Sleepless – Eine tödliche Nacht (Blu-ray Kritik)

Sleepless - Eine tödliche Nacht - Bryant (Michelle Monaghan) und Vincent (Jamie Foxx)
Sleepless - Eine tödliche Nacht - Bryant (Michelle Monaghan) und Vincent (Jamie Foxx) © Eurovideo

Die Kritik:

Sleepless - Eine tödliche Nacht Blu-ray Cover
Sleepless – Eine tödliche Nacht Blu-ray Cover © Eurovideo

2011 gelang dem Franzosen Frédéric Jardin mit Sleepless Night ein schnörkelloser und effektiver Action-Thriller, der in Deutschland nur als Videopremiere erschien und kaum die Aufmerksamkeit erhielt, die er verdient hätte. Aufmerksam genug war man allerdings in Amerika, wo man das Potential der simplen Prämisse erkannte und sich umgehend die Remake-Rechte sicherte. Spannend für Zuschauer hierzulande ist die Tatsache, dass der Schweizer Baran bo Odar, der sich für „Who Am I“ und den unterschätzten Thriller „Das letzte Schweigen“ verantwortlich zeichnete, hier sein US-Debüt gibt. Trotz herausragender Besetzung um Jamie Foxx, Michelle Monaghan, David Harbour, Scoot McNairy und Dermot Mulroney setzt bo Odar hier allerdings so gut wie keine neuen Akzente und präsentiert das Musterbeispiel einer überflüssigen und sträflich uninspirierten Neuauflage.

Bo Odars US-Remake folgt der Handlung des Originals nahezu sklavisch. Im Mittelpunkt steht der korrupte Cop Vincent (Jamie Foxx), der sich mit seinem Partner Sean (Tip ‚T.I.‘ Harris) an einem Raubüberfall beteiligt, bei dem 25 Kilo Kokain des Gangsters Stanley Rubino (Dermot Mulroney) gestohlen wird. Dieser lässt mit einer Reaktion nicht lange auf sich warten und lässt dessen Sohn Thomas (Octavius J. Johnson) entführen, den er im Kühlraum seines riesigen Casino-Komplexes in Las Vegas festhält. Nun liegt es an Vincent, seinen Sohn zurückzugewinnen, indem er Rubino das Kokain zurückbringt. Doch natürlich läuft alles nicht so wie geplant, denn Vincent bekommt es mit zwei internen Ermittlern (Michelle Monaghan und David Harbour) zu tun, die sich an seine Fersen heften und eine reibungslose Übergabe verhindern.

Sleepless - Eine tödliche Nacht Szenenbild
Sleepless – Eine tödliche Nacht Szenenbild © Eurovideo

Schon das Original war tatsächlich bereits darum bemüht, eher amerikanischen Genre-Konventionen zu folgen, als eigenständig französisch zu sein, weshalb der Transfer zu einer US-Version problemlos gelingt. In bo Odars Film ist alles natürlich etwas aufwändiger und insgesamt dank seiner neondurchfluteten Hochglanz-Schauplätze in der Casino-Stadt visuell oft aufregender gestaltet. Die Schwächen, die Jardins Film hatte, wurden allerdings hier in keiner Weise ausgemerzt, sondern eher verstärkt.

„Sleepless Nights“ schnörkellose und distanzierte Machart war Vor- und Nachteil zugleich. Es blieb nur wenig Zeit, sich mit den blassen Figuren vertraut zu machen und tatsächlich eine wirkliche Bindung aufzubauen. Hier ging es Schlag auf Schlag und es dauerte nicht lange, bis die Action in den Nachtclub-Komplex verlagert wird. Im Grunde war der Film dann auch eine lange ausgedehnte Action-Sequenz (ähnlich wie etwa „The Raid“), bei der wenig Luft zum Atmen blieb und die dünnen Figuren entsprechend wenig Zeit zur Entwicklung hatten. Bo Odars Film folgt dieser Formel entsprechend und bleibt trotz aller Rasanz und Dringlichkeit erstaunlich farblos und sogar leider aus mehreren Gründen langweilig. Spannung oder spürbare Aufregung entwickelt sich hier eigentlich nie.

Der Neuigkeitsfaktor bei Jardins Film war noch der Umstand, dass man dieses so zutiefst amerikanische Subgenre des Neo-Noir-Thrillers, bei dem jeder irgendwie korrupt ist und ein doppelbödiges Spiel spielt, nach Frankreich verlagerte. Die stilistischen Vorbilder, die vom existenzialistischen Männerkino eines Walter Hill oder vor allem Michael Mann geprägt waren, zeigten sich dort überdeutlich. Tatsächlich kommt dieser Einfluss in bo Odars Film durch das amerikanische Setting noch stärker zum Vorschein. Durch die Besetzung des regelmäßigen Michael Mann-Akteurs Jamie Foxx und die digitale Ästhetik erhält man hier stellenweise sogar den Eindruck, als wäre die Nachtclub-Eröffnungssequenz in „Miami Vice“ auf Spielfilmlänge gezogen worden – nur ohne Manns viszeralen Punch, bestechende Stilsicherheit und obsessive Liebe zum Detail zu erreichen.

