Die Jagd – Auf Leben und Tod – Blu-ray Kritik: Der ewige Kampf ums Überleben

Die Jagd - Auf Leben und Tod - Chamäleon
Die Jagd - Auf Leben und Tod - Chamäleon © polyband Medien GmbH

Die Kritik:

Der Name ist Programm. In der neusten Naturdokumentation „Die Jagd – Auf Leben und Tod“ geht es um den Millionen Jahre alten Wettstreit zwischen Raubtieren und ihrer Beute. Wer einen Fehler zu viel macht, bezahlt diesen mit dem Leben.

Auf Leben und Tod Blu-ray Cover
Auf Leben und Tod Blu-ray Cover © polyband Medien GmbH

All das ist auch der breiten Masse bekannt. Wie einfallsreich und kreativ beide Seiten agieren, um ihr Überleben sicherzustellen, allerdings nicht zwangsläufig. Genau dieser Aspekt steht in der achtteiligen, 392 Minuten langen BBC-Earth-Produktion im Mittelpunkt. Die Aufmachung und der Aufwand erinnern dabei an die weltumspannende Serie „Planet Erde“, die das Genre nicht nur mit modernster Technik revolutionierte und neu belebte, sondern auch nie zuvor gesehenen Aufnahmen seltener Tiere zeigte. Letzteres ist auch hier der Fall. Große Tümmler, die bei ebbebedingtem Niedrigwasser kleine Fische an einen geeigneten Landstreifen treiben, selbst Anlauf nehmen, sich auf den Schlamm hieven, den Fischen mit ihren Körpern den Weg versperren und so Beute machen sind nur ein Beispiel von vielen. Weitere gefällig? Ein Eisbär nähert sich einer Robbe, indem er in einem Schmelzwasserbecken aus einem Eisloch schaut, seine Beute anvisiert, untertaucht und sich so ungesehen anpirscht. Das wurde noch nie zuvor gefilmt.

Chilenische Küstenotter, die acht Wochen lang nicht vor die Kamera zu bekommen waren, reiben sich vor einem Tauchgang in Seetang ein, um über längere Zeit Wärme im Körper zu speichern.

Es gibt dutzende weitere Beispiele für die Einzigartigkeit dieser Serie, die nicht nur bekannte Tiere wie Geparden, Leoparden, indische Tiger oder Schwertwale auf innovative Art und Weise filmt, sondern auch eher unbekannte Tiere wie den wühlenden Honigdachs, den sprunggewaltigen Karakal oder die an „Spider-Man“ erinnernde Darwin’sche Rindenspinne, die ihre Fäden 25 Meter weit über einen Fluss spinnt. Bei letzterer sitzt man gebannt und beeindruckt wie selten vor dem Fernseher, weil die Bilder einfach unglaublich sind. Die Fäden bestehen nicht aus irgendeinem Material, sondern der härtesten Naturfaser, die bisher auf der Erde entdeckt wurde: Spinnseide, die zehnmal stärker ist als Kevlar – also dem Material, aus dem schusssichere Westen hergestellt werden.

Die Jagd - Auf Leben und Tod - Robben
Die Jagd – Auf Leben und Tod – Robben – © polyband Medien GmbH

Das sind nur einige der vielen beeindruckenden, hochinteressanten und spannenden Geschichten dieser intelligenten, wissensvermittelnden Reihe.

Für die Zuschauer ist das durchgehend hohe Niveau angenehm. Es gibt nur minimale Schwankungen. Diese hängen vor allem mit dem Schnitt zusammen. Er ist im Großen und Ganzen hervorragend. Doch in der vierten Folge „Die Savanne“ gibt es kleinere Mängel, eine Schwankung nach unten, weil auffällt, dass die Macher etwas zu viele Informationen in zu kurzer Zeit vermitteln wollten, was zu schnelle Umschnitte zur Folge hat. Doch selbst das ist Meckern auf hohem Niveau und nur augenscheinlich, weil es in den anderen sieben Episoden nicht der Fall ist.

Die Schwankung nach oben hin ist in der sechsten Folge „Die Küste“ auszumachen. Was hier an gehaltvollen und zuvor nie gesehenen Aufnahmen zu sehen ist, ist schlichtweg bahnbrechend und am Rande der Perfektion.

Allerdings wundert man sich zu diesem Zeitpunkt noch ein wenig darüber, dass es überhaupt keine kritischen Töne gibt. Das fällt besonders in der zweiten Folge „Die Arktis“ auf. Dort fühlt man mit den sichtlich abgemagerten Eisbären mit, wobei die Ursachen nur bedingt erklärt werden. Das wird allerdings in den letzten beiden Episoden nachgeholt. Hier werden die vielen Probleme, die der menschengemachte Klimawandel und das Bevölkerungswachstum mit sich bringen, erklärt. Im Nachhinein macht das Sinn, weil der Fokus auf die Jagd sonst eventuell verloren gegangen wäre und das Format so deutlich zuschauerfreundlicher ist.

