Max und die wilde 7 – Interview mit Uschi Glas

Uschi Glas in der Rolle der Vera, eine der berüchtigten Senioren am Tisch Nr. 7. @ Leonine

Uschi Glas zählt zu den bekanntesten Schauspielerinnen Deutschlands. Ihre erste kleine Filmrolle hatte sie 1965 in Horst Wendlandts Edgar-Wallace-Krimi „Der unheimliche Mönch“. Deutschlandweit bekannt wurde sie als Indianerin in der Karl-May-Verfilmung „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“ (1966). Es folgten Rollen in den Komödien „Zur Sache Schätzchen“ und „Die Lümmel von der ersten Bank“. Mitte der Siebzigerjahre wechselte Uschi Glas verstärkt zum Fernsehen: Sie war in Erfolgsserien zu sehen wie „Der Kommissar“ oder „Derrick“ und stand im Mittelpunkt u. a. in „Unsere schönsten Jahre“, „Zwei Münchner in Hamburg“, „Anna Maria – Eine Frau geht ihren Weg“ und „Sylvia – Eine Klasse für sich“. Ihr großes Kino-Comeback feierte sie als Lehrerin Ingrid Leimbach-Knorr in der Erfolgsreihe „Fack Ju Göthe“. In der Kinderbuchverfilmung „Max und die wilde 7“ spielt sie Vera Hasselberg. Im Interview sprach sie mit Redakteuerin Sandy Kolbuch über ihre Rolle.


Guten Tag Frau Glas. Es ist mir eine Freude, mit Ihnen telefonieren zu dürfen.

Ganz meinerseits.

Deutsche Kinderfilme neigen gerne zu überspitztem Schauspiel. „Max und die wilde 7“ kommt ohne übertriebene Komik aus. Woran liegt es ihrer Meinung nach, dass dieser Film sich positiv von anderen des Genres abhebt und auch erwachsenen Zuschauern Freude bereitet?

Man darf einen Kinderfilm nicht wie einen Kinderfilm erzählen, sondern eine ernsthafte Story schaffen. Man muss es ernst nehmen. Ich sehe ganz oft, dass Kinderfilme albern gemacht werden oder überzogen, weil man Angst hat, dass die Kinder den Film ansonsten nicht verstehen oder lachen können. Lisa und Winnie haben hingegen bereits beim Schreiben klar gemacht, dass es ernst sein soll. Ich hätte die Vera auch nicht albern spielen wollen. Ich spiele sie so ernst, wie ich kann und wie ich sie empfinde.

Dies kommt dem Film auch sehr positiv zu Gute.

Vera und Max freunden sich an.

Kannten Sie die Buchreihe von Lisa-Marie Dickreiter und Winfried Oelsner bevor Sie das Drehbuch gelesen haben?

Ja, ich kannte die Buchreihe. Als die beiden auf mich zukamen und mir eine Rolle angeboten haben, habe ich mich sehr gefreut, weil ich die Bücher sehr lässig geschrieben finde. Ich habe mich auf das Treffen gefreut. Als die zwei sich an mich herangepirscht haben und fragten, ob sie Zitate meines Lebens verwenden können, fand ich die Idee mit der Selbstironie gar nicht schlecht. Zuschauer, die meine Filme kennen, werden bei diesen Szenen schmunzeln. Und für jene, die es nicht wissen, passt es dennoch gut.

Sie spielen Schauspielerin Vera, die sich selbst als alte Schachtel bezeichnet, die mit dem E-Bike den Berg erklimmt und keinem Abenteuer abgeneigt ist. Was hat sie an der Rolle gereizt?

