Pferde stehlen – Blu-ray Kritik

Tobias Santelmann, Danica Curcic und Jon Ranes in Pferde Stehlen
Tobias Santelmann, Danica Curcic und Jon Ranes in Pferde Stehlen © MFA+ FilmDistribution e.K.

Die Kritik:

Pferde Stehlen - Blu-ray Cover
Pferde Stehlen – Blu-ray Cover © MFA+ FilmDistribution e.K.

In Hans Petter Molands Drama „Pferde Stehlen“ handelt es sich gewiss nicht um einen Tierfilm. Basierend auf den gleichnamigen Bestseller-Roman von Per Petterson thematisiert die skandinavische Co-Produktion (Norwegen, Schweden, Dänemark) viele verschiedene Aspekte des Lebens, sei es Vergangenheitsbewältigung, Vergebung, der Umgang mit Fehlern oder Schicksalsschlägen, schwierige Familienverhältnisse, zerrüttete Beziehungen usw. Man könnte hier noch eine Menge aufzählen und damit hätte man auch gleich die große Schwäche des Films identifiziert.

Der Film möchte viel zu viel, packt eine Tragödie an die nächste rein, erzählt auf zwei Zeitebenen (dabei die erste Zeitebene über mehrere Jahre), springt hierbei hin und her, kommt nicht zum Punkt und erreicht, trotz all der Tragik, den Zuschauer emotional nicht ausreichend. Er lässt somit eine Menge Potenzial liegen aufgrund einer diffusen Erzählweise. So täuschen die beeindruckende Kamera- und Schnittarbeit, der markante Soundtrack sowie die starken Darsteller nicht darüber hinweg, dass Pferde stehlen lediglich als ein „solider“ Film anzusehen ist.

Doch kommen wir zunächst zu den Stärken des Films, von denen es auch einige gibt. Auffallend ist hier die Kamera- und Schnittarbeit. Überwiegend spielt sich der Film in der Natur ab, weswegen es reichlich Außenaufnahmen zu sehen gibt, die wunderschön mit der Kamera eingefangen sind. Ohne wie eine Naturdokumentation zu wirken, bekommt man als Zuschauer ein Gefühl für den Ort und die Natur sowohl haptisch als auch olfaktorisch. Dabei werden teilweise Emotionen mit Bilder dargestellt und dabei schnelle Schnitte verwendet. Der Film ist somit visuell alles andere als monoton. Was auch auffällt, ist die Symbiose von Musik und Naturgeräuschen, die außerordentlich gut gelingt. Auch hier ist die Musik nicht monoton und besitzt keinen bestimmten Stil, sondern ist extrem abwechslungsreich und untermalt die unterschiedlichsten Szenen passend.

Tobias Santelmann und Jon Ranes in Pferde Stehlen
Tobias Santelmann und Jon Ranes in Pferde Stehlen © MFA+ FilmDistribution e.K.

Darüber hinaus hat man einen starken Cast, bei dem insbesondere die zwei Schauspielgrößen des skandinavischen Kinos Stellan Skarsgård und Bjørn Floberg mit ganz nuanciertem Schauspiel brillieren, ohne viel Screentime im Film selbst zu besitzen. So schaffen sie es in ihren Szenen ihren Figuren hohe Authentizität zu verleihen. Die unsichtbaren seelischen Narben, die die Leben ihrer beiden Charaktere bei ihnen hinterlassen haben, werden hervorragend mimisch porträtiert und still und effektiv dargestellt. Aus technischer und schauspielerischer Sicht macht der Film sichtlich wenig falsch. Doch ein Aspekt steht über diesen beiden Komponenten eines Spielfilms, nämlich die erzählerische Ebene und hier mangelt es dem Film in erster Linie an einer kohärenten Erzählstruktur.

Stellan Skarsgård in Pferde Stehlen
Stellan Skarsgård in Pferde Stehlen © MFA+ FilmDistribution e.K.

Dem Film fehlt der berüchtigte rote Faden. Natürlich lassen einem die einzelnen Schicksalsschläge, gerade die Haupttragödie des Films, nicht kalt. Doch letztendlich gelingt es dem Film zu keinem Zeitpunkt seine Geschichte sauber zu erzählen. So reiht er ein Ereignis an das Andere ein, unterbricht die Zeitebene in 1948 willkürlich mit der 1999er Zeitebene und lässt dabei eine gewisse Struktur und Orientierung vermissen. Es fühlt sich so an, als ob der Film nicht genau weiß, wie er mit dem ganzen Input an Themen und Handlungssträngen der Romanvorlage zurechtkommen soll, auch wenn an dieser Stelle kein Vergleich zum Buch gemacht werden kann, da dieser nicht gelesen wurde.

Der Zuschauer kann sich leider nie wirklich auf die Geschichte einlassen und mit den Figuren leiden. Stattdessen empfindet man spätestens im zweiten Drittel ein gewisses Vor-sich-hin-plätschern, welches den Film letztlich leider auch bei knapp zwei Stunden Laufzeit langatmig erscheinen lässt. Alles in allem mangelt es dem Film an Substanz, sowohl rein inhaltlich als auch erzählerisch. Dies alles wiegt leider schwer, weswegen Pferde stehlen überdurchschnittlich ist, aber auch nicht mehr.

Bild:

Die Bildqualität der Blu-ray ist mehr als ansprechend. Gerade bei diesem Film lohnt sich der Griff zur Blu-ray. Die Naturaufnahmen, überwiegend im Wald, werden scharf, satt und kontrastreich wiedergegeben. Der Detailreichtum der Natur in den Außenaufnahmen wird durch die Blu-ray sauber und makellos dargestellt.

Ton:

Die 5.1. DTS-HD MA-Kodierung gibt es sowohl in der Originalfassung als auch in der deutschen Synchronisation. Die deutsche Synchronisation ist äußerst gelungen und wie man es nicht anders gewohnt ist, auf einem hohen Niveau. Zwar geht die sprachliche Komponente des Films, dass hier sowohl norwegisch als auch schwedisch gesprochen wird, durch die deutsche Synchronisation verloren. Nichtsdestotrotz vermindert dies nicht die Qualität des persönlichen Filmerlebnisses. Was vor allem durch die Soundqualität der Disc satt wiedergegeben wird, ist der Klang des Soundtracks und der Geräuschkulisse in der freien Natur.

Extras:

Hier gibt es lediglich den Trailer zum Film sowie eine kleine Trailershow.

Blu-ray Wertung
  • 6/10
    Film - 6/10
  • 9/10
    Bild - 9/10
  • 9/10
    Ton - 9/10
  • 1/10
    Extras - 1/10
6.5/10

Kurzfassung

Schauspielerisch auf hohem Niveau, technisch stark inszeniert, bleibt am Ende aufgrund des problembehafteten Drehbuchs und der diffusen Erzählweise ein maximal als solide anzusehendes Drama übrig.

Fazit:

Pferde Stehlen zeigt wie stark ein schwaches Drehbuch einen Film in seiner Qualität leiden lassen kann. Die Schauspieler machen einen sehr guten Job, der Soundtrack des Films ist auffallend positiv, die Kameraarbeit und die entstandenen Aufnahmen sind visuell beeindruckend und dennoch führt der fehlende rote Faden in der Erzählung dazu, dass der Film langatmig, konfus und nahezu belanglos erscheint. Für Fans von schwerfälligen bedrückenden Dramen evtl. ein Blick wert, ansonsten ist der neueste Film von Hans Petter Moland eine kleine Enttäuschung.

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von Morteza Wakilian

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