Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra – Blu-ray Kritik

Szene aus Gomorrha - Reise in das Reich der Camorra © Prokino
Szene aus Gomorrha - Reise in das Reich der Camorra © Prokino

Die Kritik:

Gomorrha - Reise in das Reich der Camorra: Blu-ray Cover
Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra: Blu-ray Cover © Prokino

Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra ist eine italienische Romanverfilmung aus dem Jahr 2008. Inszeniert wurde der Episodenfilm, welcher aus fünf parallel erzählten Handlungssträngen besteht, von Matteo Garrone. Der Roman von Roberto Saviano erschien 2006 und er schrieb ebenfalls neben Garrone am Drehbuch mit. Ab dem 1. August ist der Streifen nun auf Blu-ray erhältlich. Der Film behandelt die kriminellen Machenschaften der italienischen Mafia im Süden Italiens. Dass Saviano seit Erscheinen des Romans unter Polizeischutz steht und sich und seine Familie versteckt hält, zeigt die Brisanz der Thematik, die er behandelt hat und die durch Garrone in diesem Film äußerst realistisch in Szene gesetzt wurde. Gomorrha ist kein Film, der einen besonders hohen Unterhaltungswert hat wie bspw. Solimas „Suburra“. Dafür ist er teilweise zu nüchtern, zu trocken und zu bodenständig geworden. Umso heftiger wirken jedoch die Gewaltspitzen im Streifen, die den Zuschauer immer wieder kalt erwischen. Alles in allem hat Garrone hier ein Werk erschaffen, das aufklärt, entsetzt, interessante Einblicke gewährt und glaubwürdig Dinge in Szene setzt, die man sonst nur vom Hörensagen kennt.

Szene aus Gomorrha - Reise in das Reich der Camorra
Szene aus Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra © Prokino

Auf die einzelnen Handlungssträngen wird hier nicht eingegangen. Es gehört auch ein bisschen zur eigenen Herausforderung des Films dazu, diese als Zuschauer selbst zu ergreifen, zu erleben und die Zusammenhänge zu erkunden. Auffallend ist jedoch, dass nicht jede Geschichte mitten im mafiösen Milieu direkt spielt. Mind. zwei der fünf Handlungsstränge sind Geschichten, aus denen der Einfluss und Verstrickung der organisierten Kriminalität auf weitere Berufszweige stark ersichtlich wird. Man bekommt im Laufe des Films die tiefe Verzweigung der Kriminalität immer stärker zu sehen. Dabei besticht Garrone durch eine äußerst subtile Inszenierung und bleibt ganz dicht bei seinen Charakteren und deren Aktionen und Motiven. Dies geschieht ebenfalls auch aus technischer Sicht, da die Kamera über den ganzen Film hinweg sehr nah an den Gesichtern der Figuren dran ist. Zudem wird auch mit der Handkamera gearbeitet, was die Intention, einen realitätsnahen Film zu kreieren, untermauert. Ebenfalls wird die Authentizität dadurch verstärkt, dass man hier mit Laiendarstellern und an Originalschauplätzen in und um Neapel gedreht hat. All dies sind Aspekte des Films, die diesen Film auf eine besondere Ebene stellen.

Szene aus Gomorrha - Reise in das Reich der Camorra
Szene aus Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra © Prokino

Wie schon eingangs erwähnt, ist das kein Film, der groß unterhält. Das will und soll er auch nicht. Er entromantisiert die Mafia bzw. das Genre des Mafiafilms. Hier hat man zu keiner kriminellen Figur auch nur einen Funken Sympathie übrig. Auch wenn Toni Servillo ein äußerst charismatischer Schauspieler ist, schafft auch er es, trotz seiner Bekanntheit, inmitten von Laiendarstellern, mit seiner Figur in diese Welt einzutauchen und sie in seinem Schauspiel als dreckig, unmoralisch und verwerflich aufzuzeigen. Generell gibt es hinsichtlich der Darstellerleistungen nichts zu meckern. Garrone und Saviano zeigen dem Zuschauer auf, was organisierte Kriminalität, Raub, Mord, etc. wirklich bedeutet und welch Geschwür dies in der Gesellschaft ist. Ein Geschwür, das sich kaum entfernen lässt, weil es scheinbar immanent ist und inmitten der Gesellschaft eine bedenkliche Akzeptanz gefunden hat. Nichtsdestotrotz fehlt dem Film eine gewisse Intensität in der fiktionalen Erzählung. Es hat natürlich eine emotionale Wucht, da das Gezeigte den Alltag im Süden Italiens erschreckend authentisch aufzeigt. Dennoch ziehen einem die einzelnen Geschichten nicht in den Bann und man fiebert mit den Figuren nicht mit. Deren Schicksal berührt den Zuschauer nicht und so lässt sich Gomorrha mehr wie eine Dokumentation anschauen als ein spannendes Drama.

Bild:

Das Bild ist etwas kriselig. Es wird logischerweise auf ein ganz cleanes, rauschfreies Bild verzichtet. Das Bild soll das Dreckige bzw. das Unreine der Thematik der Geschichte, aber auch der Handlungsorte wiederspiegeln. Nichtsdestotrotz wäre gerade bei den etwas dunkleren Szenen ein besseres Bild wünschenswert.

Ton:

Die Synchro ist über alle Dinge erhaben und macht einen soliden Job, auch wenn man sich, eben der Authentizität wegen, den Film im Originalton anschauen sollte. Ansonsten kommt der Sound bei Explosionen und Schüsse ebenfalls sehr realistisch zur Geltung und bietet einem sehr kräftigen Ton an.

Extras:

Hier gibt es ein einstündiges Behind-The-Scenes-Material, 7 entfernte Szenen sowie ein knapp 30 Minuten langes Interview mit dem Autor Roberto Saviano, ein 10-minütiges Interview mit Regisseur Matteo Garrone sowie kurze Interviews mit den Darstellern Toni Servillo und Gianfelice Imparato. Insbesondere das Interview mit Saviano ist wirklich informativ und sehenswert. Darüber hinaus gibt das Behind-The-Scenes-Material erfrischend ehrliche Einblicke in die Dreharbeiten.

Blu-ray Wertung
  • 8/10
    Film - 8/10
  • 6.5/10
    Bild - 6.5/10
  • 8/10
    Ton - 8/10
  • 8/10
    Extras - 8/10
8/10

Kurzfassung

Gomorrha bietet dem Zuschauer ein brachiales Abbild der organisierten Kriminalität im Süden Italiens, das einen sprach- aber auch emotionslos zurücklässt.

Fazit:

Wer einen erschreckend realistischen Film über die Mafia-Strukturen und der organisierten Kriminalität im Süden Italiens sehen will, ist bei Gomorrha genau richtig. Man sollte sich jedoch darauf einstellen, keinen spektakulären, spannenden oder unterhaltsamen Streifen zu sehen. Der Film ist mehr darauf bedacht, ein authentisches Abbild des Alltags in und um Neapel aufzuzeigen, was ihm äußerst gut gelingt.

Gomorrha gehört zu den besten italienischen Filmen in unserer Top 7.


von Morteza Wakilian

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. (Kommentar wird erst geprüft)


*