Es stand von Beginn an fest, dass ich die Vera spielen werde. Gemeinsam haben wir darüber nachgedacht, wie man sie spielen. Seit vielen Jahren verehre ich Iris Apfel (Anmerkung der Redaktion: US-amerikanische Geschäftsfrau, Innenarchitektin und Modeikone), die bereits 98 Jahre alt ist und immer diese großen Brillen trägt. Ich habe dem Filmteam mitgeteilt, dass ich gerne heimlich meine große Verehrung zu Iris Apfel mit der Verkörperung der Vera darbringen möchte. Mit meiner riesigen Brille kann ich den Humor dieser Figur unterstreichen. Ich denke dadurch wird die Vera ganz gut in Szene gesetzt.

Auf seinem Heimweg lernt Max Vera kennen, die ebenfalls auf Burg Geroldseck wohnt.

Vera erinnert mehrfach an ihre große Rolle der Apanatschi aus Winnetou, die sie selbst 1966 gespielt haben. War dies Ihre Idee und wenn ja, warum gerade diese Rolle?

Lisa wollte unbedingt Verweise auf Apanatschi zeigen. Ich dachte mir nur, alles klar, es war meine erste Hauptrolle. Aber es ist wirklich erstaunlich. Wenn ich Autogrammpost bekomme, legen ganz viele Leute, auch Kinder, Bilder von Apanatschi bei, die sie unterschrieben haben wollen. Im Nachhinein wundert es mich immer wieder, wo die Menschen all diese vielen Bilder von meiner ersten Rolle her haben und warum sie gerade diese Rolle so gut kennen.

Ich kenne sie noch aus „Immer Ärger mit den Paukern“ und die „Lümmel von der ersten Bank“ und habe später TV-Serien wie „Zwei Münchner in Hamburg“, „Ein Schloss am Wörthersee“ und „Anna Marie – Eine Frau geht ihren Weg“ sehr gemocht. In den letzten Jahren sind sie den meisten Kinobesuchern vermutlich vor allem durch die Rolle der überforderten Lehrerin in den „Fack ju Göthe“-Filmen im Gedächtnis geblieben.

Ja, dass stimmt. Da kann ich auch ein sehr gutes Beispiel nennen. Gemeinsam mit anderen habe ich den Verein „Brotzeit“ gegründet, der sich um benachteiligte Kinder in Brennpunktschulen kümmert und diese mit einem täglichen Frühstück versorgt. Über 10 Jahren haben wir bis zum Shutdown über 11.000 Kinder täglich in ganz Deutschland versorgt. Wenn ich zu diesen Schulen kam und dort in den Klassen vorgestellt wurde, sagten die Kinder immer „Danke schön, Frau Glas“. Nach „Fack Ju Göthe“ sah ich schon an den Augen der Kinder, dass sie mich erkannten. Also habe ich mich dann immer mit meinem Rollennamen Ingrid Leimbach-Knorr vorgestellt, worüber sich die Kinder immer total gefreut haben. Ich bin für die Kinder dadurch immer eine Art Ereignis.

Langsam scheinen sich Kilian, Vera, Horst und Max aneinander zu gewöhnen.

Was muss eine Rolle besitzen, damit Sie interessiert daran sind?

Es muss mich irgendwie packen. Ich bin über 50 Jahre Schauspielerin und während dieser Zeit gab es viele Rollen, wo ich gesagt habe, dass ich diese nicht spielen werde. Weil sie mir entweder zu blöd waren oder weil es nicht nachvollziehbare Szenen gab und ich einfach keinen Zugang zu der Rolle finden konnte. Ich habe viel abgelehnt. Ich muss mir beim Lesen die Rolle vorstellen können. Ich will sie nicht nur spielen, sondern auch sein. Wenn ich in die Rolle der Vera schlüpfe, dann bin ich zu dieser Zeit auch wirklich Vera. Ich will nichts auswendig lernen und einfach nur aufsagen, sondern die Rolle leben und die Worte ganz natürlich fließen lassen.

Im Film wird ein Altersheim als Haupthandlungsort genutzt, das sich jedoch von den gängigen Klischees abhebt und sogar über Internet verfügt. Wie wichtig fanden Sie es, diesen „Horror“ in einem neuen Licht zu präsentieren?

