One Cut of the Dead (Mediabook) – Kritik: Ein echtes Zombie-Juwel

Szene aus One Cut of the Dead
Szene aus One Cut of the Dead © Koch Media

Die Kritik:

One Cut of the Dead (Mediabook) Cover
One Cut of the Dead (Mediabook) Cover © Koch Media

Es ist mittlerweile zur Floskel geworden, aber angesichts einer nie enden wollenden Flut von Zombie-Filmen belebt der japanische Vertreter „One Cut of the Dead“ definitiv ein immer wieder totgeglaubtes Genre. Doch die Zuordnung in dieses so beliebte Subgenre des Horrorkinos fällt hier eher schwer, denn diese filmische Ausnahmeerscheinung ist so viel mehr als ein weiterer x-beliebiger Zombiestreifen: Dem jungen Filmemacher Shin’ichirô Ueda gelang hier nichts Anderes als einer der überraschendsten, frischesten und originellsten Filme der letzten Zeit. Weil der Film dann konzeptionell und erzählerisch so einen berauschend unkonventionellen Weg geht, fällt es allerdings überhaupt schwer darüber zu sprechen, ohne zu viel zu verraten.

Gesagt werden darf jedoch sicherlich, wie der Film beginnt: Eine junge Frau (Yuzuki Akiyama) steht sich bewaffnet und völlig verzweifelt ihrem Freund (Kazuaki Naagaya) entgegen, der sich in einen blutrünstigen und willenlosen Zombie mit ungesund grünlicher Hautfarbe verwandelt hat. Sie ergibt sich und lässt sich anknabbern, was jedoch postwendend von einem lauten „Cut“ unterbrochen wird. Urheber des Ausrufs ist der perfektionistische Regisseur Higurashi (Takayuki Hamatsu), der sich über das schwache Schauspiel seiner Darstellerin wütend im nun mittlerweile 42. Take dieser in einem leerstehenden Industriegebäude spielenden Szene auslässt. Schon in den ersten Sekunden wird klar: Man ist Zeuge eines Films im Film. Doch das ist nicht der einige Clou, denn der wahnhaft mit seiner Kamera umherflitzende Higurashi hat sich eine ganz besondere Methode einfallen lassen, um seinen leidenden Darstellern authentische Performances zu entlocken: Er lässt echte Zombies auf seine Crew los.

Szene aus One Cut of the Dead
Szene aus One Cut of the Dead © Koch Media

Wer jetzt glaubt, den Film schon durchschaut zu haben, könnte nicht falscher liegen. Auch die Tatsache, dass die ersten 37 Minuten den Film-im-Film in einem einzigen Take präsentiert, ist zwar bewundernswert, aber immer noch längst nicht das große Alleinstellungsmerkmal von „One Cut of the Dead“. Dieser erste Akt des für gerade mal umgerechnet 25.000 Dollar in acht Tagen von unbekannten Darstellern und einem Regiedebütanten „El Mariachi“-Style realisierte Film ist zudem in einer wenig ansprechenden Lo-Fi-Ästhetik gehalten, die nicht unbedingt ansprechend ist. Diverse eher amateurhaft anmutenden Momente sorgen zudem für Irritation. Gerade wenn man glaubt, so langsam eine Idee von dem Film zu haben, widerspricht sich dann auch die innere Logik des Films. Also was hat es mit „One Cut of the Dead“ nun auf sich?

Mehr darf hier einfach nicht verraten werden, außer dass man auch bei Zweifeln angesichts der Qualität dieser ersten durchaus unterhaltsamen 37 Minuten unbedingt weiter durchhalten muss. Selten war die Belohnung bei einem Film nach einem (scheinbar) durchwachsenen ersten Akt so groß wie bei diesem brillanten Juwel. „One Cut of the Dead“ stellt die Erwartungen des Zuschauers konstant auf den Kopf und legt immer wieder ungeahnte Facetten frei. Tatsächlich ist eben dann auch kein noch so irritierender Moment des ersten Drittels zufällig. Im Gegenteil: Jedes Detail hat seine Bedeutung, fast jeder noch so kleine, unscheinbare Moment erhält im weiteren Verlauf des Films geniale Knaller-Pointen.

