Legion – Season 1 – Blu-ray Kritik: Serie im X-Men Universum

David Haller (Dan Stevens)
David Haller (Dan Stevens) © Twentieth Century Fox Home Entertainment

Die Kritik:

Legion - Season 1 Blu-ray Cover
Legion – Season 1 Blu-ray Cover © Twentieth Century Fox Home Entertainment

Im Fernsehen sind in letzter Zeit immer mehr Comic-Helden vertreten – sei es nun ʻArrowʻ, ʻDaredevilʻ, ʻSupergirlʻ, ʻLuke Cageʻ, ʻFlashʻ oder zuletzt ʻThe Defendersʻ. Jede dieser Serien zeichnet sich jedoch hauptsächlich durch eins aus, nämlich Action satt. Einen gänzlich anderen Weg geht allerdings ʻLegionʻ, welche die erste Live Action Serie im X-Men Universum darstellt und die erstmals im Februar diesen Jahres auf dem Sender FX ausgestrahlt wurde. In der Serie, die auf einer Idee des amerikanischen Film- und Fernsehproduzenten, Drehbuchautors und Schriftstellers Noah Hawley (ʻFargoʻ) basiert, widmet man sich aber nicht den eigentlichen bekannten X-Men, sondern fokussiert sich stattdessen auf den Comic-Charakter David Haller, der einst von Chris Claremont und Zeichner Bill Sienkiewicz geschaffen wurde und hier sein Dasein in einer psychiatrischen Einrichtung fristet. Klingt etwas komisch und das ist es in der Tat auch, denn ʻLegionʻ hat nicht nur eine überaus schräge Handlung, sondern auch jede Menge skurrile Figuren zu bieten.

ʻLegionʻ erzählt die Geschichte von David Haller (Dan Stevens), bei dem bereits in jungen Jahren Schizophrenie diagnostiziert wurde, weshalb er immer wieder Patient in verschiedenen psychiatrischen Einrichtungen war. Auch aktuell befindet er sich in einer Klinik, in deren täglicher Routine er Medikamente zu sich nimmt, die ihn ruhig stellen und er so einigermaßen zurechtkommt. Eine gute Freundin dort ist ihm Lenny (Aubrey Plaza), die aufgrund ihres schweren Drogen- und Alkoholmissbrauchs und dessen Nebenwirkungen ebenfalls eingewiesen wurde und mit David viel Zeit verbringt und sogar ihre Erdbeerstäbchen mit ihm teilt. Eines Tages jedoch bekommt die Klinik mit der schüchternen Sydney „Syd“ Barrett (Rachel Keller), die aus irgendeinem Grund panische Angst davor hat, von anderen berührt zu werden, einen neuen Patienten, zu der sich David sofort hingezogen fühlt – es ist Liebe auf den ersten Blick. Da Syd ebenso empfindet, werden die zwei schnell ein Paar und während ihrer gemeinsamen Zeit, bei der sie sich immer näher kommen, setzen sich beide allmählich mit der Frage auseinander, ob David tatsächlich krank ist oder die Stimmen, die er hört und die Visionen, die er sieht, womöglich real sein könnten. Mit Hilfe der Psychiaterin Melanie Bird (Jean Smart) und ihrer unkonventionellen Behandlungsmethoden begibt sich David daraufhin auf eine außerordentliche Selbstentdeckungsreise, die zu einer neuen Welt von Möglichkeiten führt… und einer neuen Ebene unerwarteter Gefahren.

Sydney „Syd“ Barrett (Rachel Keller)
Sydney „Syd“ Barrett (Rachel Keller) © Twentieth Century Fox Home Entertainment

Gleich vorweg: ʻLegionʻ ist harter Tobak… ganz harter Tobak! Hier hat man es tatsächlich nicht nur mit einer etwas anderen Serie zu tun, sondern einer ganz speziellen, denn so etwas skurriles und derart schräg inszeniertes werden die Meisten vermutlich noch nie zu sehen bekommen haben. ʻLegionʻ ist eine dieser Serien, bei der man entweder sofort wieder aussteigt oder gespannt weiterschaut – in der Hoffnung, dass sich alles irgendwie klärt und man bis zum Ende hin gut unterhalten wird. Ohne jetzt viel über den Inhalt zu verraten, fällt mir die Einordnung, ob mir ʻLegionʻ jetzt gefallen hat oder nicht, ziemlich schwer. Die Serie von Schöpfer Noah Hawley startet sehr spannend und offenbart einen abgedrehten Einblick in die Psyche des an Schizophrenie erkrankten David Haller, der wirklich souverän und absolut glaubwürdig von Dan Stevens dargestellt wird. Dessen Aufenthalt in der Summerland-Klinik gleicht einer Achterbahnfahrt, da man sich wirklich ständig fragt, ob das Gezeigte nun tatsächlich passiert oder eben nur in dessen Kopf, der sogenannten Astralebene, stattfindet. An sich wäre das durchgeknallte Verhalten, welches man durchaus auch als gespaltene Realität bezeichnen könnte, auch gar nicht mal so interessant, aber die Tatsache, dass es sich bei der Person David Haller eigentlich um einen Omega-Level-Mutanten handelt, änderte diese Ansicht für mich.

