Große Freiheit: Kleiner Geheimtipp – DVD Kritik

Große Freiheit - hinter Gittern
Große Freiheit - hinter Gittern © Eurovideo

Die Kritik:

Während die Auslebung eines Geschlechtslebens abseits von Heterosexualität heute zur Normalität gehört, fand eine Entkriminalisierung von Homosexualität erst im Jahre 1969 statt. Zwar dauerte es noch ganze 25 Jahre, bis der die Homosexualität diskriminierende §175 gestrichen wurde, zumindest drohten einem nach 1969 aber keine langjährigen Gefängnisstrafen mehr. Sebastian Meises neustes Werk „Große Freiheit“ befasst sich mit der Zeit, in der man als schwuler Mann weggesperrt wurde und erzählt dabei eine Geschichte voller Ungerechtigkeiten, die auch heute noch Relevanz hat.

Große Freiheit - DVD
Große Freiheit
– DVD © Eurovideo

Erzählt wird das Leben von Hans Hoffmann (Franz Rogowski), einem homosexuellen Mann jüdischer Abstammung, der auf Grund seiner Sexualität im Gefängnis landet. Doch das ist nicht sein erster Aufenthalt, sondern sein Dritter. Bereits im Jahre 1945 wurde er direkt nach der Befreiung aus einem KZ inhaftiert. Eine Beziehung zu einem Mann in den 50er Jahren brachte ihm seine zweite Haftstrafe ein. Jetzt, im Jahre 1968, wird er erneut eingesperrt und trifft dabei wieder auf Homophobie, alte Bekannte und ganz zentral auf den Wunsch nach Freiheit.

„Große Freiheit“ gibt direkt mit der Eröffnungsszene den Ton an. Hans Hoffmann trifft sich mit diversen Männern in einer Toilettenkabine. Gefilmt von einer Super-8 Kamera, positioniert hinter einem Einwegspiegel. Ein unglaublicher Einschritt in die Privatsphäre, der zur Umsetzung einer verqueren Ideologie durchgeführt wurde. Für den Zuschauer extrem unangenehm, in dieser Zeit aber nicht unüblich. Mitten in dieser Welt, in der es anscheinend keinen Platz für einen wie Hans Hoffmann gibt, verfolgt man als Zuschauer eine Geschichte rund um Sehnsucht und Liebe, stattfindend in einem ausgesprochen tristesten Ort. Gezeigt werden einem drei verschiedene Aufenthalte, gedreht in einem echten Gefängnis. Dabei springt die Handlung umher und findet aber im Jahre 1968 seinen Höhepunkt.

Eine bestimmte Szene schafft es, die Stärken von Sebastian Meises neustem Werk gut zusammenzufassen: Viktor, der Zellengenosse von Hans spricht ihn auf seine am Unterarm tätowierte Lagernummer an. Hans sei nach der Befreiung aus einem KZ in ein Gefängnis gekommen, um seine restliche Strafe als Homosexueller abzusitzen. Franz Rogowski spielt die Szene mit einer Leere im Gesicht, wodurch einem bewusst wird, dass die Figur Hans den Glauben an die Gerechtigkeit bereits verloren hat. Das wird aber nicht stehen gelassen, sondern die Situation endet mit einem Moment purer Menschlichkeit. Sowohl Rogowski (Viktoria, Schwarze Milch) aber auch Georg Friedrich (Wilde Maus, Helle Nächte), der den immer wichtiger werdenden Viktor verkörpert, spielen unglaublich stark und geben dem Film viel Tiefe.

Große Freiheit - im Knast
Große Freiheit – im Knast © Eurovideo

Der Fokus liegt klar auf der stattfindenden Geschichte, weswegen die Kameraarbeit subtil ausfällt. Bemerkenswert ist dabei aber die Lichtsetztung. Wie der Protagonist klammert man sich an Orten wie der Dunkelkammer an jede ersichtliche Lichtquelle, auch wenn es nur ein kleines Guckloch oder ein entzündetes Streichholz ist. Solche Momente wirken bedrückend und lassen einen mit Hans mitleiden.

„Große Freiheit“ ist ein Film für das Kino. Nicht, weil er nur auf der großen Leinwand wirkt, sondern weil man ihm während der rund zweistündigen Laufzeit seine volle Aufmerksamkeit schenken sollte. Ob man bereit ist, dem etwas zu lang geratenen Film im Heimkino diese Aufmerksamkeit zu geben, darf jeder für sich selbst entscheiden. Bereuen dürften dies aber nur die Wenigsten.

Bild:

Die Bildqualität der DVD ist in Ordnung, den Aufpreis für die Blu-ray sollte es aber auf jeden Fall wert sein. Crystel Fournier fängt mit einer sehr bedachten Lichtsetzung bedrückend schöne Bilder ein, die auf der DVD leider schnell verrauschen.

Ton:

Die musikalische Untermalung ist so dezent bestückt, dass einem sofort auffällt, wenn ein Musikstück einsetzt. Das Spiel einer Trompete ist meist die einzige musikalische Begleitung und passt gut in das Setting. Einziges Manko ist die teils schwer zu verstehende Stimme von Georg Friedrich.

Extras:

Auf der DVD sind neben Trailern leider keine Extras enthalten, was aber Freude macht ist das beigelegte Booklet. Darin findet man neben einem kurzen Einblick in die Historie des §175 ein Interview mit Sebastian Meise, der einen Einblick in die Produktion gibt.

Filmwertung
  • 7.5/10
    Film - 7.5/10
  • 6/10
    Bild - 6/10
  • 6/10
    Ton - 6/10
  • 5/10
    Extras - 5/10
7/10

Kurzfassung

Gefängnisdrama über das Leben als schwuler Mann in der 60er Jahren.

Fazit:

„Große Freiheit“ überzeugt vor allem durch die großartige Besetzung und eindringliche Inszenierung. Der Genre-Mix zwischen Drama und Liebesgeschichte spielend in einem Gefängnis funktioniert erstaunlich gut, die ein oder andere Kürzung hätte aber nicht geschadet. Der Gesamteindruck bleibt positiv und lässt einen auf weitere Werke von Sebastian Meise hoffen.


von Thomas Stadler

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