Blu-ray-Kritik zu The Card Counter

The Card Counter
The Card Counter: Willem Dafoe und Oscar Isaac © 2021 Lucky Number, Inc.

Die Kritik:

The Card Counter Bluray
The Card Counter Bluray © Weltkino

The Card Counter“ klingt und liest sich wie ein recht klassischer Poker-Krimi. Doch Regisseur Paul Schrader wäre nicht der Filmemacher, der er ist, wenn er einen in seinen Augen so banalen Film produziert hätte. Die Story ist nur Mittel zum Zweck bzw. Metapher, denn das Drama beinhaltet vorrangig eine Reflexion über Schuld, Rache und Vergebung. Die amerikanische Gesellschaft und die Politik werden zur Zielscheibe. So weit so interessant. Ob das für einen guten Film reicht, kann man sich im Heimkino ab dem 27.05.2022 überlegen. Dann erscheint „The Card Counter“ auf DVD und Blu-ray. Ein Blick vorab wird empfohlen, und wir wollen ihn in unserer Kritik liefern.

Inhalt: William Tell (Oscar Isaac) plagt seine Vergangenheit für die er 10 Jahre ins Gefängnis musste. Im Knast hatte er aber immerhin viel Zeit – und die hat er zum Karten zählen genutzt. Mittlerweile entlassen, setzt er sein Talent dazu ein, in den Casinos Reibach zu machen. Sein Leben sieht dennoch eintönig aus. Besondere Interessen, für das er sein Geld verprassen könnte, erkennt man nicht. Irgendwann lernt er die Poker-Agentin La Linda und den Rumtreiber Cirk kennen. Das Dreiergespann zieht fort an von Pokertisch zu Pokertisch. Williams Leben könnte so einen Sinn bekommen, doch die Vergangenheit lässt ihn nicht los…

The Card Counter - Oscar Isaac
The Card Counter – Oscar Isaac © Weltkino

Regisseur Paul Schrader spielt mit dem Zuschauer ein falsches Spiel. Der mit Hollywood-Star Oscar Isaac gespickte Film ist nämlich wie schon umrissen kein Thriller oder überhaupt ein Film für’s Mainsteam-Publikum. Nicht einmal optisch weiß oder will „The Card Counter“ im klassischen Sinn zu überzeugen, zumindest nicht mit prachtvollen Schauplätzen in den Casinos. Zwar funkelt hier alles, aber auch das ist redundant und immer langweiliger. Das sowie die Unemotionalität macht den Zuschauer fast schon mürbe.

Das hat aber natürlich Methode. Zeigen soll dies den innerlich komplett kaputten Protagonisten, der an seiner Vergangenheit in Abu Ghraib und der Schuld gebrochen ist. Gleichzeitig wird u.a. das Justizsystem in Frage gestellt, da mit unserer Hauptfigur nur ein Soldat, der zufällig bei Folterungen auf Kamera aufgenommen wurde, verurteilt wurde. Und das für 10 Jahre. Seiner Psyche wurde dabei jedoch nicht geholfen. Und die Hintermänner, die befohlen, wurden gar nicht belangt.

Diese Hauptmetaphern sind klar, für eine genauere Filmanalyse lohnen sich aber auch die Kleinigkeiten. Ist beispielsweise unsere Hauptfigur aufgrund des Namens der Freiheitskämpfer und Tyrannenmörder wie in Friedrich Schillers Drama? Zumindest letzteres klärt sich gegen Ende. Doch wie passt das alles mit dem Pokerspielen zusammen? Den einen Grund wird man nicht finden und Schrader überlässt sowieso die Interpretierung lieber dem Zuschauer. Das Glücksspiel jedenfalls lässt den Protagonisten weiter am Leben teilhaben. Mehr aus Langeweile als Überzeugung, in dem Einzelkämpfer-Leistungen den Ertrag bringen. Über diesen wird sich dann aber nicht einmal gefreut. Der Protagonist, der sich auch sonst nie in die Karten schauen lässt, erklärt es etwa so: Man spielt einen Einsatz. Wenn man gewinnt, geht man. Falls man verliert, geht man auch. Das offenbart die pessimistische Weltanschauung, das Trauma, die Zukunftslosigkeit.

Bild:

Das erste Mal haut es dem Zuschauer in einer Rückblende aus dem Poker-Trott. Höchst interessant und wirkungsvoll wird der Alptraum des Protagonisten gezeigt. Verstehen tut man schnell: Zu jeder Zeit leidet William Tell. Während im kompletten Kontrast die Casinos im Hochglanz erstrahlen, anonymisiert William sein Hotel. Allein aus der Bildsprache lässt sich der Film in Teilen erklären.

Ton:

In selbiger Rückblende reißt einen der Ton mit brutaler Musik vom Hocker. Auch hier könnte der Kontrast zur Gegenwart kaum größer sein. Die Dialoge dagegen sind emotionslos wie Tell selber, teils sogar recht zäh.

Extras:

Zum Bonusmaterial gibt es auf der Blu-ray-Disc Interviews mit Oscar Isaac, Tiffany Haddish und Paul Schrader Featurettes. Nur wenige Erklärungen werden zu dem künstlerischen Film geliefert.

Blu-ray Wertung
  • 6/10
    Film - 6/10
  • 9/10
    Bild - 9/10
  • 7/10
    Ton - 7/10
  • 3/10
    Extras - 3/10
6/10

Zusammenfassung

Ohne Interpretationen findet man hier einen zähen, unspannenden Film vor, denn das Werk findet vor allem auf der zweiten Ebene statt.

Fazit:

Vordergründig enttäuscht „The Card Counter“, im schlimmsten Fall sogar langweilen. Nur selten wird man vom Pokerspiel angezogen. Darüber hinaus aber kann der geneigte Zuschauer noch viel mehr entdecken, hinterfragen und herausfinden.


von Nicolas Wenger

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