Du hättest gehen sollen – Blu-ray Kritik zum Mysterie-Horrorfilm

Kevin Bacon and Avery Tiiu Essex in Du hättest gehen sollen
Kevin Bacon and Avery Tiiu Essex in Du hättest gehen sollen © Universal Pictures

Die Kritik:

Du hättest gehen sollen - Blu-ray
Du hättest gehen sollen – Blu-ray © Universal Pictures

Als typischer Blumhouse-Horrorthriller verkauft, entpuppt sich „Du hättest gehen sollen“ als langsam aufgebauter psychologischer Thriller mit subtilen Horrorelementen. David Koepps lose Adaption von Daniel Kehlmanns gleichnamigem Kurzroman schildert „The Shining“ ähnlich wie ein Mann in einem abgelegenen Haus zunehmend seinen Verstand zu verlieren scheint. Das ist sehr ansehnlich in Szene gesetzt, weitestgehend subtil packend und interessant, aber leider am Ende doch etwas konfus und zu weit hergeholt, um ein letztlich befriedigendes Ergebnis zu liefern.

Theo (Kevin Bacon) ist ein reicher Banker, der ein scheinbar lupenreines und sorgenloses Musterleben führt. Verheiratet mit der viel jüngeren Star-Schauspielerin Susanna (Amanda Seyfried) lebt er mit der gemeinsamen kleinen Tochter Ella (Avery Tiiu Essex) in einem luxuriösen Musterhaus. Doch Theo wird von wahnhafter Eifersucht angesichts seiner überall umgarnten Frau geplagt. Hier soll nun ein Urlaub in einer abgelegenen Luxusvilla in Wales Abhilfe verschaffen, jedoch hat das architektonisch eigenwillig und merkwürdig anonym gestaltete Haus scheinbar ein Eigenleben: Die Zeit verläuft je nach Aufenthaltsort unterschiedlich schnell und immer wieder wandelt sich die Architektur der Villa, offenbart wie aus dem Nichts neue Türen, Räume und Gänge. Dass Theo ohnehin noch mit den Dämonen seiner Vergangenheit zu kämpfen hat, er von schrecklichen Albträumen heimgesucht wird und zudem weiter von Eifersucht getrieben ist, sorgt für zunehmende Paranoia…

Du hättest gehen sollen: Susanna (Amanda Seyfried)
Du hättest gehen sollen: Susanna (Amanda Seyfried) © Universal Pictures

David Koepp, der zu einem der bestbezahlten Drehbuchveteranen im Hollywood-Blockbusterkino der letzten 30 Jahre zählt, präsentiert mit „Du hättest gehen sollen“ seine siebte Regiearbeit. Stilistische wie thematische Ähnlichkeiten zu „Echoes – Stimmen aus der Zwischenwelt“ (ebenfalls mit Bacon) oder der King-Adaption „Das geheime Fenster“ sind kaum von der Hand zu weisen. Um vermutlich den „Shining“-Vergleichen ein Stück weit zu entgehen, ist die Hauptfigur anders als in Kehlmanns Vorlage kein Drehbuchautor, der an dem abgelegenen Ort Ruhe sucht, um an einem Skript zu arbeiten. Das raubt dem Film zwar eine zusätzliche interessante Dimension, sorgt aber bei der Figurendynamik für keinen merklichen Nachteil.

Theo ist Dreh- und Angelpunkt der Erzählung. Getragen wird der Film demnach von einem überzeugend aufspielenden Kevin Bacon, der jedoch nicht minder starke Unterstützung von Amanda Seyfried und Avery Tiiu Essex erhält. Koepp und Bacon ziehen glaubwürdig mit der starken Erzählperspektive des Protagonisten in ihren Bann, machen die Eifersucht von Theo durch unangenehme Besuche am Set von Amandas Film anschaulich. Theo ist förmlich besessen davon, dass Susanna ihn betrügen könnte, weshalb er auch bei unbeobachteter Gelegenheit ihre elektronischen Geräte nach kompromittierenden Nachrichten überprüft. Auch das Gefühl, seiner attraktiven jüngeren Frau als Mann nicht gerecht zu werden, plagt ihn, auch wenn die meist verständnisvolle Susanna ihn stets vom Gegenteil zu überzeugen versucht und ohnehin eine liebevolle Beziehung zu ihrer gemeinsamen Tochter führt.

