Green Room – Blu-ray Kritik: Punks vs Nazis

Im Überlebenskampf wird Amber (Imogen Poots) zur cleveren Verbündeten der Punks.
Im Überlebenskampf wird Amber (Imogen Poots) zur cleveren Verbündeten der Punks. © Universum Film

Die Kritik:

Einer der schönsten Aspekte des Mediums Films ist, dass dem Regisseur und seinem Team keine kreativen Grenzen gesetzt sind und sie machen können, was sie wollen. Beispielsweise kann eine Subkultur mit ihren Merkmalen und Eigenheiten gezeigt werden oder auch mit einer anderen kombiniert werden. Und wenn man weiß, dass der führende Kreative Jeremy Saulnier heißt, weiß man, dass dieses Treffen auf keinem Fall gut ausgeht.

Green Room Bluray Cover
Green Room Blu-ray Cover © Universum Film

Von Tag zu Tag überlebt die Punk-Band „Ain’t Right“. Mit gestohlenem Benzin gelangen die Künstler von einem schlecht organisierten Gig zum Nächsten, immer in der Hoffnung neben Kost und Logis auch etwas Geld mit auf den Weg zu bekommen. Da scheint sogar ein Job irgendwo im Nirgendwo für 300 Dollar, wie ein lukratives Angebot zu wirken. Am besagten Ort des Geschehens angekommen, müssen die Musiker aber feststellen, dass sich sowohl die Gäste wie auch die Gastwirte von dem gewohnten Klientel unterscheiden. Die Punker sollen vor Skinheads ihre provokanten Texte zum Besten geben. Doch alles geht gut und die Punker überstehen den Auftritt unbeschadet, bloß um hinter der Bühne Zeugen einer Straftat zu werden. Geschockt und überhastet verschanzen sie sich in der Räumlichkeit, wo ihnen nach und nach bewusst wird, dass sie in der Falle sitzen. Im Green Room gefangen, umzingelt von Leuten, die zu allem bereit sind.

Nach seinem letzten Crime-Thriller „Blue Ruin“ 2013 entführt Regisseur Jeremy Saulnier den Zuschauer erneut in eine Welt, der realistischen Gewalt und schlechten Tage. Mit kühler Inszenierung und minimalistischer Story bannt er einen haarsträubenden Thriller auf die Leinwand, der teilweise die Züge eines echten Survival-Films annimmt. All die Aspekte, die Saulnier nutzt um seine düstere Geschichte zu inszenieren, portioniert und platziert er mit Bedacht, wodurch eine angenehm bedrückende Atmosphäre aufkommt. Gewalt, Dialog und auch (schwarzen) Humor setzt er so in Szene, dass ein natürlich und realistisch anmutender Fluss der Geschehnisse entsteht und sich die Komponenten nicht gegenseitig behindern.

Die Punkband in "Green Room" bei ihrem Auftritt
Die Punkband in „Green Room“ bei ihrem Auftritt © Universum Film

Betrachtet man den Cast so sticht einer besonders heraus. Mit der Besetzung von Patrick Stewart (Star Trek: The New Generation; X-Men Saga) verlässt sich Saulnier auf einen Schauspieler, der seine Rolle mit dem nötigen Talent ausfüllt. Nur durch ihn wird der ansonsten sehr grauen Masse von Antagonisten ein Gesicht gegeben, das man auch wirklich fürchten kann. Eiskalt und kalkulierend führt er dem Zuschauer vor Augen, wie verzweifelt und unausweichlich die Situation der Helden eigentlich ist, während er seinen Angriff auf die Eindringlinge Welle um Welle fortsetzt. Der Gegenpool zu Stewarts „Darcy Banker“ wird durch den verstorbenen Anton Yelchin (Star Trek: Star Trek into Darkness) ausgefüllt. Als Protagonist liegt auf ihm das Hauptaugenmerk des Zuschauers und er kann durchaus überzeugen. Auch der restliche Cast macht seine Rolle gut, wodurch die verschiedenen Positionen der Musiker in der Extremsituation deutlich werden. Folglich kann man die Besetzung des Cast als gelungen bezeichnen und das Schauspiel steht der Geschichte in keinster Weise im Weg.

 Darcy Banker (Patrick Stewart) ist der brutale Anführer einer Nazi-Gang.
Darcy Banker (Patrick Stewart) ist der brutale Anführer einer Nazi-Gang. © Universum Film

Einziges Problem des Film scheint das Finale zu sein, welches nicht konsequent zu Ende gedacht wurde und zum Zwecke der Befriedung des Zuschauers die Grenzen der Logik überschreitet. Vielleicht hätten die Autoren der Geschichte in der Hinsicht dem Zuschauer mehr zutrauen sollen, den erzeugten Ton der Erzählung beibehalten und dabei auch auf jegliche „Das-ist-doch-fast-genauso-wie-damals“-Metaphern verzichten sollen. Manch einer wird sich vielleicht auch an der Zeichnung der Antagonisten stören, da ihre Positionierung als Skinheads und Neo-Nazis keine relevante Bedeutung für die Story hat, aber dies wird sich für den Großteil der Zuschauer wahrscheinlich nicht negativ auf das Filmvergnügen auswirken.

Bild:

Visuelle und akustische Gestaltung passt sich durchgehend der Geschichte. Das sorgt dafür, dass sowohl die schönen Naturaufnahmen, als auch die explizite Gewalt gewollt scharf und detailiert präsentieren.

Ton:

Auch beide Tonspuren sind qualitativ hochwertig, wobei man, wenn man kann auf die originale Tonspur zurückgreifen sollte.

Extras:

Betrachtet man das Bonusmaterial, dann fällt auf, dass die Hälfte der Extras aus einer obligatorischen Trailershow besteht, welche nur selten irgendwelche Bezüge zur Thematik des Films aufweist. Mehr Inhalt bieten da die anderen Features des Bonusmaterials. In mehreren kleinen Montagen werden dort verschiedene Details und Aspekte beleuchtet und vom Cast und dem Team kommentiert. Leider sind diese Zusammenschnitte nicht mit einer signifikanten Lauflänge bemessen und schneller wieder vorbei, als man bei dem möglichen Hintergrund denken würde.

Blu-ray Wertung
  • 8.5/10
    Film - 8.5/10
  • 9/10
    Bild - 9/10
  • 9/10
    Ton - 9/10
  • 4/10
    Extras - 4/10
8.4/10

Kurzfassung

Blutiger und spannender Survival-Film in bedrückender Atmosphäre.

Fazit:

Nachdem „Green Room“ in den Kinos eher ein Geheimtipp war, sollte sich der neuste Thriller von Jeremy Saulnier von jedem Enthusiasten des Genres zu Gemüte geführt werden. Erwachsen und realistisch entfaltet der Regisseur sein blutiges Schauspiel, dem nur noch ein konsequenteres Ende zu einer besser Einhaltung der Grundtonalität des Films verholfen hätte. Lässt man diesen überschaubaren Makel bei Seite, erhält man feinste und spannende Unterhaltung in dieser Verbindung aus einer kleinen Geschichte und hartem Survival-Drama.


von Marvin Schmidt

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