Blu-ray Kritik zum Film Crash (im neuen limitierten Mediabook)

Crash von 1996 wurde neu und aufwändig restauriert
Crash von 1996 wurde neu und aufwändig restauriert © Turbine Medien

Die Kritik:

Crash – limitiertes Mediabook Modern © Turbine Medien

Der 1996 erschienene Skandalfilm “Crash” basiert auf dem gleichnamigen Roman von James Graham Ballards aus dem Jahre 1973. Regisseur David Cronenberg galt schon vorher als Exzentriker, aber in diesem Werk gipfelte die Perversion. Der Film löste nach seiner Ausstrahlung nicht nur in Großbritannien extreme Diskussionen aus. Auf den Festivals wie bei den Filmfestspielen in Cannes (wo es sogar einen Spezialpreis für gab) kam das Erotikdrama gut an. Für den gemeinen Zuschauer war der Film aber zumindest damals nichts und so floppte er an den Kinokassen. Damit erreichte “Crash” einen kleinen Kultstatus, was zur Wieder-Veröffentlichung am 22.05.2020 kam. Ab dann kann man Cronenbergs abnormes Spiel im Mediabook inkl. ausführlichen Booklet und jeder Menge Extras bestaunen.

Inhalt: James (James Spader) und Catherine (Deborah Kara Unger) sind verheiratet, aber öden sich gegenseitig an. Wenn überhaupt scheinen sie sich nur noch für den Körper des anderen zu interessieren. Andere Dialoge führen sie zumindest kaum. Eines Tages verursacht James einen Autounfall, bei dem ein Mann stirbt. Dessen Frau (Holly Hunter) überlebt. Zunächst scheint sie verständlicherweise nur Hass für James zu empfinden. Da aber auch sie sich als arg emotionsloser und triebgesteuerter Mensch entpuppt, kommen die beiden zusammen. Der entfachte Auto- bzw. Unfallfetisch treibt beide in eine fragwürdige Kommune um Vaughan (Elias Koteas), die dieselben Vorlieben besitzen…

Frauen und Autos: Zwei Männerträume, höchst befremdlich miteinander verwoben und das auf eine ziemlich unerotische, weil abartige Art und Weise. „Crash“ ist kein wirklicher Exploitationfilm geworden. Trash trifft es (trotz des ähnlichen Titels) genauso wenig – zu gut sind die Schauspieler, die gesamte Szenerie und der kreative Ansatz. Auffallend ist die fast schon zärtliche Kamera, die die Unfallautos oder Sexszenen einfängt. Diesen bald 25 Jahre alten Film einzuordnen, fällt definitiv schwer.

Crash: Deborah Kara Unger
Crash: Deborah Kara Unger © Turbine Medien

So weit hergeholt das Ganze anmuten mag: Den dargestellten sexuellen Fetisch – das Betrachten von Unfällen, bei denen Personen zu Schaden kamen – gibt es tatsächlich. Ballard und Cronenberg nutzen ihn als Metapher. Nur für was genau? Wenn die Protagonisten einen Körperkult aus ihren Verletzungen machen würden und mehr die Selbstverstümmelung zelebrieren würden, ergäbe das irgendwie einen Sinn. Oder aber wenn die nach den Crashs erlangten Prothesen als Mittel zur Optimierung des menschlichen Körpers dienen würden. Diese Themen werden aber nur am Rande behandelt.

Vor allem bebildert der Film aber schlicht die kaputten Menschen mit ihren zerstörten Beziehungen. Das Leben ergibt für die Figuren nur noch in Extremsituationen einen Sinn, auch der Sex wird darauf ausgelegt. Die Vereinigung von Mensch und Maschine ist dabei gar nicht mal so weit hergeholt, führt man sich vor Augen, dass zumindest in der Vergangenheit Autos an (Frauen-)Körper angeglichen worden sein sollen. Vielleicht macht sich Cronenberg aber einfach nur über die Gesellschaft lustig, die ihre Autos mehr lieben als ihre Partner. So oder so: Wenn Cronenberg bei „Crash“ von einem hoffnungsvollen Film spricht, kann man eigentlich nur den Kopf schütteln.

Bild:

Das Bild wurde ganz hervorragend aufgearbeitet. Neben der Full HD Premiere (auf Blu-ray) gibt es außerdem eine 4K-Version. Letztere lag unserem Rezensionsexemplar nicht bei. Wenn diese aber – wie zu erwarten ist – noch besser als die Blu-ray ist, kann man vor der Aufbereitungsarbeit des Films von 1996 nur den Hut ziehen. Im Booklet wird auf einer ganzen Seite die interessante Bild-Restaurierung behandelt.

Ton:

Dem Ton merkt man teils etwas mehr sein Alter an, aber da meckert man schon auf hohem Niveau. Die Dialoge im Film enthalten alles zwischen Tiefgründigkeit und hochpoliertem Non-Sense. Der metallische Soundtrack reiht sich wunderbar in die Thematik mit ein.

Extras:

Das Bonusmaterial ist wahnsinnig umfangreich. Da hätten wir einmal das 40-seitiges Booklet mit jeder Menge interessanter Infos und dem zugegeben sehr coolen Artwork. Noch detaillierter fällt das digitale Bonusmaterial abseits der Trailer (dem normalen sowie dem US-NC-17-Trailer) aus. Dieses umfasst alte sowie viele, ganz neue Interviews, einen Blick hinter die  Kulissen sowie drei Kurzfilme von David Cronenberg.

Blu-ray Wertung
  • 6/10
    Film - 6/10
  • 9/10
    Bild - 9/10
  • 7/10
    Ton - 7/10
  • 8/10
    Extras - 8/10
7/10

Kurzfassung

Über Kunst lässt sich streiten.

Fazit:

„Crash“ ist einer der Skandalfilme, die einen kleinen Kultstatus erreicht haben und deshalb neu in einem aufwändig restaurierten Bild und prächtigem Mediabook veröffentlicht werden. Um den Anspruch hinter dem verstörenden Erotikdrama zu entdecken, muss man schon sehr willens sein, danach zu suchen.


von Nicolas Wenger

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