Du hättest gehen sollen: Theo (Kevin Bacon)
Du hättest gehen sollen: Theo (Kevin Bacon) © Universal Pictures

Auch wenn Koepp abgesehen von einem eher konventionellen und aufgesetzt erscheinenden Gruselbeginn primär an den Figuren interessiert ist und sich viel Zeit mit ihrer Etablierung lässt, lodert zumindest im Hintergrund subtil eine leicht unwohle Komponente. Für Horrorfans, die hier einen simplen Schocker erwarten, mag das zu wenig sein, für erwachsene Freunde von psychologisch interessanter Figurenzeichnung und subtil-klassischem Spannungsaufbau und ruhiger, ambivalenter Erzählweise könnte „Du hättest gehen sollen“ durchaus packend sein. Sicher, echter Horror oder zumindest eine ernsthaft beklemmende Atmosphäre kann der Film nur bedingt aufbauen, packend und interessant ist er dennoch. Nach und nach offenbart Koepp Hintergründe der Figuren, lässt einen mit vieldeutigen Äußerungen und visuellen Andeutungen rätseln, in welche Richtung sich der Film bewegen könnte. Was hat es mit den eigenartigen Merkmalen des kühl gestalteten Hauses auf sich? Was ist Traum und was Realität? Kann Theo Susanna vertrauen? Kann der Zuschauer überhaupt Theo vertrauen? Diese latente Unsicherheit hält den Film am Leben und macht ihn interessant und spannungsgeladen.

Zudem erweist sich Koepp nicht nur als begabter Geschichtenerzähler, er weiß auch, wie er einen Film mit visuellen Mitteln erzählen kann. Hier überzeugt die klare Bildsprache, die gekonnt platzierte Kamera und das sehr wirkungsvolle Spiel mit der unberechenbaren und zunehmend desorientierenden Architektur des Designerhauses. Dort sorgen auch merkwürdige visuelle Referenzen wie ein in der Waschküche angebrachtes Polaroid für geschickt platzierte und sich stets steigernde Unsicherheit seitens des Zuschauers. Wohin die Reise geht, bleibt also lange unklar, da Koepp immer nur genau so viele Informationen preisgibt, wie es nötig ist.

Du hättest gehen sollen: Susanna (Amanda Seyfried) genießt ein Bad
Du hättest gehen sollen: Susanna (Amanda Seyfried) genießt ein Bad © Universal Pictures

Leider entpuppt sich dann die Auflösung als größte Schwäche des Films: Nicht nur erscheint das plötzlich gehetzt wirkende Finale etwas konfus erzählt, auch das Handeln der Akteure lässt in Sachen Glaubwürdigkeit zu wünschen übrig. Da der Film das Ende nicht landet, bleibt man als Zuschauer natürlich trotz gutem und selbstbewusst inszeniertem Vorbau leider unzufrieden und mit einem sehr faden Beigeschmack zurück. Das ist schade, denn „Du hättest gehen sollen“ hat das Potential, ein rundum gelungener psychologischer Thriller zu sein. Dennoch: Wenn man weiß, auf was man sich einlässt, ist Koepps Film durchaus einen Blick wert.

Bild:

Auf technischer Ebene begeistert die Blu-ray. Hier präsentiert sich ein glasklares, bestechend scharfes und detailreiches und sehr feines Bild, das kaum Wünsche offen lässt. In hellen Bereichen zeigt sich hier eine strahlende, lebhafte und intensive, aber dennoch natürliche Farbpalette. Spektakulär sind helle Nahaufnahmen von Gesichtern, die förmlich greifbar werden. Auch in den dezenteren dunklen Momenten werden Details nicht verloren, Kontraste und Schwarzwerte sind auf durchweg hohem Niveau. Top!

Ton:

Auch in akustischer Hinsicht setzt sich der starke technische Eindruck fort. Die Surroundkanäle werden sehr gut, wenn auch nicht im vollen Möglichkeitsumfang für eine gelungene Atmosphäre angesteuert. Besonders gegen Ende fährt der Film hoch und offenbart auf der Tonebene mit einem beträchtlichen Dynamikumfang und wuchtigem Einsatz des Tieftöners für Aufsehen. Stimmen und Dialoge sind bestens verständlich abgemischt.

Extras:

Leider liefert die Blu-ray keinerlei Bonusmaterial.

Blu-ray Wertung
  • 6.5/10
    Film - 6.5/10
  • 10/10
    Bild - 10/10
  • 9/10
    Ton - 9/10
7/10

Kurzfassung

Interessanter und gekonnt inszenierter Psycho-Thriller

Fazit:

„Du hättest gehen sollen“ ist nur bedingt effektiv als herkömmlicher Horrorschocker, dafür aber umso interessanter als gekonnt inszenierter und erzählter psychologischer Thriller. Regisseur David Koepp zeigt hier erneut sein Können und hält das Interesse des Zuschauers konstant hoch. Getragen wird der spannende Film von einem sehr guten Kevin Bacon, der hier als eifersuchts- und schuldgeplagter Banker eine existenzialistische Krise durchläuft. Schade, dass das Finale des Films eher flach fällt und dadurch einen sehr faden Beigeschmack zurücklässt.


von Florian Hoffmann

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