11.22.63 – Der Anschlag – Blu-ray Kritik: Schwungvolle Mini-Serie

Ist Lee Harvey Oswald (Daniel Webber) wirklich der Attentäter
Ist Lee Harvey Oswald (Daniel Webber) wirklich der Attentäter? © Warner Bros.

Die Kritik:

11.22.63 Der Anschlag (Staffel 1) Blu-ray Cover
„11.22.63 Der Anschlag (Staffel 1)“ Blu-ray Cover © Warner Bros.

Seit dem 17.11.2016 läuft Stephen Kings Romanverfilmung „11.22.63 – Der Anschlag“ auf Blu-ray. In Deutschland war die Serie zuvor nur Pay-TV Zahlern vorbehalten. Die Episoden wurden auf acht Stück und 439 Minuten beschränkt, woraus eine schwungvolle, kurzweilige und abgeschlossene Mini-Serie entstand.

Genauso wenig wie der Roman des King of Horrors kein Horror-Roman ist, wurde auch die Verfilmung keine Horror-Serie und die Grundthematik wurde gleichartig aus der Romanvorlage adaptiert. Jake Epping  (James Franco) ist Englischlehrer und erlebt gerade nicht seine beste Zeit. Da überrascht ihn eines Tages sein Freund Al Templeton (Chris Cooper) und zeigt ihm etwas Unglaubliches. Er lässt Jake ohne Vorwarnung in sein unsichtbares Zeitportal hinter seinem Schnellimbiss laufen. Nach einiger Überzeugungsarbeit glaubt Jake ihm, dass er damit tatsächlich ins Jahr 1960 gereist und wieder zurückgekommen ist. Und Al hat ein Ziel: Den Präsidenten John F. Kennedy zu retten. Da es um seine eigene Gesundheit nicht allzu gut bestellt ist, möchte er seinem Freund diese Herausforderung anvertrauen. Mit jede Menge Insider Infos ausgestattet (Al ist selber des Öfteren in die Vergangenheit gereist, doch kam nie bis zum Ziel), nimmt sich der Englischlehrer schließlich dieser Herkules Aufgabe an. Neben seinen falschen Papieren (ab jetzt nennt er sich Jake Amberson) muss er nun auch eine neue Identität aufbauen.

Der 60er Jahre Look stimmt in 11.22.63
Der 60er Jahre Look stimmt © Warner Bros.

Die erste Folge besitzt fast Spielfilmlänge und geht ohne langem Fackeln gut los. Mit der Warnung, dass die Vergangenheit nicht geändert werden will, kommt auch gleich ein schöner Grusel-Faktor auf. Denn die Vergangenheit taucht in Form verschiedener Personen auf und sagt ihm, dass Jake verschwinden solle. Da er dies nicht tut, geht sie bald weniger freundlich auf ihn los. Und hier tut sich (nebst einigen typischen Zeitreise Ungereimtheiten wie das Ende) gleich ein größeres Problem auf, dass anfangs noch gut umschifft wird, aber später größer wird: Denn Jake wirkt so klein im Kampf gegen die mächtige Vergangenheit, die mitunter Personen, Dinge und eigentlich auch die Geschichte steuern kann. Dagegen wirkt die vergleichende Redewendung „David gegen Goliath“ noch ziemlich untertrieben, weshalb sich die Vergangenheit etwas wenig zu wehren scheint.

Jake Epping (James Franco) und Sady (Sarah Gadon) tanzen in 11.22.63
Jake Epping (James Franco) und Sady (Sarah Gadon) tanzen © Warner Bros.

Unter anderem deshalb kann die Mini-Serie vor allem zu Beginn ihre Stärken ausspielen. Den angesprochenen Gruselfaktor begleitet auch eine Prise Comedy, die das Zeitreisen nun mal mit sich bringt, und macht die ganze Sache sehr rund. Leider schafft es die Serie nicht, diese beiden Aspekte aufrecht zu erhalten. Sie verliert zunehmend an Mystik, ebenso schwindet der Humor. Die Liebesstory mit der bezaubernden Sady (Sarah Gadon) ist zwar auf seine eigene Art spannend, aber nimmt der Story auch etwas den Drive. Daneben entwickelt sich die Geschichte mehr und mehr zu einem Spionagethriller, was den anfänglichen tollen Science-Fiction Momenten mit Horroreinflüssen die Tür vor der Nase zuschlägt.

Aber zurück zu den positiven Dingen: James Franco spielt sehr authentisch den Otto-Normalverbraucher, der bei Stephen King häufig den Protagonisten gibt und Lehrer bzw. Autor ist (wie der King des Horrors ebenfalls). Handgebackene Helden gibt es da eher selten. Emotionen, Gefühlsausbrüche und Zweifel an seinem Vorhaben machen es dem Zuschauer einfach, sich mit Jake zu identifizieren. Denn parallel mit den Problemen, denen er sich entgegensieht, kommen dem selbstlosen Mann Fragen auf: Wie wichtig ist es Kennedy zu retten? Das ist zwar das ausgeschriebene Ziel, aber wie weit soll man dafür gehen? Und woher weiß man, dass die neue Zukunft dadurch besser wird?

Wie bereits erwähnt, ist „11.22.63“ eine abgeschlossene Serie. Das ist insofern erfrischend zu wissen, als dass der ersten Staffel nicht verkrampft weitere Staffeln folgen. Um den Vergleich zu einer Stephen King Serienverfilmung zu schaffen, sei hier „Under the Dome“ genannt, die nach der guten ersten Staffel nicht nur abstruser wurde, sondern sich auch immer weiter von der Vorlage entfernte.

Kann man die Vergangenheit aufhalten in 11.22.63
Kann man die Vergangenheit aufhalten? © Warner Bros.

Bild:

Das Aufleben der 60er Jahre wird schön dargestellt. Farben und Umrisse sind meistens scharf, doch das Bild ist im Hintergrund ab und an verschwommen bisweilen sogar verzerrt.

Ton:

Am Ton gibt es bei der Blu-ray nichts auszusetzen. Man kann die acht Folgen entspannt auf einem Lautstärke-Level durchhören ohne, dass die lauteren Actionszenen dem Trommelfell schaden würden. Auch die Titelmelodie gefällt.

Extras:

Das Bonusmaterial beschränkt sich auf eine 15-minütiges Making of mit dem Namen „When the Future Fights Back“. Neben Stephen King und J.J. Abrams kommen noch ein paar weitere Mitwirkende zu Wort. Im Hintergrund laufen  paar Szenen der Serie. Ganz interessant sind die Easter Eggs zu einigen von Kings anderen Romanen, die man sicher nicht alle selbst entdeckt hat.

Blu-ray Wertung
  • 8.5/10
    Film - 8.5/10
  • 7/10
    Bild - 7/10
  • 10/10
    Ton - 10/10
  • 4/10
    Extras - 4/10
7.4/10

Kurzfassung

Spannende Mini-Serie, die schnell mitzureißen weiß und nach kleineren Durchhängern immer wieder überraschen kann.

Fazit:

Die Verfilmung von Stephen Kings „Der Anschlag“ (an der er selber neben J.J. Abrams mitwirkte) ist äußerst gelungen. Mit geringen Abweichungen werden die gut 1000 Seiten auf 439 Minuten herunter gebrochen. Dabei kann vor allem der Beginn überzeugen, während die Mitte teils etwas durchhängt und der Schluss in seinen besten Momenten an „The Green Mile“ erinnert.


von Nicolas Wenger

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