Psychiaterin Melanie Bird (Jean Smart)
Psychiaterin Melanie Bird (Jean Smart) © Twentieth Century Fox Home Entertainment

Omega-Level-Mutanten sind nämlich die stärksten Mutanten überhaupt, denn diese verfügen über Kräfte, die fast allen anderen überlegen sind. Aber David hat noch eine weitere Überraschung parat: Zwar wird es in der Serie zu keiner Zeit erwähnt, aber wer etwas recherchiert wird schnell in Erfahrung bringen können, dass es sich hier um Charles Xaviers (Professor X) und Gabrielle Hallers Sohn handelt. Welche Fähigkeiten in diesem tatsächlich schlummern und welche Geheimnisse David noch umgeben, dies wollen seine Freundin Syd und die neuen Kameraden, zu denen unter anderem der Gedächtniskünstler Ptonomy Wallace (Jeremie Harris), das Zweigespann Cary (Bill Irwin) und Kerry (Amber Midthunder) Loudermilk sowie der Kopf des Teams Melanie Bird zählen, in Erfahrung bringen. Das ist aber alles schwerer als gedacht, denn zum einen wird das Mutanten-Team von gefährlichen Leuten wie beispielsweise Clark (Hamish Linklater) oder dem mysteriösen Walter / Das Auge (Mackenzie Gray) gejagt und zum anderen, ist Davids Zustand stets sehr instabil, denn in seinen Visionen wird er von einem Teufel mit gelben Augen (Quinton Boisclair) heimgesucht, der etwas ganz spezielles im Sinn zu haben scheint. Andererseits könnte man aber auch sagen, das nichts von alledem überhaupt stattfindet und nur Davids Geist entsprungen ist, schließlich liegt ja die Vermutung nahe, das er an einer so genannten „endogenen Psychose“ erkrankt ist, welche mit Realitätsverlust, Wahnvorstellungen, Störungen des Denkens, der Sprache und der Gefühlswelt verbunden ist. Was nun wahr ist oder eben nicht, wird an dieser Stelle aber nicht verraten, sondern obliegt der Interpretation des Zuschauers.

Bild:

Lenny (Aubrey Plaza), Syd (Rachel Keller) und David (Dan Stevens)
Lenny (Aubrey Plaza), Syd (Rachel Keller) und David (Dan Stevens) © Twentieth Century Fox Home Entertainment

Die Bildqualität schaut für eine TV-Serie wirklich erstklassig aus, denn der Transfer der überwiegend im Ansichtsverhältnis von 1,78:1 (16:9) gehalten ist, präsentiert sich durchgehend auf hohen Niveau und liefert Schärfewerte, die jede noch so feine Pore in den Gesichtern der Darsteller mühelos erkennen lässt. Das Farb- sowie Kontrastverhältnis punktet ebenfalls mit einer tollen Farbpalette und einem Look, der hervorragend den Look der 60er-Jahre – viele Details erinnern zumindest an diese Zeit, auch wenn die Serie sich zeitlich nicht auf eine genaue Zeitspanne festnageln lässt – passt. Die komplette Serie wird dabei von einem leichten Korn begleitet, welches ʻLegionʻ einen filmischen Touch verleiht und ebenfalls gut in die dargestellte Zeit hineinpasst. Ein toll eingebauter Effekt ist zudem, das passagenweise das Ansichtsverhältnis in das 2,35:1-Format wechselt, was allerdings nur bei Träumen und Rückblenden der Fall ist, welche die Geschichte manchmal von hinten nach vorn erzählen. Etwas schwach sind allerdings die Spezial-Effekte, welche man sofort als solche erkennt, da diese auch minimal weicher geraten sind. Wenige Effekte, wie beispielsweise angehaltene abgefeuerte Kugeln oder in Zeitlupe herumfliegende Teile sehen hingegen oftmals richtig gut aus, was man von Szenen, in denen Leute mehrere Meter weit weggeschleudert oder zu einem hohen Haufen aufgetürmt werden, jedoch nicht gerade behaupten kann.

