Marie Curie – Elemente des Lebens: Blu-ray Kritik zum Biopic

Marie Curie - Elemente des Lebens - Artwork
Marie Curie - Elemente des Lebens - Artwork © Studiocanal

Die Kritik:

Marie Curie - Elemente des Lebens - Blu-ray
Marie Curie – Elemente des Lebens – Blu-ray © Studiocanal

Ein Begriff ist sie wahrscheinlich fast jedem, was ihre wissenschaftlichen Errungenschaften im Detail waren, ist dann wohl bei vielen eher ein Fragezeichen. Die Rede ist von Marie Curie, der polnischen Physikerin und Chemikerin, die mit ihrem Ehemann Pierre Ende des 19. Jahrhunderts die Elemente Polonium und Radium und schließlich die Radioaktivität entdeckt hat. Kurz gesagt, Curie kann als Koryphäe der Wissenschaft erachtet werden, die als Frau eine zusätzliche Ausnahmestellung in der Geschichte einnimmt. Nach den beiden französischen Filmen „Marie Curie – Forscherin mit Leidenschaft“ von 1997 und „Marie Curie“ von 2016 sowie dem 1944 siebenfach Oscar-nominierten „Madame Curie“ ist nun „Marie Curie – Elemente des Lebens“ die bereits vierte Verfilmung des Lebens dieser bemerkenswerten Persönlichkeit.

Unter der Regie von Marjane Satrapi schlüpft nun Rosamund Pike in die Rolle der polnisch-stämmigen Wissenschaftlerin. Als Basis dient interessanterweise Lauren Redniss 2010 veröffentlichte Graphic Novel „Radioactive: Marie & Pierre Curie, A Tale of Love and Fallout“, jedoch erscheint der Film letztlich erstaunlich konventionell und wenig erhellend. „Marie Curie – Elemente des Lebens“, der im Original passend zu seiner Vorlage den spannenderen Titel „Radioactive“ trägt, will spürbar gewichtig dieser bedeutenden Frau ein Denkmal setzen. Jedoch erscheint Satrapis Film überraschenderweise wie bei den herkömmlichsten Biopics auch als recht biedere und filmisch wenig inspirierte Anekdotensammlung.

Die Einlieferung der schwer kranken 67-jährigen Frau in ein Pariser Krankenhaus im Jahr 1934 bildet den Ausgangspunkt der filmischen Erzählung, von dem sich Curie an ihr Leben und Schaffen erinnert. So zeigt der Film die junge und resolute Wissenschaftlerin Marie Skłodowska (Pike), wie sie verzweifelt versucht in einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft erfolglos Forschungsgelder an der Sorbonne zu erhalten. Einen beruflichen wie privaten Durchbruch verzeichnet sie, als sie den Wissenschaftler Pierre Curie (Sam Riley) kennen und lieben lernt, mit dem sie fortan gemeinsam Forschung betreibt. Mit der Entdeckung der Radioaktivität erreichen sie einen wissenschaftlichen Meilenstein, der mit dem Nobelpreis für Physik belohnt wird. Dennoch muss die nonkonforme Marie sich ständig beweisen, um als Frau die Anerkennung zu finden, die ihr zusteht.

MARIE CURIE - ELEMENTE DES LEBENS: Marie Curie (Rosamund Pike)
Marie Curie – Elemente des Lebens: Marie Curie (Rosamund Pike)© Studiocanal GmbH

„Marie Curie – Elemente des Lebens“ ist sicherlich grundsätzlich ein nachvollziehbar erzählter und inhaltlich kohärenter Film, der das Leben seiner Titelfigur und ihr wissenschaftliches Schaffen in groben Zügen anschaulich beleuchtet. Wirklich mitreißend und emotional packend ist der Film jedoch trotz aller spürbaren Bemühungen vor und hinter der Kamera leider nicht. Zu schematisch und durchschaubar erscheint das Biopic, das handwerklich solide ist und auch in einigen Momenten interessante visuelle Ideen findet, um bestimmte Dinge lebendig zu illustrieren. Insbesondere das grüne lumineszierende Leuchten des Radiums sorgt hier für wirkungsvolle Akzente, während Anthony Dod Mantles digitaler Look allerdings insgesamt eher flach daherkommt. Gerade von Marjane Satrapi, die selbst als Comiczeichnerin fungiert und großen visuellen Erfindungsreichtum mit ihren bisherigen Filmen „Persepolis“, „Huhn mit Pflaumen“ und dem unterschätzten „The Voices“ bewiesen hat, hätte man hier mehr erwartet.

Zu bieder und oberflächlich klappert der Film gemäß klassischer Biopic-Klischees die Lebensstationen von Curie ab, ohne für echte charakterliche und inhaltliche Tiefe zu sorgen. Einen gewissen Fokus setzen Satrapi und Drehbuchautor Jack Thorne auf die Beziehung zwischen den Eheleuten Marie und Pierre, besonders interessant oder lebendig wird diese sich gegenseitig respektierende und liebevolle Beziehung aber nicht. Bei der gewohnt soliden Rosamund Pike hat man das Gefühl, sie in ähnlich intellektuellen, willensstarken und kühlen Rollen schon mehrfach gesehen zu haben, Sam Riley bleibt hingehend weitestgehend blass. Ihre wissenschaftlichen Errungenschaften werden recht verständlich erklärt, jedoch fehlt es auch hier an Tiefgang. Dadurch, dass der Film Curie unbedingt gerecht werden will, erscheint er insgesamt in narrativer Hinsicht zudem etwas überfrachtet.

