieu vielschichtiger ergründen würde, sucht man vergebens. Für einen Thriller baut Ayer im letzten Akt keine nennenswerte Spannung auf, sondern hangelt sich von wütendem und sadistischem Gewaltexzess zum nächsten. Das hinterlässt so einen ganz bitteren Beigeschmack, sodass man sich schon fast um Ayers Geisteszustand sorgen will. „The Tax Collector“ ist so dann eben primär ein einfach gestrickter Exploitation-Reißer ohne moralischen Kompass. Schade, denn Ayer ist ganz offensichtlich ein äußerst kompetenter und oft faszinierender Filmemacher, der auch hier dank der Arbeit von Ron Howards Stammkameramann Salvatore Totino stimmungsvolle und ausdrucksstarke Hochglanzbilder schafft. Möge er sich für seinen nächsten Film wieder etwas beruhigen und sich auch mal aus seiner Komfortzone herauswagen.

Cheyenne Rae Hernandez in The Tax Collector
Cheyenne Rae Hernandez in The Tax Collector © Universal Pictures

Bild:

Das digital aufgezeichnete Bild ist hochglanzpoliert und besticht mit bester Schärfe und Klarheit. Farblich setzt man eher auf Entsättigung und tendenziell geerdete Töne. Kontraste und Schwarzwerte sind fast durchgehend auf hohem Niveau, lediglich in manchen dunklen Szenen wird es etwas softer. Alles in allem also eine sehr hochwertige Umsetzung.

Ton:

Akustisch geht es hier vergleichbar klar zu wie auch bei dem Bild. Auffällig sind die sehr präsenten Dialoge. Ansonsten begeistert der immer wieder gerade bei Musiksequenzen vorherrschende heftig dröhnende Bass. Aber auch bei Schießereien gefallen die wuchtigen Tieftöne. Ansonsten geht es auch angenehm räumlich und atmosphärisch zu, weshalb es hier rundum keinen Grund zur Klage gibt.

Extras:

Das Bonusmaterial besteht leider nur aus verlängerten Szenen.

  • Gespräch mit Sensei (01:32 Min.)
  • Ungekürzter Anfang (06:02 Min.)
  • Ungekürzte Kleid-Szene (02:27 Min.)
  • Montage Szenen abkassieren (04:50 Min.)
Blu-ray Wertung
  • 5/10
    Film - 5/10
  • 9/10
    Bild - 9/10
  • 9/10
    Ton - 9/10
  • 2.5/10
    Extras - 2.5/10
5.5/10

Kurzfassung

Hemmungslos überzogenen Gewaltexzesse, zu plump und oberflächlich.

Fazit:

„The Tax Collector“ sticht vor allem durch seinen hemmungslos überzogenen Gewaltexzesse und seine hasserfüllte Weltsicht heraus, aber weniger durch Tiefe oder gutes Storytelling. Zu plump und oberflächlich erscheint David Ayers erneuter Ausflug ins Gangmilieu von South Central. Dennoch kann man dem an sich kompetent inszenierten Film eine gewisse Soghaftigkeit nicht absprechen.


von Florian Hoffmann

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