Pinocchio – Filmkritik zur Neuauflage bei Disney+

Pinocchio - Artwork
Pinocchio - Artwork © Disney

Robert Zemeckis und Tom Hanks haben schon das ein oder andere Mal zusammengearbeitet. Ihre bekanntesten Kooperationen sind dabei ganz klar „Der Polarexpress“ und „Forrest Gump“.


Aber Zemeckis kennt man auch durch die „Zurück in die Zukunft“ Teile und den sehr schönen Familienfilm „Real Steel“ und nun kommen die beiden wieder zurück. Dazu kommt ebenso noch Disney… Was kann da also schon schieflaufen? Leider ziemlich viel! Der neue Pinocchio kam am Disney+ Day 2022 heraus und stellte das größte Highlight dar. Der Tag war Donnerstag, der 08.09.2022 und der alte Disney-Klassiker erschien im Jahre 1940. Er war nur einer von vielen, denn die Geschichte wurde schon oft verfilmt, unter anderem 1911 von Guilio Antanmoro, mit Handpuppen 1959 oder vom ZDF 1976 und mehr. Das Originalbuch erschien 1883, danach folgten dutzende Versionen. Bei all dem ist aber stets Meister Geppetto der Vater der Holzpuppe gewesen, er ist ein Junge geblieben, wurde durch die Magie von der blauen Fee lebendig und ihm hat immer wieder Jimminy Grille geholfen. Er kommt aus der Toskana und heißt auf Italienisch „Le avventure di un burattino„. Seine lange Nase entsteht, wenn er nicht die Wahrheit sagt, wenn er aber sagen würde „Meine Nase wächst gerade“, passiert erstmal nichts. Es sei denn, er hat davor gelogen. Er passt aber noch genug auf sich auf, hätte er das nicht getan, wäre er wie die anderen Kinder zum Esel geworden. Diese verwandeln sich auf der Vergnügungsinsel zu diesem Tier, weil sie immer mehr wollen, sich an keine Regeln halten und verrückt spielen.

Pinocchio und Gepetto (Tom Hanks)
Pinocchio und Gepetto (Tom Hanks) © Disney

Diese Dinge sind gleich geblieben, aber dieser Film hat einige neue Dinge. Er geht mit 105 Minuten 22 Minuten länger als der Klassiker und wurde neben Zemeckis auch von Chris Weitz geschrieben. Von ihm kommen auch die Drehbücher zu „Twilight“ und „Der goldene Kompass“. Die Entwicklung des Films begann bereits 2015. Damals aber noch mit den Regisseuren Sam Mendes („1917“) und Paul King („Paddington“). Als diese ausstiegen, fiel die Wahl auf Zemeckis und dieser hatte durch die beiden Werke Connections zu Hanks und konnte ihn überzeugen. Die Musik stammt von Alan Silvestri. Dieser muss ebenfalls ein Freund von Zemeckis sein, denn er hat schon oft Musik zu seinen Filmen gemacht. Kein Wunder also, dass sie auch hier wieder zusammen arbeiten. Im Kern geht es hier um Geppetto. Er hat sich schon immer einen kleinen Jungen gewünscht. So baut er sich einen aus Holz und es wäre sein größter Wunsch, dass er lebendig und ein echter Junge werden würde. Doch er macht sich keine Hoffnung, hat aber Glück und es passiert tatsächlich. Es erscheint eine Fee, die Pinocchio lebendig macht. Nur als Holzpuppe weiß er nicht, was richtig oder falsch ist. Aus diesem Grund macht sie zudem eine oberlachlose Grille zu seinem guten Gewissen. Geppetto ist außer sich vor Freude und so „wächst der Junge heran“ und soll in die Schule gehen. Das ist aber nicht so wie erhofft und böse Mächte haben es auf diesen besonderen Jungen abgesehen. Wird er Vertrauen, Liebe, Zuversicht, Vernunft und das Böse lernen oder schon an seinem ersten Tag enden?

