Nur ein kleiner Gefallen – Blu-ray Kritik: Clever, Smart und unterhaltsam

Nur ein kleiner Gefallen: Stephanie (Anna Kendrick, l.) und ihre Freundin Emily (Blake Lively, r.)
Nur ein kleiner Gefallen: Stephanie (Anna Kendrick, l.) und ihre Freundin Emily (Blake Lively, r.) © Studiocanal Home Entertainment

Die Kritik:

Regisseur Paul Feig, der bereits Erfahrung mit geballter Frauenpower hat (siehe Taffe Mädels oder Spy) nahm sich der Romanvorlage von Darcey Bell an, und verfilmte sie mit Anna Kendrick und Blake Lively in den Hauptrollen. Das Ergebnis ist ein durch und durch gelungener Thriller mit satirischen Einflüssen.

Nur ein kleiner Gefallen Blu-ray Cover
Nur ein kleiner Gefallen Blu-ray Cover © Studiocanal Home Entertainment

Stephanie Smothers (Anna Kendrick) ist eine reinrassige Vollblutmama: Rund um die Uhr kümmert sie sich hingebungsvoll um ihren Sohn Miles (Joshua Satine), engagiert sich in der Schule und ist allgemein bekannt als die, die jedem hilft. Ihre quirlige, fast schon hyperaktive und tollpatschige Art geben anderen Eltern nicht selten Anlass dazu sie hinter ihrem Rücken zu belächeln. In der verbleibenden Freizeit unterhält Stephanie einen Internetblog für Mütter und trotz fehlendem Partner hat sie nicht das Gefühl, dass es ihr an etwas mangelt. Das einzige, das sie sich wünschen würde, wäre ein Gesprächspartner, der älter ist als neun. Dieser Wunsch erfüllt sich alsbald durch das Aufeinandertreffen mit Emily Nelson (Blake Lively). Sie verkörpert alles, was Stephanie schon immer sein wollte. Sie ist Smart, selbstsicher, zielstrebig und sie lässt sich von niemandem die Butter vom Brot nehmen. Zur Überraschung der anderen Eltern entwickelt sich zwischen den beiden grundverschiedenen Frauen eine Art Freundschaft. Jedoch nicht so tief, wie Stephanie es sich erhofft, denn Emily gibt sich trotz ihres wunderschönen und von Natur aus auffälligen Äußeren Kamerascheu und spricht nie über ihre Vergangenheit. Eines Tages bittet sie Stephanie um den kleinen Gefallen für einen Nachmittag ihren Sohn mit nach Hause zu nehmen, da sie geschäftlich zu sehr eingespannt ist, als dass sie es selbst erledigen kann. Natürlich willigt Steph ein und muss am nächsten Tag feststellen, dass ihre beste Freundin nicht zurückgekehrt ist und auch keine Nachricht hinterlassen hat. Panisch vor Sorge bittet sie Emilys augenscheinlich liebevollen Ehemann Sean (Henry Golding) und ihre Blog-Mütter um Hilfe bei der Suche nach ihrer Freundin. Bei ihren Nachforschungen stößt sie auf Abgründe aus Emilys Vergangenheit, die fernab ihrer Vorstellungskraft liegen, und zu dem erklären, warum sie nie darüber gesprochen hat.

Nur ein kleiner Gefallen erzählt die Geschichte von zwei unterschiedlichen Typen Frau: Die eine, Stephanie, ist Vorzeigemutti wie aus dem Lehrbuch, deren einzige Aufgabe auf der Welt zu sein scheint, die Bedürfnisse ihres Sohnes und die aller anderer Menschen auf dem Planeten zu befriedigen, ohne auch nur eine Sekunde lang an sich selbst zu denken. Für Anna Kendrick ist diese Rolle gerade zu auf den Leib geschneidert. Sie spielt so gnadenlos ehrlich und aus dem Leben gegriffen, dass man sie einfach mögen muss. Viele Herausforderungen, denen sie ihr in den Weg stellen, kommen dem ein oder anderen Elternteil sicher bekannt vor. Die satirisch spitzfindigen Darstellungen, die erfreulicherweise nie den Rahmen sprengen, sorgen regelmäßig für ein Schmunzeln.

