
Die Kritik:

Nach einem missglückten Banküberfall sind Emmett (Ernest Borgnine), Frank (Jack Elam) und Rufus (Strother Martin) auf der Flucht vor dem Gesetz. Als die Brüder beim Diebstahl neuer Pferde von dem Rancher Jim Caulder erwischt werden, schießen sie ihn skrupellos nieder, vergewaltigen seine Frau Hannie (Raquel Welch) und stecken das Haus in Brand. Hannie kommt mit dem Leben davon und macht sich mit nichts weiter als einem Poncho um ihren Körper auf, um Rache zu nehmen. In dem Kopfgeldjäger Thomas Luther Price (Robert Culp) findet sie einen widerwilligen Helfer.
Die Begriffe Rache und Western sind von jeher fest miteinander verwoben. Die unstete Atmosphäre des Wilden Westens, in dem jeder Mann eine Waffe um die Hüfte trägt und Postkutschen und Steckbriefe die besten Verdienstmöglichkeiten sind, bietet die ideale Projektionsfläche für das persönlich motivierte Morden. Etwas ungewöhnlicher war es 1971, dass eine Frau auf die Jagd nach Vergeltung geht. Diese fällt dann auch noch erstaunlich blutig aus, geizt der Film doch nicht mit drastischen Darstellungen von Gewalt – was sich nicht nur auf die Action, sondern auch auf den dramatischen Beginn der Story bezieht. Die Szene, in der die drei Banditen Hannie nacheinander vergewaltigen, wird durchaus erschreckend und intensiv umgesetzt und macht die Heldin am absoluten Tiefpunkt dadurch sehr schnell zur idealen Identifikationsfigur.

In der Folge führt das allerdings zu einer gewissen emotionalen Verwirrung, da der Ton der Erzählung einiges an Ungleichgewicht aufweist. Dabei stehen nicht nur die diversen komischen Momente mit den ständig streitenden und letztendlich völlig unfähigen Gangster-Brüdern in krassem Gegensatz zu deren brutaler Tat zu Beginn. Es ist vor allem, die starke Sexualisierung der missbrauchten Heldin, die irritiert. Wenn sie sich am Morgen nach der Vergewaltigung in eine Decke gehüllt zur Leiche ihres Mannes schleppt, während im Hintergrund ihr Zuhause in Flammen steht, dann schafft das einen kraftvollen Stimmungshöhepunkt. Doch wenn sie zwei Minuten später nackt unter ihrem Poncho durch die Prärie schreitet, wirkt das weniger verletzlich als vielmehr sexuell aufgeladen. Und auch wenn Hannie die späteren herablassenden Kommentare und einen Klaps des Sheriffs auf ihren Hintern mit entsprechender Kaltschnäuzigkeit beantwortet, hängt die Botschaft des Films irgendwo zwischen Feminismus und Sexappeal in der Luft. Es ist offensichtlich, dass die Macher das mythologisch anmutende Bild einer wunderschönen Frau im Sinn hatten, die betören kann, aber aufgrund eines schrecklichen Erlebnisses auch zu einem gnadenlosen Racheengel geworden ist. Und allein diese Formulierung macht auch deutlich, wieso Quentin Tarantino den Film als eine der Inspirationen für „Kill Bill“ nennt. Doch so ganz fest sitzt Regisseur Burt Kennedy nicht im Sattel seiner Aussage.

Von diesen tiefergehenden Details einmal abgesehen ist „Hannie Caulder“ aber auch grundsolide Genre-Unterhaltung. Raquel Welch mag nicht die beste Schauspielerin sein, doch sie verleiht Hannie durchaus die nötige Präsenz – wenn der heimliche Star des Films auch Robert Culp als ihr charismatischer Schutzpatron ist. Sein Thomas Luther Price strahlt vom ersten Moment an eine Ruhe und Klugheit aus, die umgehend Vertrauen schafft, und die romantische Beziehung zwischen den beiden findet eher zwischen den Zeilen statt, als dass sie zum zentralen Dreh- und Angelpunkt gemacht wird. Darüber hinaus sind die Bösen böse, die Guten gut – darunter auch Legende Christopher Lee als Waffenbauer – und die geheimnisvollen Fremden geheimnisvoll. Das macht die Story nicht immer komplett schlüssig, wirkt dank einer geradlinigen Inszenierung mit einer gekonnten Kombination aus Schießereien und ruhigen Momenten aber auch nicht sonderlich störend.
Bild:

Wenn man durch das gestochen scharfe Menü geht und dann den Film startet, wird der Unterschied sofort deutlich. Es fällt schwer zu glauben, dass „Hannie Caulder“ wirklich in Full HD konvertiert wurde, da die Schärfe des Bildes kaum besser ist als bei einer DVD. Optik und Farben des Films selbst sind gut, aber HD-Fanatiker werden wohl weniger Freude an der Blu-ray haben als Nostalgiker.
Ton:
Die PCM-2.0-Abmischung ist in Ordnung. Zwar vermisst man einen wirklich fetten Sound, aber angesichts der Originalqualität des Tons ist die Blu-ray-Spur durchaus akzeptabel. Die deutsche Fassung ist einen Hauch klarer als die englische Originalversion.
Extras:
Neben dem Trailer gibt es noch eine 15-minütige Trailer-Show zu weiteren Western mit Raquel Welch sowie eine 13-minütige und mit Musik unterlegte Dia-Show aus Szenenfotos und Werbematerialien. Der 9-minütige „Shots of Vengeance“ schließlich ist die Super-8-Fassung des Films und zeigt dessen Showdown zwischen Hannie und ihren Peinigern.
Blu-ray Wertung
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7/10
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5/10
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7/10
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4/10
Kurzfassung
Geradliniger und unterhaltsamer Rache-Western mit einigen Stimmungsschwankungen.
Fazit:
Ein solider Action-Western der 70er Jahre, dessen Plot durchaus Einschusslöcher hat und dessen Ton im Sattel hin und her geworfen wird. Aber die Besetzung und geradlinige Inszenierung sorgen für ordentliche Genre-Unterhaltung mit einem Hauch Tarantino. Die Blu-ray kommt leider nur in durchschnittlicher Qualität daher und ist eher etwas für Nostalgiker.
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