Mulholland Drive: Blu-ray Kritik zur Special Edition

Mulholland Drive: Artwork
Mulholland Drive: Artwork © Studiocanal

Die Kritik:

Mulholland Drive – Straße der Finsternis“ ist einer der bekanntesten Filme von Meisterregisseur David Lynch („Blue Velvet“). Zudem findet man diesen immer wieder auf Toplisten zu den besten Filmen aller Zeiten. Laut einer Umfrage der BBC aus dem Jahr 2016 soll „Mulholland Drive“ sogar der beste Film des 21. Jahrhunderts sein. Was ursprünglich als TV-Pilotfilm für ABC begann, mündete also so in einem der besten Filme David Lynchs. Nun erscheint das Meisterwerk zum 20-jährigen Jubiläum endlich in einer vernünftigen Restauration.

Mulholland Drive: Blu-ray Special Edition
Mulholland Drive: Blu-ray Special Edition © Studiocanal

Betty (Naomi Watts) will Schauspielerin werden und zieht deswegen nach Hollywood in das Haus ihrer reichen Tante. Als sie ankommt, trifft sie aber eine fremde Frau in dem Apartment, welche gerade einen schweren Autounfall überlebt hat. Die junge Frau nennt sich Rita (Laura Harring), sie kann sich jedoch nicht an ihren richtigen Namen erinnern. Betty freundet sich mit Rita an und zusammen versuchen die beiden herauszufinden, wer Rita eigentlich ist. Gleichzeitig wird der eitle Jung-Regisseur Adam Kesher (Justin Theroux) gezwungen, die Hauptrolle für seinen nächsten Film neu zu besetzen. Aus diesen Elementen entwickelt sich ein mysteriöser Psychothriller, der die Traumfabrik in seine Einzelteile zerlegt.

Wenn man den Stil David Lynchs beschreiben möchte, dann ist das perfekte Beispiel dafür womöglich „Mulholland Drive“, denn kaum ein anderer Film des Meisterregisseurs verdeutlicht so gut, wie seine Werke funktionieren. Bei Lynch kommt es gar nicht direkt darauf an, ob man den Film letztendlich nun versteht oder nicht, sondern viel mehr will uns der US-Amerikaner mit seinem Surrealismus die Werke fühlen lassen. Ganz besonders ist deswegen die Szene mit Sängerin Rebekah Del Rio. Weder die Figuren noch die meisten Zuschauer sind der spanischen Sprache mächtig, jedoch wird das Gefühl des Liedes übertragen, ohne den Inhalt zu verstehen. Das ist Kunst und genau darauf zielt auch David Lynch ab. Aus diesen Gründen weigerte sich Lynch ebenfalls, seinen Darstellern den Film zu erklären.

Mulholland Drive: Naomie Watts und Laura Harring
Mulholland Drive: Naomie Watts und Laura Harring © Studiocanal

Gleichzeitig findet man natürlich, wie in den meisten Werken des Kultregisseurs, Motive von Albträumen oder dem Unbewussten in „Mulholland Drive“. Im Endeffekt muss man „Mulholland Drive“ sogar schließlich als Traum akzeptieren, den man durch seine Einzigartigkeit gar nicht genau einordnen kann. Zu Teilen ist der Film sehr lustig oder auch erotisch, andererseits sind die womöglich verstörendsten und gruseligsten Momente Lynchs Filmografie ebenso in „Mulholland Drive“ zu finden. Jeder Gemütszustand findet Platz in diesen 150 Minuten. Dazu herrscht mal wieder Reizüberflutung und Planlosigkeit, welche sich nur noch verstärkt, sobald der Zuschauer in den blauen Würfel gezogen wird. Spätestens ab diesem Punkt wird alles hinterfragt, was wir in den vorherigen 120 Minuten gesehen haben, womit diese letzte halbe Stunde jedoch zeitgleich zu dem Besten gehört, was surrealer Film zu bieten hat. In Retrospektive gehört somit das facettenreiche Drehbuch von „Mulholland Drive“ zu den besten in Lynchs hervorragender Karriere. Spannend ist nämlich gleichermaßen die Interpretation des Filmes, welche jeder Zuschauer aber für sich selber vornehmen sollte.