Ton:

Der deutsche Ton liegt hier zwar nur als DTS 5.1-Mix vor, dieser kann sich aber hören lassen und braucht den Vergleich mit dem englischen Originalton in DTS-HD Master Audio 5.1 nicht scheuen. Die gesamte Abmischung präsentiert sich aktiv und verteilt sich zudem hervorragend auf sämtliche Kanäle. Ganz gleich ob es nun die Dialoge, die Effekte oder der großartige Score von Jeff Russo sind, alles klingt nahezu perfekt ausbalanciert. Ein besonderes Lob muss hier vor allem Jeff Russo ausgesprochen werden, der mit seinen abwechslungsreichen Stücken, welche eine Mischung aus ruhigen, schnellen und gruseligen Tracks bieten, stets den richtigen Ton trifft und mit diesen auch hervorragend zur Atmosphäre beiträgt. Weitere enthaltene Tonspuren sind Italienisch und Spanisch, beide liegen jeweils in DTS 2.0 vor.

Extras:

Kerry (Amber Midthunder)
Kerry (Amber Midthunder) © Twentieth Century Fox Home Entertainment

▪ Entfallene Szenen (26:50 min.)
▪ Gespaltene Realität: Ein etwas anderer Held (10:35 min.)
▪ Promo-Featurettes:
▪ Eine unheimliche Romanze (3:09 min.)
▪ Produktionsdesign (2:38 min.)
▪ Kräfte (2:37 min.)
▪ Make-Up: Der Teufel mit den gelben Augen (3:00 min.)
▪ Visuelle Effekte (2:34 min.)
▪ Kostümdesign (2:58 min.)
▪ Drehort (2:24 min.)

Das gesamte Bonusmaterial, welches eine Laufzeit von knapp 75 Minuten hat, befindet sich vollständig auf Disc 2 und bietet einige sehenswerte Beiträge über die Arbeit an der überaus skurrilen Serie. Den Anfang machen insgesamt elf entfallene Szenen, welche eigentlich allesamt sehenswert sind, gefolgt von einer Mini-Featurette über Hauptfigur David Haller. Darüber hinaus sind auch sieben kurzweilige Promo-Featurettes enthalten, welche sich mit der Beziehung zwischen David und Syd, den Kräften der Mutanten, dem Kostüm- und Produktionsdesign, den Drehorten, dem Make-Up sowie den visuellen Effekten beschäftigen. Interessant ist hier vor allem der Make-Up-Beitrag, der sich mit der aufwendigen Maske und dem Design des unheimlichen Farouk – dem Teufel mit den gelben Augen, in dessen Rolle der hagere und 2,1 Meter große Quinton Boisclair schlüpft, auseinandersetzt. Sämtliche Extras liegen zudem in HD vor und bieten auch deutsche Untertitel.

Blu-ray Wertung
  • 7.5/10
    Serie - 7.5/10
  • 9/10
    Bild - 9.0/10
  • 9/10
    Ton - 9.0/10
  • 6/10
    Extras - 6.0/10
8/10

Kurzfassung

Ganz ehrlich: So etwas abgedrehtes und schräges hat man bislang noch nicht zu sehen bekommen. Die erste Live Action Serie im X-Men Universum ist herrlich anders als die anderen Comic-Helden-Serien und punktet mit interessanten Charakteren, einer großartigen Performance des gesamten Cast und einer Geschichte, die zwar total schräg und skurril ist, aber dennoch bis zum Finale spannend und unterhaltsam bleibt.

Fazit:

ʻLegionʻ hat bei mir gemischte Gefühle hinterlassen: Anders als meine Frau, die noch vor Ende der ersten der insgesamt acht Folgen ausgestiegen ist, habe ich mich bis zum Ende durchgekämpft – gequält wäre definitiv das falsche Wort, weiß aber immer noch nicht so recht, was ich von der ersten Live Action Serie im X-Men Universum halten soll. Die Geschichte um David Haller ist interessant, von allen Schauspielern durch die Bank überzeugend dargestellt und auch handwerklich in Bezug auf die Ausstattung und das Set-Design wurde das Ganze recht ansehnlich verpackt. In die Psyche eines angeblich an Schizophrenie erkrankten Menschen einzutauchen und darüber hinaus auch noch die ganzen anderen durchgeknallten Patienten zu beobachten, ist definitiv aufregend gewesen, jede einzelne Episode enthält aber obendrein auch noch jede Menge echt schräge Momente, weshalb man sich echt mehrmals fragt, weshalb man sich das gerade überhaupt ansieht!? Spannend und unterhaltsam ist ʻLegionʻ auf alle Fälle, allerdings fand ich das Ende etwas zu einfallslos und simpel gestrickt. Da aber bereits eine zweite Staffel bestätigt wurde, bin ich schon jetzt gespannt darauf, wie es weitergehen wird – auch wenn ich dann ohne meine Frau weiterschauen muss!


von Roland Nicolai

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. (Kommentar wird erst geprüft)


*