The Professor and the Madman – Blu-ray Kritik

Mel Gibson und Sean Penn in The Professor and the Madman
Mel Gibson und Sean Penn in The Professor and the Madman © KSM GmbH

Die Kritik:

The Professor and the Madman: Blu-ray Cover © KSM GmbH

Es fällt fast schon schwer, in Anbetracht der Prämisse von „The Professor and the Madman“ nicht den obligatorischen Scherz zu machen, dass man nun endlich das Wörterbuch verfilmt hat. Ein so zynischer Umgang mit dem Film wird ihm natürlich nicht gerecht, denn es handelt sich um ein Leidenschaftsprojekt, das Mel Gibson seit bereits 20 Jahren realisieren wollte. Tatsächlich verbirgt sich hier eine sehr interessante Geschichte, die sich mit der faszinierenden jahrzehntelangen Entstehung der ersten Ausgabe des Oxford English Dictionary beschäftigt. Mel Gibson spielt hier den Philologen James Murray, der 1879 mit der Zusammenstellung des heute umfangreichsten Wörterbuchs der Welt betraut wurde und sich damit ein beispielloses Großprojekt vornahm. Murray startete einen landesweiten Aufruf in Großbritannien, der um Mitarbeit für die Suche nach Belegen für alle englischen Worte inklusive sämtlicher Variationen bat. Hierbei traf er auf den ehemaligen amerikanischen Armeearzt William Chester Minor (Sean Penn), der wegen Geisteskrankheit in einer Nervenheilanstalt inhaftiert war und zum wohl effektivsten freiwilligen Mitarbeiter des OED wurde.

„The Professor and the Madman“ basiert auf Simon Winchesters Tatsachenroman „The Surgeon of Crowthorne“, dessen Rechte bereits 1998 von Mel Gibson gesichert wurden. Regie führte letztlich „Boss“-Macher Farhad Safinia, der Gibson zuvor u.a. bei „Apocalypto“ als Co-Autor unterstützte. Ein Rechtsstreit mit der Produktionsfirma Voltage Pictures sorgte schließlich dafür, dass sowohl Gibson als auch Safinia sich von dem Projekt distanzierten, wobei letzterer sogar das Pseudonym P.B. Shemran annahm. Auch wenn „The Professor and the Madman“ letztlich nicht mehr von Safinia und Gibson kreativ überwacht wurde, ist hier dennoch ein interessanter, wenn auch etwas biederer Historienfilm entstanden, der durchaus für den ein oder anderen interessant sein könnte.

Der Film ist schön und aufwändig realisiert, auch wenn ihm stilistische Alleinstellungsmerkmale fehlen. Safinia fokussiert sich ganz auf seine Figuren und die reichhaltige Geschichte, die zugrunde liegt. „The Professor and the Madman“ hat viel dramatisches Potential, lässt aber manchmal einen erzählerischen Fokus vermissen, der den Film wirklich spannend und mitreißend gestalten würde. Trotz spürbar bester und wohlmeinender Ambitionen und zweier sehr guter und gewohnt engagierter Darstellungen seiner beiden Hauptdarsteller plätschert der Film etwas vor sich hin. Da hilft auch Bear McCrearys wirklich gelungene und mitreißende Filmmusik nur bedingt. Die Bestandteile für einen guten Film liegen jedenfalls vor, jedoch gelingt es Farhad Safinia (oder wer auch immer letztlich für den finalen Film verantwortlich war) nur bedingt, echte Magie zu entfachen.

The Professor and the Madman: James Murray (Mel Gibson)
The Professor and the Madman: James Murray (Mel Gibson) © KSM GmbH

„The Professor and the Madman“ präsentiert zunächst den Erzählstrang von Minor, der wegen einer angeblichen Verwechslung im paranoiden Wahn einen unschuldigen Mann auf offener Straße erschießt und dafür als geisteskrank verurteilt wird. Später wird Eliza Merrett (Natalie Dormer), die Witwe des Ermordeten noch eine entscheidende Rolle spielen, wenn sie mit Minor eine folgenschwere Korrespondenz aufbaut. Dann schildert der Film parallel die leidenschaftlichen Bemühungen des engagierten autodidaktischen Sprachexperten Murray, das Mammutprojekt OED nach mehreren vergeblichen Versuchen der vorigen Herausgeber mit frischen Ideen in die Tat umzusetzen. Nach holprigem Beginn sorgt vor allem die öffentliche Mitarbeit für erste Durchbrüche, jedoch muss sich Murray immer wieder vor einem versnobten akademischen Komitee rechtfertigen, das den Außenseiter Murray nur bedingt akzeptiert. Schließlich führen die Wege der beiden Männer zusammen, als Murray erfahren will, wer der mysteriöse Mitwirkende ist und überrascht erfährt, dass dieser in einer Nervenheilanstalt untergebracht ist. Es entsteht eine ungewöhnliche Freundschaft, bei der beide Männer voneinander profitieren, wobei immer wieder tragische und dramatische Ereignisse Steine in den Weg legen.

