Contra – DVD Kritik: Besser als das Original

Contra: Naima (Nilam Farooq) und Mentors Prof. Dr. Richard Pohl (Christoph Maria Herbst)
Contra: Naima (Nilam Farooq) und Mentors Prof. Dr. Richard Pohl (Christoph Maria Herbst) © Constantin Film

Die Kritik:

Der deutsche Film hat keine Ideen mehr. Der deutsche Film nimmt sich mittlerweile nur noch andere Filme aus dem Ausland und dreht diese für das deutsche Publikum erneut – oder wie Sönke Wortmann, der Regisseur von „Contra“ wahrscheinlich sagen würde, „erfindet sie neu“. Ein Land welches hierfür geradezu grotesk häufig als nicht lernfauler Sitznachbar zum Abschreiben genommen wird, ist Frankreich. Deren Mainstream-Filme zeichnen sich aus durch einen deutlich mehr auf Herkunft, Rassismus und Sexismus fußenden Humor, welcher – da ja dauernd kopiert wird – nunmehr auch im deutschen Kino seinen Platz einnimmt. In diesem Fall bedient sich Wortmann, dem das Schema des Kopierens nicht fremd ist – am französischen Film „Die brillante Mademoiselle Naila“.

Es geht um Naima Hamid, welche als Studentin mit marokkanischen Migrationshintergrund zu spät in eine Juravorlesung kommt. Der Dozent, Professor Richard Pohl, ist ein alter, weißer Mann, der sich gerne selbst reden hört und außerdem ist er ein astreiner Rassist. Deshalb macht er Naima vor versammeltem Hörsaal und auf ihren Migrationshintergrund bezogen zur Schnecke. Zum Glück landet ein Video von diesem Vorfall im Internet. Um seinen Kopf aus der Schlinge des Disziplinarausschusses zu ziehen, trainiert er deshalb Naima für das interuniversitäre Debattierturnier. Es kommt wie es kommen muss und beide können voneinander lernen…

Contra: Naima (Nilam Farooq)
Contra: Naima (Nilam Farooq) © Constantin Film

Ich bin mit allerhand Skepsis an diesen Film gegangen. Das französische Original fand ich plump, rassistisch und beleidigend. Doch Wortmann schafft es, wie bereits bei seinen anderen „kopierten“ Werken, den Film etwas aufzubessern. Natürlich hangelt der Film sich an der klassischen Handlungsstruktur entlang. Nichts kommt überraschend, nichts ist das Alleinstellungsmerkmal des Films. Auch der Wandel des Rassisten zum offenherzigen, verständnisvollen Mentor ist kein Wandel, sondern ein Schalter, der plötzlich einfach umgelegt ist. Aber der Film hat zwei Komponenten, die ihn ungemein aufwerten: Nilam Farooq und Christoph Maria Herbst. Farooq, die bis jetzt mit unter anderem „Verpiss dich, Schneewittchen“ und „Rate Your Date“ eher maue Filme gemacht hat, schafft den Spagat zwischen urbaner Unterschicht und intellektueller Sprechweise im Schlaf, auch wenn das an manchen Stellen grauenvoll geschriebene Drehbuch alles tut, um die urbane Seite so klischeebehaftet wie möglich zu gestalten. Das war ‚voll daneben voll‘. Christoph Maria Herbst ist immer großartig und auch hier muss er nur anfangen zu sprechen und seine Stimme tut den Rest. Auch wenn man ihn aus vielen lustigen Rollen, wie etwa die des Bernd Stromberg kennt, nimmt man ihn das rassistische A****loch in jeder Sekunde ab.

Wie bereits erwähnt ist nur das große Problem, dass er am Anfang eben dieser Rassist ist und plötzlich ist er es einfach nicht mehr. Es fehlt die Erkenntnis. Man sieht lediglich das Ergebnis. Dafür haben wir berührende Szenen in denen getanzt, gelacht und geweint wird. Dafür kann ich als weißer Mann vielleicht einmal einen Schimmer darauf erhaschen wie es sein muss den ganzen Tag mit Vorurteilen und diskriminierenden Bemerkungen konfrontiert zu werden. Denn das macht der Film großartig. Es fallen hier und da immer wieder kleinere Bemerkungen bei dem das Herz einen Moment aussetzt und man fast geschockt denken muss ‚Das hat sie jetzt nicht gesagt‘, ‚So kalt kann niemand sein‘.

Lehrer und Schülerin: Naima (Nilam Farooq, r.) folgt konzentriert den Ratschlägen ihres Mentors Prof. Dr. Richard Pohl (Christoph Maria Herbst, l.).
Lehrer und Schülerin: Naima (Nilam Farooq, r.) folgt konzentriert den Ratschlägen ihres Mentors Prof. Dr. Richard Pohl (Christoph Maria Herbst, l.). © Constantin Film Verleih GmbH

Bild:

Mit einer 720p-Auflösung kommt man heutzutage nicht mehr allzu weit. Die Blu-ray mit 1080p ist hier sicherlich die bessere Wahl.

Ton:

Der Film ist im deutschen Original und als Hörfilmfassung verfügbar im Tonformat DD 2.0 und DD 5.1. Das ist vollkommen in Ordnung.

Extras:

Die Extras begrenzen sich auf zwei kurze Portraits der Charaktere, ein Musikvideo und ein kurzes Making-Of zum Musikvideo. Das ist sehr schade.

DVD Wertung
  • 7/10
    Film - 7/10
  • 6/10
    Bild - 6/10
  • 7/10
    Ton - 7/10
  • 4/10
    Extras - 4/10
6/10

Fazit:

„Contra“ ist kein großartiges Werk und eine blanke Kopie. Aber solche Filme tragen dazu bei, dass sich das deutsche Mainstream-Kino langsam ändert und nicht nur aus dem klassischen Schweiger-Schweighöfer-Schund besteht. Die Darstellenden spielen sehr, sehr gut und können dadurch den Film auf ihren Schultern tragen. Auch wenn man hier nichts außergewöhnliches serviert bekommt, darf man trotzdem gerne einen Blick hineinwerfen in die Spalten der Gesellschaft. Es ist sicherlich keine verlorene Zeit.


von Jan Welsch

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