Diese Traumästhetik wird verstärkt durch Kamera, Schnitt und Musik. Kameramann Peter Deming („Tanz der Teufel 2″) überzeugt vor allem durch die vielen düsteren Bilder, die den Schrecken und die Angst der Protagonistinnen perfekt porträtieren. Auch die dunklen Einstellungen des Mulholland Drive, eine 34 Kilometer lange Straße in den Hollywood Hills, bleiben im Gedächtnis. Interessant ist in Verbindung mit der Kamera ebenso der Schnitt. Das Bild bleicht relativ langsam aus, wodurch viele Shots eine zusätzliche Bildsprache enthalten. Des Weiteren wird dadurch das Traummotiv untermauert und dieses spürt man ebenfalls bei der Filmmusik. Angelo Badalamenti („Lost Highway“) ist der Stammkomponist von David Lynch und wiedermal geht diese Kombination auf. Die Klänge des Soundtracks wirken traumähnlich und dazu noch sehr kraftvoll, woraus ein Theme entsteht, das man bestimmt nicht zum letzten Mal gehört hat.

Mulholland Drive: Straßenschild
Mulholland Drive: Straßenschild © Studiocanal

Selbstverständlich darf man, wenn man an „Mulholland Drive“ denkt, nicht die Schauspielleistungen vergessen. Hervorzuheben sind insbesondere die beiden Hauptdarstellerinnen Naomi Watts („Birdman oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit“) und Laura Harring („The Punisher“). Watts hätte vor dem Release des Filmes fast die Schauspielerei aufgegeben und wir können froh sein, dass sie es nicht getan hat. Ihre Performance in „Mulholland Drive“ ist die beste in ihrer gesamten Karriere. Sie verkörpert die unschuldige Betty, welche nach Hollywood zieht, um sich den Traum zu erfüllen, als große Schauspielerin bekannt zu werden. Ihr Pendant Rita, gespielt von der berauschenden Laura Harring, symbolisiert deutlich mehr Erotik und Unreinheit. Die Chemie zwischen den beiden und die aufkommende Liebe wird von beiden Darstellerinnen famos dargestellt, wodurch „Mulholland Drive“ auch schauspielerisch überzeugt. Mit Justin Theroux („Inland Empire“) oder Michael J. Anderson („Twin Peaks“) als Mr. Roque enthält der Film zudem noch Nebenrollen, die sich in das Gedächtnis brennen. Gerade den Anblick Andersons wird man nicht so schnell vergessen.

Bild:

Die 4K-Restaurierung wurde von Studiocanal und Criterion Collection unter Beaufsichtigung von David Lynch und Kameramann Peter Deming durchgeführt. Dabei wurde das 35mm Original-Kameranegativ in 4K-Auflösung gescannt und das Ergebnis ist wirklich hervorragend. Besser sah „Mulholland Drive“ wohl noch nie aus.

Ton:

Auch die Restauration des Tons wurde von David Lynch und Peter Deming beaufsichtigt. Der Ton der Blu-ray wurde aus dem originellen 35mm 5.1 Surround Mix erstellt, wodurch sich die traumhaften Klänge ebenfalls in beinahe Perfektion auf den Zuschauer übertragen.

Extras:

Studiocanal hat an Extras nicht gespart und so ist für „Mulholland Drive“-Liebhaber viel umfangreiches Bonusmaterial dabei. Insgesamt dauern die Extras über zwei Stunden. Enthalten sind verschiedene Featurettes und insgesamt drei Interviews mit Hauptdarstellerin Laura Harring, Editor und Produzentin Mary Sweeney und Komponist Angelo Badalamenti. Außerdem ist eine Einführung von Thierry Jousse mit dabei. Fans des Filmes dürften wunschlos glücklich sein.

Blu-ray Wertung
  • 10/10
    Film - 10/10
  • 9/10
    Bild - 9/10
  • 9/10
    Ton - 9/10
  • 10/10
    Extras - 10/10
9.5/10

Kurzfassung

Einer der besten Filme aller Zeiten.

Fazit:

„Mulholland Drive“ kann sich zu den ganz großen Werken von David Lynch zählen. Der Film gleicht eher einem Kunstwerk, das selbst in mehreren Sichtungen nur schwer vollständig erfasst werden kann. Aber genau das ist ebenfalls der Reiz an den Werken von Lynch und „Mulholland Drive“ beschreibt diese Faszination wohl mit am besten. Ein ganz großer Film.


von Lukas Weinandy

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