Sean Penn in The Professor and the Madman
Sean Penn in The Professor and the Madman © KSM GmbH

Der Film ist eigentlich dann am besten, wenn er den unglaublich detaillierten und jahrelang andauernden Rechercheprozess anschaulich schildert. Dazu kommen dann diverse Subplots, unter anderem wird auch die familiäre Situation von Murray geschildert. Aufgrund der hohen Arbeitsintensität verliert sich Murray erwartungsgemäß in seinem Projekt, wodurch Konflikte mit seiner Ehefrau Ada (Jennifer Ehle) entstehen, die sich zunehmend bei der Erziehung ihrer Kinder alleingelassen fühlt. Auch Minors persönliches Leben steht im Mittelpunkt: So wird über diverse Rückblenden dessen traumatische Zeit an der Bürgerkriegsfront erzählt, aber auch seine freundschaftliche Beziehung zu dem Aufseher Mr. Muncie (Eddie Marsan) wird erläutert. Schließlich ist es dann die ungewöhnliche Beziehung zu Eliza, die mehr und mehr im Fokus steht. Dessen menschenunwürdige Behandlung, die von Dr. Richard Brayn (Stephen Dillane) beaufsichtigt wird und zu zunehmendem geistigen Verfall führt und im Kontrast mit seiner brillanten intellektuellen Arbeit steht, wird dann auch noch abgehandelt.

„The Professor and the Madman“ hatte sicherlich das Potential, ein sehr guter Prestigefilm zu werden, letztlich bleibt aber nur ein solides Filmvergnügen mit vielen guten Momenten und Ansätzen, dem es einfach an echter Spannung fehlt, um wirklich mitzureißen.

Bild:

Der Film präsentiert sich auf Blu-ray in ansehnlicher und zeitgemäßer Form. Schärfe- und Detaillevel sind durchweg hoch, während Kontraste und Schwarzwerte ebenfalls überzeugen und für ein knackiges Bild sorgen. Die Farbpalette erscheint natürlich, warm und ausgewogen. Hier liegt ein adäquates Bild vor, das sich keine Fehler leistet, ohne jedoch visuell herauszuragen.

The Professor and the Madman Dr. William Chester Minor (Sean Penn)
The Professor and the Madman Dr. William Chester Minor (Sean Penn) © KSM GmbH

Ton:

In akustischer Hinsicht gibt sich die Blu-ray ebenfalls keine Blöße und bietet einen ausgewogenen Sound. Dynamik kommt bei der immer wieder wirkungsvoll anschwellenden Musik auf, die durch die Surroundboxen zusätzlich räumlich verstärkt wird. Hier mischen sich auch gelegentlich, wenn auch sehr subtile atmosphärische Geräusche ein. Stimmen und Dialoge sind klar und verständlich abgemischt.

Extras:

Das Bonusmaterial fällt sehr spärlich aus, was angesichts der schwierigen Produktionsgeschichte auch kaum verwunderlich ist.
• Behind the Scenes (06:54 Min.)
• Bildergalerie (02:29 Min.)
• Trailershow

Blu-ray Wertung
  • 6.5/10
    Film - 6.5/10
  • 8/10
    Bild - 8/10
  • 8/10
    Ton - 8/10
  • 2.5/10
    Extras - 2.5/10
6.5/10

Kurzfassung

Wohlmeinender Historienfilm, dessen interessanter geschichtlicher Hintergrund durchaus faszinierend erzählt wird, aber durch zu viele Subplots etwas verwässert wird.

Fazit:

„The Professor and the Madman“ ist ein wohlmeinender Historienfilm, dessen interessanter geschichtlicher Hintergrund durchaus faszinierend erzählt wird, aber durch zu viele Subplots etwas verwässert wird. So ist der in allen Belangen, oberflächlich betrachtet, kompetent gemachte Film weit von einem Desaster entfernt, wirklich mitreißend ist er jedoch nur bedingt.


von Florian Hoffmann

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