Demonic – Blu-ray Kritik zum Horrorstreifen von Neill Blomkamp

Demonic - Carly Pop
Demonic - Carly Pope ©

Die Kritik:

Oh Mann, was ist nur aus einer der größeren cineastischen Hoffnungen der letzten zehn Jahre geworden? Neill Blomkamp, der 2009 mit seinem Debüt „District 9“ einen waschechten Triumph inklusive diverser Oscar-Nominierungen landete, besann sich nun nach seinen großen Studio-Projekten „Elysium“ und „Chappie“ auf seine Low-Budget-Wurzeln zurück. Heraus gekommen ist leider der äußerst unausgegorene Horrorstreifen „Demonic“, der guten Gewissens als eine der größten Enttäuschungen des Jahres bezeichnet werden kann. Während der Pandemie in Blomkamps Wahlheimat Kanada entstanden, lässt dieser merkwürdige Genrehybrid fast alles vermissen, was einen guten Film ausmacht: „Demonic“ ist trotz gewisser technischer Ambitionen erstaunlich hölzern gespielt, flach und schlicht langweilig geraten. Noch schlimmer: manchmal erscheint der Film in seiner Machart fast schon amateurhaft.

Demonic - Blu-ray
Demonic – Blu-ray © Koch Films

Und da war doch die Hoffnung groß, dass sich Blomkamp nach seinen polarisierenden, aber durchaus unterschätzten und stilsicheren Hollywood-Ausflügen mit geringerem Budget kreativ austoben könnte. Doch „Demonic“ ist trotz guter Ansätze ein seltsam unsicherer Film, der selbst nicht an sich zu glauben scheint. In den ersten Minuten gelingt es Blomkamp durchaus noch ein gewisses Maß an Spannung aufzubauen, denn mit seiner recht geheimnisvollen Erzählweise lässt er den Zuschauer zunächst für eine Weile im Dunkeln tappen. Doch der Südafrikaner macht dann den großen Fehler, dass er sein Publikum schließlich nicht für seine Geduld belohnt.

Der Film handelt von der durch vergangene Ereignisse traumatisierten Carly (Carly Pope), die alleine und zurückgezogen lebt. Ihr einziger Kontakt ist ihre gute Freundin Sam (Kandyse McClure), die sie allerdings auch nur selten sieht. Im Hintergrund wabert stets die tragische Geschichte ihrer Mutter Angela (Nathalie Boltt), mit der Carly vor vielen Jahren jeden Kontakt abgebrochen hat. Als Carly jedoch von Albträumen mit ihrer Mutter geplagt wird und von ihrem ehemaligen Jugendfreund Martin (Chris William Martin) kontaktiert wird, reißen alte Wunden wieder auf: Martin macht auf das Pharmatechnologie-Unternehmen Therapol aufmerksam, das die komatöse Angela in ein experimentelles Programm aufgenommen hat. Angela leidet unter dem Locked-In-Syndrom, das trotz vollem Bewusstsein des Patienten jegliche Ausübung von Bewegungen verhindert. Therapol hat jedoch eine Technologie entwickelt, die es erlaubt sich via Virtual Reality-Simulation mit dem Patienten zu koppeln und so Kontakt aufzubauen. Carly entscheidet sich, das Angebot anzunehmen und einem Geheimnis auf die Spur zu kommen…

Demonic - Carly Pope
Demonic – Carly Pope © Koch Films

Dass „Demonic“ von dämonischer Besessenheit handelt, lässt der Titel schon erahnen. Man kann Blomkamp sicher auch nicht vorwerfen, dass es seiner Herangehensweise an Originalität mangelt, denn gerade in der Darstellung der VR-Simulation sorgt er für einigermaßen interessante und filmisch weitestgehend eigenständige Bilder. Das heißt allerdings noch lange nicht, dass sie gelungen sind, denn der Look erinnert nicht nur immer wieder an „Die Sims“, Carlys Durchwandern von Angelas Unterbewusstsein ist leider nur bedingt kreativ geraten und ödet schnell an. Hier hätte man sich enorme visuelle Möglichkeiten erhoffen können, gerade wenn man an Tarsem Singhs ähnlich gearteten und vor Kreativität berstenden „The Cell“ denkt. Doch Blomkamps monotone Computersimulation ist lediglich für einen Moment visuell eindrücklich, dann hat man gefühlt auch schon alles gesehen. Dass die Darstellung auch nicht viel weiter als in 90er Jahre-VR-Thrillern wie „Johnny Mnemonic“ oder „Virtuosity“ erscheint, macht die Sache nur noch enttäuschender.