Die erste Stärke ist Tom Hanks. Er hat immer wieder eine gewisse Ausstrahlung und die präsentiert er auch hier wieder. Zugleich ist es schön, dass Geppetto weiter ausgebaut wird und man den Grund erfährt, wieso er diesen Jungen will und wo seine Frau ist. Das hätte zwar noch mehr sein dürfen, doch es ist schön, dass es überhaupt benannt wurde. Tatsächlich ist das aber alles. Die Schwächen beginnen zunächst mit den Animationen. Disney hat einst das Kino dominiert und man wusste, wenn der Name drauf steht, steckt hohe Qualität dahinter. Die Animationen sind super und man findet nichts zu bemängeln, aber in den letzten 2-3 Jahren (Quasi seitdem es Disney+ gibt) wollen sie zu viel und pressen einfach nur noch Masse raus um Content zu haben, nicht weil sie da wirklich hinter stehen und das merkt man. Disney hat ihre Qualität verloren, können nur von Glück reden, dass sich ihr Name weiterhin verkauft und die Menschen in die Filme strömen. Wenn man nur nach der Qualität der einzelnden Werke gehen würde, hätten sie in den 24 Monaten fast nichts eingenommen. Die animierten Tiere sehen hier nicht gut aus und ihre Stimmen wirken auch einfach nur drüber gesprochen, ohne dass es sich wie eins anfühlt. Sie passen nicht in den Hintergrund und spiegeln genau das Problem vieler aktuellen Werke des Studios wider.

Pinocchio lebt
Pinocchio lebt © Disney

Doch die schlechteste animierte Figur ist tatsächlich Pinocchio selbst. Er sieht nicht nur furchtbar aus, sondern mit ihm steht und fällt hier auch alles und dafür müsste er wenigstens irgendwelche Gefühle zeigen können oder dem Konsumenten Ankerpunkte geben, doch die existieren nicht. So ist er recht blass und ausdrucksarm. Man schaut dieser Figur zu, aber interessiert sich für nichts bei ihr. Dieses Problem ist aber auch an anderen Stellen des Werkes so. Er spricht es immer wieder an, aber er schafft es nicht, es auch spürbar zu machen. Das ist die zweite Schwäche. Neben dem furchtbaren Look gibt es hier auch keine Emotionen oder ein Herz. Es ist alles neutral und man fragt sie anschließend, wieso man dieses Werk jetzt gebraucht hätte und findet darauf keine Antwort. Der Film geht länger als das Original, spricht Bestimmtes kurz an, doch lässt so viele Möglichkeiten ungenutzt. Es wäre schöner gewesen, hätte man noch mehr mit Fuchs und Katze gemacht, hätte man die Esel am Ende vielleicht doch noch gerettet und hätte man den Abschluss nicht so abrupt enden lassen. Zudem versucht man hier in der alten Zeit zu schwelgen und es auch zeitgemäß umzusetzen. Es gibt es die Spieluhren wegen einer Familiengeschichte von Geppetto. Umso trauriger ist dann aber mit anzusehen, dass man hier auf Easter Eggs zurückgreift und Uhren erschafft hat, die man niemals aus dieser Hintergrundgeschichte erbauen würde, und außerdem passen sie auch überhaupt nicht in diese Zeit und sind nur für die Fans gemacht. Das kann zwar den ein oder anderen erfreuen, aber passt nicht zu dem, was sie sein sollen. Auch die echten Schauspieler können bis auf wenige Ausnahmen gar nichts und Luke Evans ist für seine Rolle auch die goldene Himberre 2023 mehr als sicher.

So ist das ein Werk, das zwar von Tom Hanks etwas angehoben wird, aber er rettet hier auch nichts. Es bleibt ein von der Verpackung her okayer Streifen, den niemand gebraucht hätte, der von den Animationen nicht überzeugen konnte und wo auch die Darsteller unterirdisch sind. Ich hatte mich auf den Film gefreut, musste aber schnell feststellen, dass das sogar das sonstige „Content“ von Disney+ unterbietet.

Filmwertung
2/10
von Peter Brauer

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