Slender Man – Blu-ray Kritik: Internetphänomen goes Movie

Slender Man
Slender Man © 2018 Mythology Entertainment, LLC. All Rights Reserved.

Die Kritik:

Slender Man: Blu-ray Cover
Slender Man: Blu-ray Cover © 2018 Mythology Entertainment, LLC. All Rights Reserved.

Der Slender Man oder Schlanker Mann ist ein 2009 entstandenes Internetphänomen, das von einem Künstler namens Eric Knudsens erschaffen wurde, um an einem Wettbewerb teilzunehmen, bei dem verschiedene Künstler paranormale Begebenheiten so authentisch wie möglich in reale Fotographien einarbeiteten. Diese Figur wurde auf einen Schlag so beliebt, dass zahlreiche Fans ihrerseits Bilder, Videos und Geschichten um den Schlanken Mann beisteuerten und dafür sorgten, dass die Gestalt binnen kurzer Zeit ein viraler Hit wurde. Fanfiction, Videospiele und Kurzfilme wurden nach ihm betitelt und mit der Zeit baute sich eine breiter werdende Fanbase auf. Jedoch wandelte sich dadurch auch die ursprüngliche Intention Knudsens, den Slender Man als subtiles Grauen darzustellen, in ein hinterhältig manipulierendes und blutrünstiges Geschöpf mit einer Vorliebe für Kinder, das als Solches von ihm gar nicht vorgesehen war. Das rief selbstverständlich bald amerikanische Eltern und Jugendschützer auf den Plan, die die Überzeugung vertreten, dass sich Horrorikonen wie Ghostface aus Scream oder Michael Myers aus Halloween maßgeblich negativ auf die Entwicklung der Jugend auswirken.

In den meisten Fällen erweist sich diese These zwar als falsch, im Falle des Slender Man hingegen war diese zumindest in zwei Fällen traurige Realität: 2013 versuchten zwei 12-jährige Mädchen eine gleichaltrige Mitschülerin mit 19 Messerstichen zu töten, weil diese sich vom Slender Man dazu genötigt gefühlt haben. Ein Jahr später attackierte eine 13 Jährige ihre Mutter im Slender Man Kostüm mit einem Küchenmesser, die vorher regelrecht besessen von dem Online-Mythos gewesen war. Nach den Vorfällen entschied man sich eine Verfilmung mit der Horrorgestalt als Titelrolle vorerst auf Eis zu legen. Stattdessen arbeitete Regisseurin Irene Taylor die Ereignisse des versuchten Ritualmordes in der Dokumentation Beware the Slender Man. Im August 2018 erblickte dann, nach einem gefühlt ewig andauernden Rechtsstreit zwischen Sony Pictures und Screen Gems, die erste Verfilmung der urbanen Legende das Licht der Welt.

Eine gelangweilte Gruppe Teenies bestehend aus Wren (Joey King; Wish Upon), Hallie (Julia Goldani Telles; Chilling Adventures of Sabrina), Chloe (Jaz Sinclair) und Katie (Annalise Basso; Ouija) stoßen bei abendlichem Chillen auf die Legende des Slender Man. Einerseits fasziniert von einem Video, das beschreibt wie man ihn ruft, andererseits ungläubig, dass dieses Ritual wirklich funktioniert, probieren sie es kurzerhand aus, um zu beweisen, dass das alles nur wieder eine Masche ist, um Kindern Angst zu machen. Als aber plötzlich eine der Freundinnen auf einer Exkursion verschwindet, müssen sie erkennen, dass sie bereits ins Visier der bösartigen Macht geraten sind, die nun die Jagd auf sie eröffnet.

Joey King in Slender Man
Joey King in Slender Man © 2018 Mythology Entertainment, LLC. All Rights Reserved.

Als die Ankündigung über einen von Sony produzierten Horrorfilm die Runde machte, die das Phänomen des Slender Man zum Hauptfokus hatte, waren die Erwartungen groß. Als dann der erste Trailer über den Bildschirm flimmerte, schlug das Horrorherz noch ein Stückchen höher, da die Atmosphäre, die in den zwei Minuten aufkam und die bizarren Bilder stark an Fede Alvarez‘ polarisierende Fortsetzung von The Evil Dead erinnerte, und definitiv Lust auf mehr machte. Umso ernüchternder war dann aber das fertige Ergebnis, in dem nichts mehr vom Flair der Vorschau erhalten blieb: Viele der bizarren Szenen wurden aus Ethik- sowie Jugendschutzgründen entfernt und übrig blieb ein verstümmelter Schatten seiner selbst, dem die mehr als auffälligen Schnitte alles andere als gut getan haben.