Szene aus Demonic
Szene aus Demonic © Koch Films

In seinen ersten beiden Akten ist „Demonic“ dann leider auch ein überaus redseliger Film, dessen sehr rar gesäten Horrormomente kaum für Aufregung sorgen. Stattdessen generiert der Film überraschend schnell Langeweile und Desinteresse. Wäre der Film zumindest auf emotionaler bzw. erzählerischer Ebene involvierend, könnte man natürlich verschmerzen, dass Blomkamp scheinbar einfach kein Händchen für Horror hat. Viel mehr scheint es, dass der Science-Fiction-Experte hauptsächlich an den technologischen Aspekten der Story und Inszenierung interessiert ist. Das würde zumindest auch erklären, warum „Demonic“ derart hölzern daherkommt und man zu den spürbar schwach geführten Darstellern keinerlei Beziehung aufbaut, wodurch man entsprechend unberührt und gleichgültig bleibt. Insbesondere Carly bleibt trotz spürbarer Bemühungen von Carly Pope ein Fragezeichen, für das man kein notwendiges Identifikationpotential entwickelt. Das in die Länge gezogene Finale ist dann schließlich nicht nur oft albern und klischeebeladen, es führt auch schließlich zu keiner Auflösung, die auch nur den Hauch einer Überraschung bereithält. So muss man sich dann doch die Frage stellen, ob Blomkamp sein Mojo komplett verloren hat oder ob „Demonic“ nur ein heftiger Ausrutscher war.

Bild:

Der Look von „Demonic“ ist sehr klar und steril ausgefallen. Der auf Arri Alexa digital aufgezeichnete Film erscheint glatt und modern, dementsprechend bestechend zeigen sich die Schärfe- und Detailwerte. Farben sind natürlich, der Film kommt weitestgehend ohne Stilisierung im Grading aus. Kontraste und Schwarzwerte sind ebenfalls sehr gut, in manchen dunklen Szenen kommt es allerdings zu Bewegungsunschärfen, wodurch der Bildeindruck etwas matschig erscheint.

Ton:

Akustisch schöpft die Blu-ray aus dem Vollen. Hier werden akustische Feuerwerke abgebrannt, die den Zuschauer voll involvieren. Aus allen Ecken ertönen hier präzise platzierte Umgebungsgeräusche, die sich sehr lebhaft durch den Raum bewegen. Gepaart mit einer druckvollen wie dynamischen Umsetzung ist hier zumindest auf Soundebene eine starke Leistung vollbracht worden. Dialoge ertönen zudem glasklar und verständlich.

Extras:

Keine Frage, gerade für Filminteressierte bietet das Bonusmaterial viele Einblicke hinter die Kulissen einer ambitionierten Filmproduktion. In zahlreichen unkommentierten Behind the Scenes-Featurettes erhält man einen sehr guten Eindruck des Alltags am Set. Wer jedoch auch Unterhaltsames oder wirklich Hintergründiges erwartet, der wird ähnlich gelangweilt sein wie durch den Film selbst. Insbesondere eine halbstündige B-Roll auf den Multi-Kamera-Rig-Käfig, der die Darsteller aus zig Perspektiven für die Simulationsszenen fotografiert, ist mit einer halben Stunde Laufzeit schon sehr lang geraten. Ein echtes Making of, bei dem die Beteiligten auch zu Wort kommen, wäre hier das i-Tüpfelchen gewesen.

In diesem Fall sind auch nochmal die verschiedenen Trailer nennenswert, denn man muss schon länger zurückdenken, um einen ähnlichen Fall zu finden, bei dem der Graben zwischen Trailer und finalem Produkt ähnlich groß war.

  • IFC-Teaser (Firestarter) (00:29 Min.)
  • IFC-Teaser (SWAT) (00:25 Min.)
  • IFC-Teaser (Mom) (00:32 Min.)
  • Original Trailer 1 (02:11 Min.)
  • Original Trailer 2 (01:23 Min.)
  • 8mm Featurette (21:08 Min.)
  • Behind the Scenes – Creating a Horror Scene (02:52 Min.)
  • Behind the Scenes – Hospital (01:15 Min.)
  • Behind the Scenes – Virtual Reality World (01:08 Min.)
  • Behind the Scenes – VFX (31:16 Min.)
  • Behind the Scenes – Shooting on Location (Day) (03:05 Min.)
  • Behind the Scenes – Shooting on Location (Night (07:25 Min.)
  • Behind the Scenes – Wardrobe (01:00 Min.)
  • Trailershow
Blu-ray Wertung
  • 4/10
    Film - 4/10
  • 8.5/10
    Bild - 8.5/10
  • 9.5/10
    Ton - 9.5/10
  • 6/10
    Extras - 6/10
7/10

Kurzfassung

Enttäuschendes Fiasko.

Fazit:

Leider entpuppt sich „Demonic“ als fast auf ganzer Linie enttäuschendes Fiasko. Nicht nur ist der Film hölzern gespielt und inszenatorisch flach, er generiert leider überhaupt keine Spannung und langweilt schnell. „District 9“-Macher Neill Blomkamp hat mit Ausnahme weniger Momente sein Gespür für wirkungsvolle filmische Momente verloren und hat zudem auch scheinbar kein Händchen für wirkungsvollen Horror.


von Florian Hoffmann

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. (Kommentar wird erst geprüft)


*