Jesus Rolls – Blu-ray Kritik zum Spin-Off von The Big Lebowski

Jesus Rolls: John Turturro und Audrey Tautou
Jesus Rolls: John Turturro und Audrey Tautou © Eurovideo

Die Kritik:

Jesus Rolls - Blu-ray
Jesus Rolls – Blu-ray © Eurovideo

Lange hatte es sich angekündigt, danach gefragt haben nicht viele: Ein Spin-Off von dem Coen Brüder-Kultfilm „The Big Lebowski“ über den extravaganten mexikanischen Bowling-Päderast Jesus Quintana. So hat Jesus-Darsteller John Turturro bereits seit 2002 darauf gepocht einen Film über die Lebowski-Nebenfigur zu machen, die er einst sogar mitkonzipiert hat. Schließlich gaben die Coens Turturro ihren Segen, um der Figur einen eigenen Film zu widmen. Dass daraus jedoch ausgerechnet ein Remake der französischen Sex-Klamotte „Die Ausgebufften“ von 1974 werden sollte, konnte wohl niemand erwarten. Mag der Film zwar eine Herzensangelegenheit für Turturro sein, bleiben seine Zuschauer dennoch auf der Strecke: „Jesus Rolls“ ist eine bizarre und fehlgeleitete schwarze Gaunerkomödie, die ziellos vor sich hin plätschert und trotz eines gewissen Charmes meist zum Fremdschäm-Erlebnis wirds.

Jesus Quintana wird aus dem Gefängnis entlassen. Er unterhält sich kurz mit dem Sing Sing-Gefängnisdirektor, der von Christopher Walken in Cameo-Auftritt Nummer Eins verkörpert wird. Die Gipsy Kings, die einst Jesus ersten Auftritt in „The Big Lebowski“ mit ihrem fantastischen „Hotel California“ so ikonisch untermalt haben, spielen nicht nur „Un amor“, sie sitzen dabei sogar in einer Zelle, die Jesus passiert. In einer kurzen semi-amüsanten Rückblende wird der von John Goodmans Walter damals erwähnte Päderasten-Vorwurf durch ein blödes Missverständnis auf der Herrentoilette erklärt. In der ersten Viertelstunde könnte man meinen, dass Turturro hier den Ton einer Lebowski-ähnlichen Farce getroffen hat und vielleicht etwas Sehenswertes für Coen-Fans gelungen ist. Doch schnell wird klar, dass „Jesus Rolls“ ziemlich bestimmungslos und schwerfällig ist und nie klar wird, was Turturro hier eigentlich erreichen will.

Jesus wird vor dem Gefängnis von seinem Freund Petey (Bobby Cannavale) abgeholt. Es beginnt ein anekdotenhaftes Road und Buddy Movie, in dem die beiden Kompagnons viel ungelenken Sex haben und regelmäßig Autos und Fahrräder klauen. Ihnen begegnen merkwürdige Sonderlinge, vor allem eine besonders schräge und überzeichnete Audrey Tautou als Nymphomanin Marie, die mit den beiden Männern ein äußerst sonderbares Trio formt. Später treffen sie auch auf eine außerordentlich bizarre Susan Sarandon, die gerade aus dem Knast entlassen wurde, mit den beiden essen geht, der Kellnerin etwas über Menstruationszyklen erzählt und schließlich hemmungslosen Sex mit Jesus und Petey hat. Auch die Coen-Weggefährten Tim Blake Nelson sowie Michael Badalucco tauchen in Gastauftritten auf. Jon Hamm gibt einen extravaganten Friseur namens Paul Dominique. Komiker und „The King of Staten Island“-Star Pete Davidson hat am Ende noch einen wichtigen Auftritt als Sarandons ebenfalls (!) aus der Haft entlassener Sohn.

