Mord im Orient Express – Blu-ray Kritik: Wer ist denn hier der Mörder?

Regisseur und Hauptdarsteller Kenneth Branagh (Hercule Poirot) © Twentieth Century Fox

Die Kritik:

Mord im Orient Express - Blu-ray Cover
Mord im Orient Express – Blu-ray Cover © Twentieth Century Fox

Wer auch nur Ansatzweise etwas für Kriminalromane übrig hat, der wird irgendwann einmal sicherlich über den Namen Agatha Christie gestolpert sein. Natürlich nicht ohne Grund, zählt diese doch zu den erfolgreichsten Autorinnen aller Zeiten. Ihre britischen Kriminalromane gehören mit zum Besten, was das Genre jemals hervorgebracht hat – eines ihrer frühen Werke aus dem Jahr 1934 ist ʻMord im Orient Expressʻ, welcher unter dem Originaltitel ʻMurder on the Orient Expressʻ veröffentlicht wurde. Dieser wohl am bekanntesten und beliebteste Agatha Christie-Roman wurde bislang fünfmal verfilmt, zuletzt von Regisseur Kenneth Branagh, der neben anderen Hollywoodgrößen wie Johnny Depp, Michelle Pfeiffer, Willem Dafoe, Judi Dench, Penélope Cruz sowie Daisy Ridley auch die Hauptrolle des Detektivs Hercule Poirot übernahm. Die 55 Millionen US-Dollar teure Produktion ist vor kurzem auf Blu-ray erschienen und wir berichten in unserer Kritik, ob die filmische und technische Umsetzung gelungen ist.

Die Handlung des Films ist schnell erklärt: Im letztem Moment gelingt es dem belgischen Meisterdetektiv Hercule Poirot (Kenneth Branagh), sich ein Abteil im legendären Orient Express zu sichern, der voller illustrer Gestalten ist. Dort erhält er kurzerhand vom undurchsichtigen amerikanischen Kunsthändler Edward Ratchett (Johnny Depp) den Auftrag, ihn zu beschützen, was Poirot jedoch ablehnt. Kurz darauf bleibt der Zug stehen, da die Lokomotive aufgrund einer Schneelawine entgleist ist und Ratchett wird derweil mit zwölf Messerstichen ermordet in seinem Abteil aufgefunden. Da der Mörder nicht hinaus in die Kälte entkommen kann und sich somit noch im Calais-Zugabteil aufhalten muss, nimmt Poirot selbst die Ermittlungen auf. Doch welcher der zwölf Verdächtigen ist der Täter?

Daisy Ridley (Mary Debenham)
Daisy Ridley (Mary Debenham) © Twentieth Century Fox

Wer eine der vorigen Verfilmungen gesehen hat, weiß bereits wer der Mörder ist und wie die Geschichte endet. Wer allerdings die bisherigen Umsetzungen verpasst hat, wird hier ab der ersten Minute ordentlich mitfiebern, zumal sich die Ermittlungen im Mordfall zusätzlich erschweren, da jeder der Verdächtigen ein Hieb- und stichfestes Alibi für den Tatzeitraum hat. Da wären zum einen die spanische Missionarin Pilar Estravados (Penélope Cruz), Professor Gerhard Hardman (Willem Dafoe), die Gouvernante Mary Debenham (Daisy Ridley), Doktor Arbuthnot (Leslie Odom Jr.) sowie die Witwe Mrs. Caroline Hubbard (Michelle Pfeiffer), allerdings könnten auch die Fürstin Dragomiroff (Judi Dench) oder der Schaffner Pierre Michel (Marwan Kenzari) der Täter sein, ganz zu schweigen von Ratchetts Sekretär Hector MacQueen (Josh Gad). Sämtliche Figuren werden mittels gut gemachten Rückblenden ausgiebig vorgestellt, was nicht nur am eigentlichen Drehbuch von Autor Michael Green – welches sich bis auf wenige Ausnahmen streng an der Romanvorlage orientiert – sondern an dem Herzblut von Regisseur Kenneth Branagh gelegen hat, welcher wohl ein großer Fan der Originalvorlage ist und dieser eigentlich in jeder der insgesamt 114 Minuten Laufzeit seinen vollen Respekt zollt. Handwerklich ist der Film ebenfalls über jeden Zweifel erhaben, denn Kameramann Haris Zambarloukos (ʻThorʻ, ʻJack Ryan: Shadow Recruitʻ) hat hier wirklich einmal mehr sein Geschick bewiesen und verzaubert den Zuschauer mit malerischen Kamerafahrten, welche durch das opulent ausgestatte Set führen und durchaus einen gewissen Charme versprühen. Unterm Strich ein Film oder besser gesagt, eine Neuverfilmung eines bereist bekannten Stoffes, der den Vergleich mit vorigen Verfilmungen nicht scheuen braucht und der dank seiner inszenatorischen Aufmachung, den tollen Kostümen und vor allem dem talentierten und hochkaratigen Cast einen Blick wert ist – selbst wenn man bereits den Ausgang der intensiven und spannenden Handlung kennen sollte.