Marie Curie (Rosamund Pike) und ihre Tochter Irene (Anya Taylor-Joy)
Marie Curie (Rosamund Pike) und ihre Tochter Irene (Anya Taylor-Joy) © 2019 STUDIOCANAL

In einem aus der erzählerischen Konvention herausfallenden Element webt Satrapi kontextualisierende Sequenzen ein, die spätere, durch Curies Entdeckungen erst ermöglichte Erfindungen, visualisieren. So zeigt „Marie Curie“ visuell eindrucksvoll die Behandlung durch Strahlentherapie in einer amerikanischen Klinik in den 50ern, die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki, Atombombentests in der Wüste Nevadas in den 60ern und obligatorischerweise auch die Kernreaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahre 1986. Hier möchte Satrapi offensichtlich die moralische und ethische Verantwortung der zunächst gerne enthusiastischen Wissenschaft unterstreichen, die mit ihren Errungenschaften meist Gutes tun will, aber gegebenenfalls Schlechtes bewirkt. Die Idee ist gut und interessant, so richtig homogen und stimmig wirkt dieser recht plumpe Zusatz allerdings nicht. Auch als filmische Analogie für Curies Experimentierfreudigkeit kann dieser Ansatz kaum gelten.

Dass Satrapi natürlich auch insbesondere an Marie Curie als Frau und thematisch damit dem immer zeitgemäßen Thema der Gleichberechtigung interessiert ist, erscheint löblich, bleibt aber insgesamt zu offensichtlich und oberflächlich. Die stimmige Verknüpfung dieses feministischen und wissenschaftlichen Themas sowie der Elemente einer tragischen Liebesgeschichte und schließlich der unterentwickelten Beziehung zwischen Marie und Tochter Irène (Anya Taylor-Joy) ist für einen Film schlichtweg zu viel. Zufriedenstellend ist das alles also am Ende leider nicht, weshalb eine mutigere, experimentellere und fokussierte Herangehensweise hier sicher effektiver gewesen wäre.

Marie Curie - Elemente des Lebens: Marie Curie (Rosamund Pike)
Marie Curie – Elemente des Lebens: Marie Curie (Rosamund Pike) © Studiocanal GmbH

Bild:

Der digital aufgezeichnete „Marie Curie“ sieht auf Blu-ray grundsätzlich sehr gut aus. Es präsentiert sich ein sehr knackiges und detailreiches Bild, das zudem mit starkem Kontrastumfang und sehr guten Schwarzwerten überzeugt. Die Farbpalette ist eher zurückgenommen und trist, wird aber von effektiven Farbakzenten angereichert. Dennoch: wirklich schön ist der recht flache digitale Look nicht, zudem stören manche leichte Nachzieheffekte.

Ton:

In akustischer Hinsicht gibt sich die Blu-ray recht unspektakulär. Hier ist eine frontlastige Abmischung zu hören, die nur wenige atmosphärische Highlights setzt. Auffällig ist hier noch die Philip Glass-artige Filmmusik des Komponistenduos Evgueni und Sacha Galperine. Bei den Bombenexplosionen meldet sich jedoch auch mal der Subwoofer wirkungsvoll, ansonsten ist der Dynamikumfang eher überschaubar. Stimmen sind bestens verständlich abgemischt.

Extras:

Beim Bonusmaterial ragt vor allem das sehr entspannte und einsichtsreiche Gespräch zwischen Marjane Satrapi und Rosamund Pike heraus. Die Regisseurin und ihre Hauptdarstellerin machen hier sehr deutlich, was der Film und Marie Curie ihnen bedeutet. Überflüssig ist eine zweiminütige Featurette. Abgerundet wird das überschaubare Bonusmaterial durch zehn entfernte Szenen sowie diverse Trailer.

  • Featurette: Eine Rebellin in ihrem Element (01:59 Min.)
  • Gespräch mit Marjane Satrapi & Rosamund Pike (26:17 Min.)
  • Deleted Scenes (12:30 Min.)
  • Trailer
  • Trailershow
Blu-ray Wertung
  • 5/10
    Film - 5/10
  • 8/10
    Bild - 8/10
  • 7/10
    Ton - 7/10
  • 4/10
    Extras - 4/10
6/10

Kurzfassung

Leider wenig zufriedenstellend.

Fazit:

„Marie Curie“ erweist sich als recht konventionelles Biopic, das durchaus engagiert erzählt und inszeniert ist, aber erzählerisch überfrachtet und wenig zufriedenstellend ist. Regisseurin Marjane Satrapi will hier viel, bleibt dadurch aber enttäuschend oberflächlich.


von Florian Hoffmann

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