Szene aus One Cut of the Dead
Szene aus One Cut of the Dead © Koch Media

Vor allem macht dieser charmante Film, der sich nach ganz kleiner Veröffentlichung und zahlreichen umjubelten Festival-Auftritten schließlich zur erfolgreichsten Eigenproduktion in Japan 2018 avancierte, riesengroßen Spaß. Ja, die Freude, die „One Cut of the Dead“ ausstrahlt, ist ansteckend und erreicht gerade im herausragenden dritten Akt euphorische Höhen. Uedas Film ist letztlich eine so skurrile wie überraschend liebenswerte Ode ans Filmemachen, die (Achtung eventueller Spoiler) in bester Tradition zu Filmen wie Tom DiCillos „Living in Oblivion“ oder François Truffauts „Die amerikanische Nacht“ steht (Spoiler Ende).  Doch nicht nur ist dieser selbstreflexive Film urkomisch, er offenbart ganz aufrichtig richtig viel Herz und ist am Ende so sympathisch, dass man ihn (und den großartigen Regisseur-Darsteller Hamatsu) am liebsten drücken würde.

Bild:

Selbst ein Urteil über die Bildqualität von „One Cut of the Dead“ könnte als Spoiler gelten. Die besagten ersten 37 Minuten des Films präsentieren sich in eher durchschnittlicher Qualität, denn hier war ein handelsüblicher Sony HXR-NX100 Camcorder im Einsatz, der gerade bei schlechteren Lichtbedingungen etwas verwaschene bzw. verrauschte Resultate liefert. Der Rest des Films hingegen verfügt zwar ebenfalls über eine spürbar digitale Optik, die jedoch sauber, scharf und mit natürlichen Farben ausgestattet daherkommt.

Ton:

In Sachen Akustik gefällt die Umsetzung auf Blu-ray rundherum, ohne jedoch herausragende Ergebnisse zu liefern. Dialoge sind stets klar und verständlich abgemischt, während die Surround-Kanäle regelmäßig angesteuert werden. So richtig druckvoll wird es nie, dennoch gibt es durchaus einige dynamische Passagen, die akustisch mitreißen.

Extras:

Zur Rezension lagen lediglich die Discs des Mediabooks vor, demnach kann auf dessen Aufmachung und das Booklet hier nicht eingegangen werden. Die Blu-ray mit Film bietet neben Trailern noch Outtakes (eigentlich nicht verwendete Szenen) und das Pom-Selbstverteidungsvideo aus dem Film in ganzer Länge.

Szene aus One Cut of the Dead
Szene aus One Cut of the Dead © Koch Media

Richtig interessant wird es auf der Bonus-DVD: Hier wird äußerst spannend und unterhaltsam geschildert, unter welch unglaublichen Bedingungen der Film entstanden ist. Als Teil eines Filmworkshops hat Regisseur Shin’ichirô Ueda eine Gruppe von filmunerfahrenen Laien zusammengestellt, die erst das Filmemachen in unterschiedlichen Positionen erlernt haben, um dann auf die Rollen besetzt zu werden. Das ist fast schon märchenhaft, wenn man bedenkt, dass man es dem Film zu keinem Zeitpunkt ansieht, dass er mit unbekannten Nicht-Profis besetzt ist und sich daraus schließlich ein derart großer Erfolg entwickelt hat.
Die Entstehung des Films kann man hier in einem 50-minütigen Making of und einem gut aufgelegten wie auch unterhaltsamen Interview mit dem Regisseur nachvollziehen. Zudem liegt auch noch die vollständige von Ueda gefilmte GoPro-Aufnahme des 37-minütigen Films vor. Ansonsten liegt der Film zusätzlich auch noch auf DVD vor.
• Outtakes (04:37 Min.)
• Pom-Instruction (00:59 Min.)
• Original Trailer (01:11 Min.)
• Deutscher Trailer (00:59 Min.)
• Trailershow
• GoPro-Version (36:31 Min.)
• Making of (52:43 Min.)
• Interview mit Regisseur (17:01 Min.)

Blu-ray Wertung
  • 9/10
    Film - 9/10
  • 7/10
    Bild - 7/10
  • 8/10
    Ton - 8/10
  • 8/10
    Extras - 8/10
8/10

Kurzfassung

Ein echtes Juwel – die beste Zombie-Komödie seit „Shaun of the Dead“ und eine der größten Film-Überraschungen der letzten Jahre.

Fazit:

„One Cut of the Dead“ ist ein erfrischend origineller, erfindungsreicher, cleverer, liebenswerter und zu euphorischen Höhen aufsteigender Filmgenuss, der zu den größten Überraschungen der letzten Jahre gezählt werden darf. Diesen sämtliche Erwartungen konstant auf den Kopf stellenden Spaß sollte man sich nicht entgehen lassen!


von Florian Hoffmann

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. (Kommentar wird erst geprüft)


*