Genau. Jochen Vogel und seine Frau zum Beispiel sind in ein Altersheim gezogen, als sie beide noch total gesund waren. Sie wollten versorgt sein, aber dennoch ihre Freiheit genießen. Wenn man das Glück hat, in solch einer Residenz seinen Lebensabend zu verbringen, hat man es wirklich nicht schlecht getroffen. Diese Szenen, dass man alleine in einer Ecke steht, wird einem aber überall vorerzählt.

Vera möchte Max helfen, dass Schwarze Ass zu finden.

Max muss lernen, dass Vorurteile nicht immer wahr sein müssen. Welches ist für sie die ausschlaggebende Botschaft des Films?

Erstens, dass die erste und die dritte Generation sehr gut zusammenpassen. Und zweitens, dass man mit Kindern und Jugendlichen auf Augenhöhe sprechen muss. Man muss nicht immer seine Weisheiten kundtun. Die drei Alten im Film vermitteln, dass sie Max als vollwertigen Mitbewohner wahrnehmen. Ich denke, dies ist für die Kinder wichtig zu sehen, um sie zum Nachdenken anzuregen.

Wie wichtig ist Ihnen privat der Umgang mit der jüngeren Generation?

Mir ist es sehr wichtig, weil ich Menschen liebe. Wenn ich am Set oder in den Schulen auf Kinder und Jugendliche treffe, unterhalte ich mich sehr gerne mit ihnen. Ich kann gut mit ihnen diskutieren und kann ihnen schnell die Scheu vor meiner Person nehmen. Wenn ich gefragt werde, gebe ich gerne Ratschläge, wenn es nicht gewünscht ist, lasse ich es aber auch sein.

Wie waren die Dreharbeiten mit dem teils jungen Cast und vor allem mit Jona Eisenblätter?

Jona ist noch sehr jung, aber blitzgescheit und sehr aufgeweckt. Er ist ein lustiger Bub, aber am Set passt er auf, fängt die Stimmung ein und kann alles super umsetzen. Anschließend ist er dann wieder der Lausbub. Es war sehr amüsant.

Vera und Horst haben sich zum Malen zurückgezogen, um dem Schwarzen Ass eine Falle zu stellen.

Da wir heute nur miteinander telefonieren dürfen, abschließend die Frage, wie haben Sie die Coronazeit erlebt?

Durch die Arbeit mit dem Verein habe ich den Shutdown hautnah abbekommen, weil wir nicht mehr in die Schulen durften. Täglich versorgen wir 11.000 Kindern in den Schulen und plötzlich war Schluss damit. Das war für mich wie ein Donnerschlag und musste erst einmal verdaut werden. Wir in Deutschland sind ja auf Watte gebettet. In München konnte man ohne Mundschutz joggen gehen. Und zum Einkaufen setzt man halt die Maske auf – Gott behüte, was soll sein. Wir hatten fast alle Freiheiten, bis darauf, dass man nun nicht seine Freunde treffen konnte. Mir war in der ganzen Zeit nicht einen Tag langweilig. Ich habe viel gekocht, meine Bücher alle fertig gelesen und viel Sport gemacht. Man akzeptiert es, weil es halt ist, wie es ist. Und mal wieder zu sich kommen, ist auch nicht schlecht.

Worauf darf man sich als nächstes mit Ihnen freuen?

Ich hoffe, dass wir eventuell eine Fortsetzung von „Max und die wilde 7“ machen dürfen. Ansonsten werde ich demnächst in München wieder etwas Theater spielen. Ansonsten ist hier und da etwas geplant. Ich hoffe auch, dass wir nach den Ferien wieder in die Schule dürfen und mit dem Verein wieder tätig sein können. Und dann hoffe ich, dass viele schöne weitere Sachen folgen werden.

Herzlichen Dank für das sehr nette Gespräch.

von Sandy Kolbuch

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