Die Jagd - Auf Leben und Tod - Sperber jagt Eichelhäher
Die Jagd – Auf Leben und Tod – Sperber jagt Eichelhäher – © polyband Medien GmbH

Auch der Aufbau der einzelnen Folgen überzeugt. Angefangen mit einem jeweils kurzen, einleitenden Teaser voller spektakulärer Bilder, der das Thema der jeweiligen Episode visuell verdeutlicht, folgen als nächstes allgemeine, wichtige Informationen zur Einordnung, ehe die einzelnen Geschichten verschiedener Tiere detailliert und dramatisch aufbereitet werden. Einen großen Anteil an der Qualität der Serie hat dabei der Kommentar. Im englischen Original ist Sir David Attenborough, die 90 Jahre alte Naturdokumentationslegende, zu hören. In der deutschen Fassung ist die bekannte, im Genre der Dokumentationen aber völlig unverbrauchte Stimme von Sascha Rotermund zu hören. Der 42-Jährige ist hierzulande als die deutsche Stammstimme von Benedict Cumberbatch und Omar Sy bekannt. So hat man in einigen Szenen das Gefühl, dass der gierige Drache Smaug aus der „Hobbit“-Trilogie den Kommentar der Serie spricht, in anderen Momenten denkt man an den spitzbübischen Driss aus „Ziemlich beste Freunde“. Davon abgesehen spricht Rotermund meistens sachlicher und nüchterner – was für eine Naturdokumentation angemessen ist.

Wie bei jeder BBC-Earth-Dokumentation sind die aufwendige, fantastische Kameraführung, die epische, eingängige Musikuntermalung und die exotischen, wunderschönen und vielfältigen Landschaften weitere große Pluspunkte.

Das alles verdeutlicht die überragende Klasse der Reihe. Der Kernpunkt, der sie so herausragend macht, ist allerdings die Herangehensweise und die damit einhergehende Differenzierung. Es wird auf eine Vermenschlichung der Tiere (dankenswerterweise) verzichtet. Stattdessen werden die Strategien der Raub- und Beutetiere neutral erklärt, visuell auf eine nie zuvor gesehene Art und Weise mit Beispielen verdeutlicht und vom Kommentar mit interessanten Details unterlegt. Selbst für bekennende Freunde von Naturdokumentationen gibt es viel Neues zu entdecken.

Die Jagd - Auf Leben und Tod - Eisbär jagdt Robbe
Die Jagd – Auf Leben und Tod – Eisbär jagt Robbe – © polyband Medien GmbH

Aufgrund der exzellenten Aufmachung ist diese Serie aber auch für Einsteiger geeignet.
Wer nach dieser Serie auf hochwertigen Nachschub hofft, kann beruhigt sein. Die Crew um Alastair Fothergill (Frozen Planet –Eisige Welten; Schimpansen; Unsere Erde – Der Film) und Attenborough hat schon das nächste Großprojekt in der Hinterhand: am 9. Oktober wurde der erste Trailer (https://www.youtube.com/watch?v=92bmDq2h92Q) zu „Planet Erde II“ veröffentlicht.

Bild:

Es erfüllt höchste Erwartungen und kann mit einer beachtlichen Schärfe und Klarheit überzeugen. Die wenigen krislig-unscharfen Szenen fallen nur dann auf, wenn man besonders auf sie achtet.

Ton:

Welche Mühe sich die Macher gegeben haben, erkennt man auch an der deutschen Fassung. Wo Freunde von Naturdokumentationen sonst mit einem 2.0-Format auskommen müssen, wurde der Serie ein – man höre und staune – DTS-HD-Master-7.1-Format spendiert. Der räumliche Klang und die Detailtiefe sind deshalb hervorragend.

Extras:

Das Bonusmaterial beginnt bereits in der Serie ab der siebten Folge. Dort stehen die „Retter der Raubtiere“ im Mittelpunkt, Tierforscher und –aktivisten, die Experten für einzelne Arten sind und diese mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu schützen versuchen. In der achten Episode „Das Abenteuer“ werden die Macher der Serie begleitet und erzählen von den Schwierigkeiten während der Produktion. Geduld und Beharrlichkeit waren die entscheidenden Faktoren für die grandiosen Bilder. Spätestens hier wird auch dem letzten Zuschauer klar, wie groß der Aufwand ist, der hinter einer so groß angelegten Serie steckt. Weitere Extras sind ein Special über Orcas (9:36 Minuten lang), eine Featurette (2:01) und eine Trailershow bereits erschienener Titel aus dem Sortiment von Polyband.

Blu-ray Wertung
  • 9.5/10
    Film - 9.5/10
  • 9/10
    Bild - 9/10
  • 9/10
    Ton - 9/10
  • 8/10
    Extras - 8/10
8.9/10

Kurzfassung

Die Serie besticht durch ihre differenzierte Herangehensweise, neuartige Aufnahmen, innovative Kameratechnik und exotische Landschaften.

Fazit:

Großartige Naturdokumentationsreihe, die selbst aus dem Portfolio von BBC Earth noch herausragt, weil der Aufwand erkennbar noch größer ist, die Zuschauer auf eine fantastische Weltreise mitgenommen werden und die Aufnahmen von Tieren, die man noch nie zuvor auf so intime Weise gesehen hat, noch beeindruckender sind. Ein Meisterwerk auf dem neusten Stand der Technik, das das Genre wie vor acht Jahren „Planet Erde“ revolutionieren dürfte.


von Stefan Bröhl

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