Fukushima – DVD Kritik zum Super-GAU

Fukushima: Die Tsunami-Welle trifft auf das AKW
Fukushima: Die Tsunami-Welle trifft auf das AKW © capelight pictures

Die Kritik:

Fukushima: DVD Cover
Fukushima: DVD Cover © capelight pictures

Am 11. März 2011, kam es im japanischen Atomkraftwerk Fukushima Daiichi zum absoluten Super-GAU. Eine Reihe von unglücklichen Ereignissen, ausgelöst durch ein immenses Erdbeben und dem daraus resultierenden Tsunami führten dazu, dass vier der sechs Reaktorblöcke des Kraftwerks schwer beschädigt wurden. In drei der vier Blöcke kam es infolgedessen zur Kernschmelze, wodurch eine große Menge an Strahlung über die Luft und das Meer freigesetzt wurde. Im Zuge der Evakuierung einigte sich eine Gruppe aus 50 Mitarbeitern des Kraftwerks dort die Stellung zuhalten, um die Kontrolle nicht vollkommen aus der Hand zu geben. Die Medien tauften diese Gruppe die “Fukushima 50”.

Im gleichnamigen Film, inszeniert vom japanischen Regisseur Sesuro Wakamatsu, geht es um genau diese Stunden der Angst und Ungewissheit und um die 50 mutigen Angestellten des Kraftwerks, dessen zentrale Figur Masao Yoshida darstellt, gespielt von “Inception” Star Ken Watanabe. Tatsächlich gehört der Charakter des Yoshida, neben dem des Premierministers zu den einzigen auf realen Menschen basierenden Figuren im Film, der Rest ist rein fiktiv. Obwohl das Drehbuch von “Fukushima”, verfasst von Yoichi Maekawa, zum großen Teil auf dem Buch des Journalisten Ryusho Kadota „Am Rande: Die innere Geschichte von Fukushima Daiichi“ basiert, hielt man sich nicht strikt an die realen Ereignisse für die Niederschrift des Drehbuchs. Kadota selbst sagte nach dem er das Script zum ersten Mal las, man müsse dem mehr Drama hinzufügen und so entschied man sich jeweils zwei oder drei reale Menschen, der schlicht zu langen 400-seitigen Buchvorlage, zu einer fiktiven Figur zu verschmelzen. Dabei herausgekommen sind Charaktere und Figuren, die kurz nach ihrem ersten Auftreten in der schieren Masse aus gesichtslosen Statisten und Nebendarstellern in Vergessenheit geraten. Watanabe hingegen erinnerte mich in der ein oder anderen Einstellung unweigerlich an eine abgeflachte, dafür umso gereiztere Version von Denzel Washington in “Die Entführung der U-Bahn Pelham 123”.

Fukushima: Strahlenschutz
Fukushima: Strahlenschutz © capelight pictures

Doch wer kann es ihm verübeln? Nicht nur Yoshidas direkte Vorgesetzte, auch die sogenannte Expertenkommission die von der japanischen Regierung in den Einsatz geschickt wurde, agiert extrem inkompetent. Shiro Sanos Interpretation von Premieminister Naoto Kan, kommt schon beinahe der einer Satire gleich. Nun muss man als westlicher Betrachter beachten, dass im japanischen Film grundsätzlich mit mehr Mimik und Gestik gearbeitet wird, Gefühle werden breiter nach außen getreten, dadurch wirkt das Schauspiel der Akteure auf den einen oder anderen vielleicht abschreckend. Leider wirken bis auf wenige Ausnahmen alle zuständigen Arbeitskräfte komplett überfordert und eher wie neu angestellte. Dazu kommt das der Film in einigen Szenen sehr pathetische Züge annimmt, um Drama zu erzeugen, narrativ aber schon früh auf der Strecke bleibt. Die zwei Explosionen sind ziemlich schnell abgearbeitet und auch wenn sie mir im ersten Moment einen kleinen Schreck eingejagt haben, hallt die Dramatik in diesen Szenen relativ schnell wieder aus. Das liegt zum Teil daran, dass der Film nur relativ wenig davon zeigt. Ein Großteil des Films spielt in der erdbebensicheren Zentrale des Kraftwerks, grell durchleuchtet wie ein Büro und ein Haufen gestresst wirkender Statisten die umherlaufen.