Nur ein kleiner Gefallen: Emily (Blake Lively)
Nur ein kleiner Gefallen: Emily (Blake Lively) © Studiocanal Home Entertainment

Ihr gegenüber steht Karrierefrau und Lebemensch Emily in Form von Blake Lively. Sie gibt sich mysteriös, manipulativ und Ich bezogen, was sich deutlich anhand der gezeigten Erziehungsmethoden und dem Verhalten gegenüber ihrem Umfeld abzeichnet. Des Weiteren lässt sie sowohl ihre beste Freundin als auch den Zuschauer nie wissen, geschweige denn erahnen, welche Geheimnisse hinter ihren glänzenden Augen schlummern. Damit kommen wir zum nächsten positiven Aspekt des Films, nämlich der unvorsehbaren Inszenierung einer absolut clever durchdachten Geschichte. Entgegen dem Mainstreamkino bedient sich Feig nicht überkandierter Klischees oder gar dümmlichem Humor. Nein, im Gegenteil. Die Gags sind subtil gehalten und sitzen innerhalb der spannenden Grundstimmung punktgenau und passig. So bekommt der Film genau das richtige Gleichgewicht zwischen Thriller und Satirischem Drama.

Nur ein kleiner Gefallen: Stephanie (Anna Kendrick)
Nur ein kleiner Gefallen: Stephanie (Anna Kendrick) © Studiocanal Home Entertainment

Als Zuschauer macht es Spaß Anna Kendrick bei ihrem Detektivspiel zu begleiten, die bei ihrer Suche nicht nur an sich selbst und den Hürden, die sich ihr in den Weg stellen, wächst, sondern dabei auch den Weg der skurrilsten Gestalten kreuzt. Leider kommen wir damit auch zum einzigen, dafür, wie ich finde, schwer wiegenden Kritikpunkt: Man merkt, gerade als männlicher Zuschauer, dass die Autorin hinter der Geschichte, Darcey Bell, scheinbar ein Feindbild gegenüber Männern aufgebaut hat, das sie in vollem Umfang in ihre ansonsten tadellose Story einbringen musste. So sind sämtliche männlichen Rollen, die mehr als einen Satz sagen, entweder grenzdebile Kiffer, untreue Schürzenjäger oder homosexuelle Modedesigner. Leider so auffällig, dass der Eindruck entsteht, der Film sei eigens von Frauen für Frauen produziert worden. Irgendwo muss der Feminismus ja auch mal seine Grenzen haben. Glücklicherweise hält sich das, aufgrund der geringen Screentime männlicher Akteure, relativ in Grenzen, sodass das Vergnügen zwar spürbar, aber nicht massiv darunter leidet.

Bild:

Das Bild ist in astreinem 1080p HD und lässt keinerlei Wünsche offen. Satte Farben, sauber in Szene gesetzte, abwechslungsreiche Kulissen und eine ruhige Kameraarbeit lassen keinerlei Raum für Beanstandungen.

Ton:

Der Ton, in zwei Tonspuren (deutsch, englisch) jeweils im Format DTS-HD 5.1 rundet das Gesamtbild mit teils atmosphärischer Soundkulisse, teils unbeschwerten und peppigen Songeinlagen ab. Auch hier gibt es rein gar nichts zu meckern.

Extras:

Neben einem Audiokommentar von Paul Feig und der Crew finden sich diverse Deleted Scenes, ein alternatives Ende, eine Trailershow, rund 20minütige Featurettes und ein Gag-Reel. Insgesamt eine stolze Laufzeit von rund 80 Minuten.

Blu-ray Wertung
  • 8.5/10
    Film - 8.5/10
  • 9.5/10
    Bild - 9.5/10
  • 9/10
    Ton - 9/10
  • 9/10
    Extras - 9/10
9/10

Kurzfassung

Clever, Smart und durchweg unterhaltsam.

Fazit:

Sieht man über den unglücklichen Umstand der Männerfeindlichkeit in diesem Werk ab, wird man(n) knappe zwei Stunden mehr als ordentlich unterhalten. Unvorhersehbare Twists, eine Protagonistin fürs Herz und genau das richtige Gleichgewicht zwischen Witz und Spannung machen Nur ein kleiner Gefallen zu einer ganz klaren Empfehlung, die auch gern ein zweites oder drittes Mal in den Player wandern könnte.


von Christoph Berger

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