Persischstunden – Blu-ray Kritik: brillante Geschichte

Persischstunden: Nahuel Pérez Biscayart und Lars Eidinger
Persischstunden: Nahuel Pérez Biscayart und Lars Eidinger © Alamode Film

Die Kritik:

Persischstunden: Blu-ray
Persischstunden: Blu-ray © Alamode Film

Gilles ist ein junger, jüdisch Belgier im Jahr 1942. Dieser geriet in die Fänge der Nationalsozialisten und befindet sich auf den Weg in ein Arbeiterlager. Durch einen Zufall entgeht er der Erschießung, indem er vorgaukeln kann er wäre Perser, nicht Jude. Zu seinem Glück sucht der Chef der Arbeiterlagerküche SS-Offizier Koch einen Perser, der ihm die Landessprache Farsi beibringen kann. Um seinen Schwindel aufrecht zu halten und dem Tod zu entgehen muss Gilles – der natürlich kein Wort Farsi sprechen kann – eine gänzlich neue Sprache erfinden. Doch wie soll man sich so viele Wörter ausdenken und vor allem merken?

Das Herausstechendste ist die Chemie der beiden Hauptdarsteller. Auf der einen Seite ist das Nahuel Pérez Biscayart, den man vor allem im französischen Kino finden kann. Der Argentinier ist bekannt aus Filmen, wie „BPM“ oder „Au revoir là-haut“. Auf der anderen Seite einer der besten deutschen Schauspieler Lars Eidinger. Dieser passt zunächst gar nicht in die Rolle, da er sonst häufig die Ernsthaftigkeit verliert. Dies passt in diesem Fall jedoch wie die Faust aufs Auge. Eidinger schafft es den SS-Offizier so zu spielen, dass man ihn fast schon mögen kann. Gleichzeitig wird dieses Gefühl aber immer wieder sofort im Keim erstickt, wenn man ihn bei grauenvollen Taten oder Worten beobachtet. Es entsteht über den Film hinweg eine einseitige Zweckfreundschaft zwischen den beiden, wodurch Gilles sich mehr erlauben kann, aber niemals auch nur im Entferntesten frei ist.

Persischstunden: Nahuel Pérez Biscayart
Persischstunden: Nahuel Pérez Biscayart © Alamode Film

Vadim Perelman, der vor allem durch seinen Film „Haus aus Sand und Nebel“ bekannt sein dürfte, zaubert hier ein genial inszeniertes Drama auf den Fernseher, die Leinwand oder wo auch immer man den Film genießen möchte. Er zeigt dabei die teilweise äußerst brutalen Situationen, aber bleibt mit der Kamera immer in einer moralisch-korrekten Entfernung. Untermalt wird die Geschichte von einer atemberaubenden Kameraarbeit von Vladislav Opelyants. Ein einziges kleines Manko ist die Art und Weise wie der Film teilweise Situationen forciert, um die Geschichte weiterzubringen. Es sind schon sehr viele Zufälle die hier ineinander spielen.

So ist es auch kein Wunder, dass „Persischstunden“ bereits von Belarus als Kandidat für den Auslands-Oscar bei den Academy Awards eingereicht wurde. Wie die Chancen stehen? Meiner Meinung nach recht gut, auch wenn sich der Streifen erst einmal gegen den dänischen Beitrag „Der Rausch“ mit Mads Mikkelsen durchsetzen muss. Diese Vorstellung wäre auch für Deutschland eine Schmach, da die Deutschen fast kategorisch immer einen Film über den Nationalsozialismus oder die Auswirkungen des Dritten Reiches ins Rennen schickt, nur damit diese nie gewinnen. Wenn Belarus nun in dieser Thematik gewinnen würde, wäre das vielleicht eine Art Wachruf, dass es im deutschen Kino zwar auch sehr viele gute Filme über den Krieg gibt, aber eben auch andere Thematiken eine Chance verdient haben. Das fiktive Arbeiterlager wurde vom Konzentrationslager Buchenwald und dem KZ Natzweiler-Struthof inspiriert und es wurde in der belarussischen Hauptstadt Minsk gedreht.

Persischstunden: Lars Eidinger
Persischstunden: Lars Eidinger © Alamode Film

„Persischstunden“ ist das Paradebeispiel für einen großartigen Film, der mit einem heiklen, aber wichtigen Thema gewählt ausgeht und eben nicht ausschlachtet. Dabei verfolgen wir eine geniale Geschichte, die – ob sie nun auf der Wahrheit basiert oder eben nicht – wirklich einzigartig ist. Nahuel Pérez Biscayart und Lars Eidinger spielen sich die Seele aus dem Körper und absolvieren den Drahtseilakt zwischen Freundschaft und Hass, zwischen platonischer Liebe und dem Wissen, dass jedes Wort den Tod bedeuten kann. Dabei wird erst einmal offensichtlich wie verblödet die Nazis im Arbeiterlager eigentlich sind, aber ohne je lächerlich zu werden oder die NS-Zeit nicht mehr ernst zu nehmen. „Persischstunden“ ist ein Muss für alle Filmfans, ob Cineast oder Zum-Spaß-Schauer. Dieser Film sollte unbedingt von jedem angesehen werden.

Bild:

Die 1080p-Auflösung der Blu-ray bei einem 2,35:1 Bildformat eignet sich sehr gut, um in die großartige Geschichte eintauchen zu können.

Ton:

Der Film ist lediglich im Originalton verfügbar, was auf den Inhalt zurückzuführen ist. Hier wird hauptsächlich deutsch gesprochen, aber auch französisch und italienisch erhalten ihren Platz. Das Tonformat ist DTS-HD 5.1

Extras:

Die Extras bestehen aus zusätzlichen Szenen, verschiedenen Interviews, den Trailern und – wichtig für Sammler – ein Wendecover. Alles in allem ein guter Einblick hinter die Kulissen.

Blu-ray Wertung
  • 9/10
    Film - 9/10
  • 9/10
    Bild - 9/10
  • 9/10
    Ton - 9/10
  • 7/10
    Extras - 7/10
8.5/10

Kurzfassung

Brillante Geschichte, tolle Hauptdarsteller.

Fazit:

Eine brillante Geschichte, die mit jedem Wort des Protagonisten kippen kann. Es ist ein schmaler Grat zwischen Leben und Tod, bei dem eine erfundene Sprache die Waage hält. Atemberaubend, schockierend, schweißtreibend.


von Jan Welsch

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