Fukushima: Die Ruine
Fukushima: Die Ruine © capelight pictures

Das schafft zwar ein gutes Bild von der angespannten Situation innerhalb der Zentrale, Wakamatsu verpasst dabei aber die Chance, das Drama das sich außerhalb des Kraftwerks abspielt, entsprechend einzufangen. Beinahe 150.000 Menschen mussten ihre Häuser räumen und ihr Hab und Gut zurücklassen, einige für immer. Bis auf eine kleine parallele Handlung, die sich mit dem Schicksal der Familie eines Mitarbeiters beschäftigt, lässt uns Wakamatsu davon nur sehr wenig sehen. Insgesamt wird das ganze Maß dieser Katastrophe nicht grundlegend genug beleuchtet, weder wie es dazu kam, noch welche Folgen die Freisetzung von Strahlung für die äußere Umwelt und die umliegenden Anwohner hatte. Wo der Film erzählerisch versagt, überzeugt Wakamatsu zumindest atmosphärisch. Der Film steigt direkt im Moment des Bebens ein, die Kamera führt uns dabei sanft im Flug an das Kraftwerk heran, es ist still, Möwen fliegen über die Küste und plötzlich, die Kamera taucht ab ins Wasser und wir sehen die Entstehung des Erdbebens. Wakamatsu orientiert sich hierfür am klassischen Hollywood-Kino, er inszeniert die Überflutung des Kraftwerks genretypisch pompös, von unten und oben, um das ganze Ausmaß der riesigen Welle darzustellen. Ganz klischeehaft befindet sich im Film sogar eine Szene mit zwei verdutzten Arbeitern, die verwirrt auf die sich ihnen nähernde Welle starren, ohne diese als solche zu erkennen. Der Film schafft es aber nicht nur die permanent angespannte Stimmung gut zu transportieren, sondern auch die Klaustrophobie innerhalb der großen dunklen Anlage. Ausschlagende Kontrollanzeigen und Geigerzähler, im Hintergrund ertönen Signaltöne und dramatische Nahaufnahmen der Gesichter vermitteln ein gutes Gefühl für die Lage, in der sich die Menschen befinden.

Bild:

Der Film überzeugt durch ein sehr klares und scharfes Bild. Wakamatsu arbeitet mit viel Tiefenschärfe, um die vielen Statisten und Details im Hintergrund sichtbar zu machen. Der Kontrastumfang lässt hier und da zu wünschen übrig, das fällt besonders in dunklen Szenen auf, in denen vor allem kleinere Details gerne verloren gehen. Das ändert aber nichts an der durchweg soliden Präsentation in puncto Bild.

Ton:

Der Ton macht einen ebenso guten Eindruck wie das Bild. Die Rear Speaker werden durch ein gut durchdachtes und breit gefächertes Sounddesign ordentlich in Anspruch genommen. Unterstützt wird das Ganze durch einen wirklichen schönen tiefen Bass, der sich besonders kraftvoll anfühlt und besonders in den wenigen Szenen mit mehr Action gut zur Geltung kommt.

Extras:

Auf der Disc befinden sich lediglich der Trailer zum Film und weitere Programmtipps.

Blu-ray Wertung
  • 5/10
    Film - 5/10
  • 8/10
    Bild - 8/10
  • 9/10
    Ton - 9/10
  • 1/10
    - 1/10
5/10

Fazit:

“Fukushima” steigt sehr unterhaltsam in das Geschehen ein, er schafft es aber über seine Laufzeit von 121 Minuten nicht das Tempo und die Spannung zu halten. Bereits nach der ersten Hälfte des Films scheint die Geschichte größtenteils auserzählt und gesehenes verliert zunehmend an Impact. Die Figuren und ihre Beziehungen zueinander sind nicht gut genug ausgearbeitet, um eine emotional Bindung herzustellen und interessantes Hintergrundwissen übermittelt der Film ebenfalls nicht. Einzig die Inszenierung weiß überwiegend zu überzeugen, das reicht aber nicht um den Film vor der Mittelmäßigkeit zu retten.


von Marcel Feldermann

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