Sleepless - Eine tödliche Nacht - Cop Vincent (Jamie Foxx)
Sleepless – Eine tödliche Nacht – Cop Vincent (Jamie Foxx) © Eurovideo

Das Wiedererkennungsgefühl zu zahlreichen US-Filmen gleicher Bauart lässt sich in „Sleepless“ nie abschütteln, wodurch der Film stets wie eine solide Kopie ohne jede Eigenständigkeit wirkt. Bo Odars Inszenierung ist adäquat, aber völlig uninspiriert und einfallslos. Gerade manchen Actionsequenzen mangelt es zudem an Wucht, oft wirkt der Schnitt auch zu chaotisch und unruhig, dass hier eine spürbare Wirkung aufgebaut werden könnte.

Überhaupt wirkt hier alles etwas müde und nur halb bei der Sache. Erschreckend gelangweilt wirkt etwa Jamie Foxx, der mit entsprechenden Regisseuren wie Quentin Tarantino, Michael Mann, Oliver Stone oder aktuell Edgar Wright in „Baby Driver“ enorm aufblüht und eine unschlagbar starke Präsenz bietet. In „Sleepless“ schlafwandelt Foxx sich als desillusionierter Cop spürbar zu seinem Gehaltsscheck und macht nie mehr wie nötig. Chemie zu seinem bei seiner Exfrau Dena (Gabrielle Union) lebenden Sohn baut sich auch nicht ansatzweise auf. Dasselbe gilt auch für den Rest der namhaften Besetzung, deren Figuren zudem arg klischeebehaftet und eindimensional gestaltet sind. Jegliche Plot- oder Charakterentwicklung ist zudem auch schmerzhaft vorhersehbar, manche Wendung erweist sich für jeden ansatzweise geschulten Zuschauer als lachhaft offensichtlich. Überhaupt verliert der Film ohnehin schon durch Foxx Besetzung an Spannung, da er trotz anfänglich zugezogener Stichverletzung – anders als sein französischer Vorgänger Tomer Sisley – unbesiegbar erscheint.

Als kurzweiliger Zeitvertreib für zwischendurch eignet sich „Sleepless“ hauptsächlich dennoch durch seine bereits angesprochenen Actionszenen. Bonuspunkte gibt es aber für die recht dichte Atmosphäre und die starken Bilder von Kameramann Mihai Malaimare Jr. („The Master“, „A Walk Among the Tombstones“), jedoch reicht das nicht ansatzweise aus, um diesen müden Film aus der absoluten Bedeutungslosigkeit zu retten.

Bild:

In visueller Hinsicht überzeugt die Blu-ray-Umsetzung weitestgehend. Die Kontraste und Schwarzwerte fallen hier oft eher soft und leicht blass aus, in Sachen Farbgestaltung zeigt man sich recht dezent, aber natürlich. Gerade bei den nächtlichen Clubszenen kommen jedoch auch mal intensivere Farben zur Geltung. Schärfe- und Detaillevel sind durchgehend auf einem sehr guten Niveau.

Ton:

Sleepless - Eine tödliche Nacht - Stanley Rubino (Dermot Mulroney)
Sleepless – Eine tödliche Nacht – Stanley Rubino (Dermot Mulroney) © Eurovideo

Die englische Originalversion enttäuscht leider etwas durch überraschend leise und schwer verständlich abgemischte Dialoge. Die Abwesenheit von Untertiteln erschwert das Ansehen des Films so leider ungemein, weshalb man doch besser auf die deutsche Synchronfassung zugreifen sollte. Hier überzeugen die Dialoge durch gute Verständlichkeit, auch ansonsten überzeugt die sehr wuchtige Tonspur. Auffällig ist hier (und auch bei der OV), dass immer wieder sehr tiefe Töne zum Einsatz kommen, die das Wohnzimmer konstant zum Beben bringen. Hier präsentiert sich eine insgesamt sehr aktive und dynamische Tonspur, bei der sowohl die Filmmusik als auch diverse atmosphärische Soundeffekte wirkungsvoll von allen Kanälen tönen. Schusswechsel könnten insgesamt kräftiger ausfallen.

Extras:

Das Bonusmaterial der Blu-ray ist leider kaum der Rede wert. Neben dem Trailer gibt es hier lediglich ein sehr kurzes handelsübliches Making of zu sehen, bei dem nicht mal Regisseur Baran bo Odar zu Wort kommt.
Making of (03:47 Min.)
Trailer (02:11 Min.)

Blu-ray Wertung
  • 5.5/10
    Film - 5.5/10
  • 7.5/10
    Bild - 7.5/10
  • 8/10
    Ton - 8.0/10
  • 1/10
    Extras - 1.0/10
5.5/10

Kurzfassung

Das Musterbeispiel eines uninspirierten und überflüssigen Remakes.

Fazit:

Auch atmosphärische Bilder und eine zumindest auf dem Papier starke Besetzung können das US-Debüt des „Who Am I“-Machers Baran bo Odar nicht retten. Viel zu uninspiriert und redundant ist dieses US-Remake des unterschätzten französischen Thrillers „Sleepless Night“, bei dem sich Jamie Foxx & Co. sichtlich durch eine klischeehafte und einfallslose Inszenierung bewegen.


von Florian Hoffmann

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