Bild:

Olivia Colman (Hildegard Schmidt), Judi Dench (Prinzessin Dragomiroff)
Olivia Colman (Hildegard Schmidt), Judi Dench (Prinzessin Dragomiroff) © Twentieth Century Fox

Kameramann Haris Zambarloukos drehte den Film auf 65mm-Analogfilm, was der Neuverfilmung von ʻMord im Orient Expressʻ richtig gut steht. Natürlich ist zwar ein leichtes Filmkorn vorhanden, aber das passt perfekt zum Look des Films, der ja eigentlich zeitlich in den 1930er Jahren angesiedelt ist. Die Bildschärfe des Transfers, der im Übrigen im Ansichtsverhältnis von 2.39:1 (16:9) gehalten ist, kann sich ebenfalls sehen lassen und liefert die meiste Zeit über gestochen scharfe Aufnahmen. Das Farb- sowie Kontrastverhältnis liefert ebenfalls Referenzwerte so dass hier zu recht die volle Punktzahl vergeben werden kann.

Ton:

Der deutsche Ton liegt bei der Neuverfilmung leider nur als DTS 5.1-Mix vor, allerdings ist das kein Grund zum Nörgeln, denn dieser hält dem akustischen Vergleich mit dem englischen Originalton, welcher immerhin als Dolby Atmos-Abmischung auf die Disc gepresst wurde, durchaus stand. Zwar klingt der verlustfreie Originalton dank seiner zwei zusätzlichen Kanäle differenzierter und etwas offener, in Bezug auf die Direktionalität oder Dynamik klingen aber beide überaus ansprechend. Da der Film recht dialoglastig ist, dominieren die Surround-Effekte logischerweise nicht das Geschehen, dafür punktet der Titel aber mit einer exzellenten Dialogwiedergabe, die stets klar und verständlich bleibt sowie einem tollen Score von Patrick Doyle (ʻPlanet der Affen: Prevolutionʻ), welcher das Geschehen stets stimmig untermalt.

Extras:

Die Blu-ray bietet zahlreiche interessante Specials welche sich wie folgt aufteilen:

Johnny Depp (Edward Ratchett)
Johnny Depp (Edward Ratchett) © Twentieth Century Fox

▪ Audiokommentar mit Kenneth Branagh und Michael Green
▪ Agatha Christie: Ein Portrait (19:03 min.)
▪ Hercule Poirot (9:54 min.)
▪ Die Unüblichen Verdächtigen: Teil 1 (5:08 min.)
▪ Die Unüblichen Verdächtigen: Teil 2 (5:56 min.)
▪ Die Unüblichen Verdächtigen: Teil 3 (6:49 min.)
▪ Die Kunst eines Mordes (16:23 min.)
▪ Alle An Bord: Die Dreharbeiten zu ʻMord Im Orient Expressʻ (16:35 min.)
▪ Die Musik im Film (7:31 min.)
▪ Entfallene Szenen (16:40 min.)
▪ Zwei Original Kinotrailer (3:36 min.)
▪ Bildergalerie (3:03 min.)

Das Bonusmaterial von ʻMord im Orient Expressʻ bietet wahrlich reichhaltige und informative Beiträge für all jene, welche sich nach Sichtung des Films weiter mit der opulent ausgestatteten Produktion befassen wollen. Angefangen beim aufschlussreichen Audiokommentar mit Regisseur Kenneth Branagh und Drehbuchautor Michael Green dürfte ʻAgatha Christie: Ein Portraitʻ mit zum interessantesten Beitrag gehören. In diesem geht es sehr persönlich zur Sache und es meldet sich sogar mit Mathew Richard ein Verwandter der 1976 in Wallingford verstorbenen britischen Schriftstellerin zu Wort. Die drei Featurettes ʻDie Unüblichen Verdächtigenʻ ist wiederrum dem Cast gewidmet, während sich ʻHercule Poirotʻ in einem knapp zehnminütigen Special mit dem Meisterdetektiv selbst beschäftigt. Die weiteren Beiträge gewähren zudem einen Einblick in die technische Umsetzung sowie der Filmmusik der Produktion und auch insgesamt 13 entfernte Szenen gehören mit zur Bonusausstattung, genauso wie eine Bildergalerie und zwei Trailer zum Film.

Blu-ray Wertung
  • 8/10
    Film - 8.0/10
  • 10/10
    Bild - 10.0/10
  • 8.5/10
    Ton - 8.5/10
  • 8/10
    Extras - 8.0/10
8.5/10

Kurzfassung

Auch wenn die Meisten vermutlich bereits den Ausgang der Geschichte kennen, so wird es diesen trotzdem viel Spaß bereiten, diese noch einmal mit dieser Neuinterpretation Revue passieren zu lassen. Aber nicht nur inhaltlich ist der Film hervorragend umgesetzt worden, sondern dieser überzeugt auch auf technischer Ebene, was ihn umso empfehlenswerter macht.

Fazit:

Zweifelsohne: ʻMord im Orient Expressʻ bereitet am meisten Freude und ist am spannendsten, wenn man den Mörder und den Ausgang dieses waschechten Klassikers noch nicht kennt. Aber auch wer bereits die Romanvorlage oder eine der vielen Verfilmungen gesehen hat, wird an dieser Neuverfilmung dank der tollen Ausstattung, dem aufwendigen Kostüm- und Set-Design sowie dem hochkarätigen Cast, der unter anderem durch namhafte Darsteller wie Johnny Depp, Michelle Pfeiffer, Willem Dafoe, Judi Dench, Penélope Cruz sowie Daisy Ridley zu glänzen weiß, durchaus Gefallen finden. Zudem ist die technische Umsetzung auf Blu-ray überaus gelungen, was umso mehr für diese Veröffentlichung spricht.


von Roland Nicolai

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