Jesus Rolls: Susan Sarandon
Jesus Rolls: Susan Sarandon © Eurovideo

Was vielleicht nach einem interessanten Kuriosum und potentiellem neuen Kultfilm klingt, ist leider ein sehr schwacher und belangloser Film, bei dem es rätselhaft bleibt, für wen (außer sich selbst) Turturro ihn gemacht hat. Der scheinbar beabsichtigte schräge Humor fällt flach, zu lachen gibt es hier einfach nichts. Mögen die Figuren zwar eine gewissermaßen liebenswerte Art haben, bleiben sie emotional völlig auf Distanz. Die recht freizügigen Sexszenen sind regelrecht unangenehm und sorgen dafür, dass man einfach nur noch irritiert wegsehen möchte. Die Charaktere sind nie greifbar, insbesondere erscheinen gerade die Frauen als grotesk überzeichnete Karikaturen, die unverständliches Zeug von sich geben. Im besten Fall hat Turturro hier den Versuch einer postmodernen Sex-Farce unternommen, mit der er jedoch gründlich scheitert.

Der schillernd-schmierige Haarnetz-Bowlingmeister Jesus war eine faszinierende Figur, von der man genau die richtige Dosis in „The Big Lebowski“ bekommen hat. Sicher ist Turturro hier eine hochinteressante und ikonische Figur gelungen, die durch einen Langfilm aber spürbar verliert und sogar nun ein Stück weit zerstört wurde. Er kann seiner Figur merkwürdigerweise keine weitere Tiefe geben, in diesem kläglich mäandernden Film kann auch nicht von Charakterentwicklungen oder gar einer finalen Katharsis die Rede sein. Pointen bleiben ebenfalls aus, komödiantisches Timing sucht man größtenteils vergeblich. Am ehesten ist noch ein roter Faden darin zu erkennen, dass die sexsüchtige Marie ihrem ersten Orgasmus entgegenstrebt – Das sagt eigentlich schon alles. Das Einbauen diverser Zitate des Coen-Klassikers wirkt zudem reichlich bemüht, was man auch letztlich über den gesamten Film sagen kann, der ohnehin wohl nur durch seinen großen Namen existieren durfte. Umso erstaunlicher ist es, dass Turturro diesen derart unmotiviert und schlaff daherkommenden Film so unbedingt machen wollte. Äußerst schade.

Jesus Rolls: Audrey Tautou und John Turturro
Jesus Rolls: Audrey Tautou und John Turturro © Eurovideo

Bild:

Das digital von Jim Jarmusch- und David Lynch-Stammkameramann aufgezeichnete Bild erstrahlt auf Blu-ray in satten, aber dennoch angenehmen Farben. Schärfe- und Detaillevel sind durchweg hoch und sorgen für ein sehr sauberes und klares Bild. Kontraste und Schwarzwerte sind ebenfalls sehr hoch angesiedelt. Wirkliche Schwächen leistet sich das Bild also letztlich nicht.

Ton:

Ein ebenso sauberes Bild zeichnet sich auch in Sachen Akustik der Blu-ray ab. Der primär dialogorientierte Film verfügt über einen oft überraschend hohen Dynamikumfang, der vor allem bei Musiksequenzen zum Tragen kommt. Auch Soundeffekte wie der Motor des Muscle Car von Jon Hamms Friseur kommen angenehm tieftönig zur Geltung. Lediglich die Stimmen könnten in der Originalversion hier und da etwas präsenter sein.

Extras:

Als Bonusmaterial liegt lediglich der Trailer bei.

Blu-ray Wertung
  • 4/10
    Film - 4/10
  • 8/10
    Bild - 8/10
  • 7/10
    Ton - 7/10
  • 1/10
    Extras - 1/10
4.5/10

Kurzfassung

Bizarrer und unausgegorener Ego-Trip.

Fazit:

„Jesus Rolls“ ist ein rätselhafter Flop, der ziellos, unlustig und nichtssagend eine der beliebtesten Figuren aus dem Coen-Kultfilm „The Big Lebowski“ demontiert und dabei die französische Sex-Klamotte „Die Ausgebufften“ mit in den Mixer wirft. Heraus kommt ein bizarrer und unausgegorener Ego-Trip des eigentlich sympathischen Turturro, den niemand gebraucht hat.


von Florian Hoffmann

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