Das Storytelling ist durch die groben Schnitte schleppend und sprunghaft zugleich, die Charaktere haben keinerlei Tiefgang und kratzen nicht mal an der Oberfläche, obwohl so gut wie der komplette Cast aus kleineren aber teils guten Horrorproduktionen der letzten Jahre zusammengesammelt wurde. Von daher kann ich jetzt auch niemanden besonders hervorheben, weil von Anfang an schon relativ egal ist, was den stereotypischen Protagonisten im weiteren Verlauf zustößt. Das Potential war durchaus da, weil Slenderman hier und da gute Ansätze für Atmosphäre und subtilen Horror aufweist, sich aber immer wieder in gewohnte Klischees verrennt. Einzig die Locations und die Geräuschkulisse muss man lobend erwähnen, denn diese schaffen es tatsächlich an der ein oder anderen Stelle so was wie Spannung aufkommen zu lassen, auch wenn sie nur von kurzer Dauer ist.

Slender Man im Wald
Slender Man im Wald © 2018 Mythology Entertainment, LLC. All Rights Reserved.

Zensur: Durch die vorangegangenen, tatsächlichen Gewaltverbrechen, die in sich im Zusammenhang mit dem Slender Man ereignet haben und die merkwürdige Zensurpolitik in einigen Fällen, beraubte man den Film um wahrscheinlich jede einzelne verstörende Szene, auch wenn sie im Trailer anrissweise noch zu sehen war. Ob nun aus Respekt vor den Opfern oder einfach nur um den Film einer breiteren Masse durch das PG 13 Rating in den USA zugänglich zu machen bleibt wohl ein Rätsel, aber für Deutschland gab es für eben jene PG 13 Fassung hierzulande eine Freigabe ab 16. Ob die gerechtfertigt ist, sollte jeder für sich selbst prüfen.

Bild:

Das Bild im 1080p ist Gruselfilmtypisch dunkel gehalten, hat einige nett anzusehende Kulissen und fällt dahingehend nicht negativ auf. Die Kameraführung ist ruhig und gediegen, was zur beabsichtigten Stimmung gepasst hätte, nur dass eben die Stimmung gar nicht erst, oder wenn, dann nur äußerst selten, aufkommt. Technisch gesehen ist alles bestens.

Ton:

Der Ton ist in drei Audiospuren (deutsch, englisch und französisch) vorhanden und weist kaum negative Gesichtspunkte auf. Die Soundkulisse mit verstörenden Klängen und dumpfen Bässen versuchen verstörend zu wirken, was zu Beginn auch noch funktioniert, allerdings gehen die Töne nach gewisser Zeit ganz schön an die Materie und werden eher nervig. Die Dialoge sind nicht besonders geistreich, dafür sind sie klar und verständlich und lassen auch hier wieder technisch keinen Raum für Beanstandungen.

Extras:

Bis auf ein verhältnismäßig kurzes Hinter den Kulissen gibt es trotz der Masse an Informationen rund um die Legende keinerlei Bonusmaterial. Schade.

Blu-ray Wertung
  • 3/10
    Film - 3/10
  • 7/10
    Bild - 7/10
  • 7.5/10
    Ton - 7.5/10
  • 2/10
    Extras - 2/10
4/10

Kurzfassung

Belangloser, unfertig wirkender Streifen, der sein gesamtes Potential verschenkt.

Fazit:

Nach Musterbeispielen wie das Fantastic Four Reboot, Suicide Squad und aktuell Venom reiht sich Slenderman in eine Riege aus Filmen ein, die im Trailer durch Bilder eine Art von Film versprechen, die man nie zu Gesicht bekommt. Doppelveröffentlichungen mit unterschiedlichen Altersfreigaben und Zielgruppen hat sich in der Vergangenheit des Öfteren bezahlt gemacht, aber nicht alle Vertriebe halten das für notwenig. Die Adaption des Mythos Slenderman ist somit ganz klar ein Flopp, da die Verstümmelungen den Film zu einem unfertigen Produkt machen, das leider keinen Blick mehr wert ist. Eventuell werden Kids und Teens noch ein wenig Freude dran haben, aber mehr bleibt leider nicht übrig. Wer interessiert an den wahren Verbrechen ist, sollte sich oben genannte Dokumentation von Irene Taylor zu Gemüte führen, denn die beschäftigt sich mit dem tatsächlichen Grauen hinter dem Mythos.


von Christoph Berger

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