Du Sie Er & Wir: Filmkritik zum Netflix-Original

Du Sie Er & Wir - Der Cast
Du Sie Er & Wir - Der Cast © Netflix

Fans von Nilam Farooq können die 32-Jährige aktuell in dem sehr gelungenen deutschen Film „Contra“ im Kino bewundern. Es ist das neuste Werk vom deutschen Kult Regisseur Söhne Wortmann, das mit seiner besonderen Art und Weise überzeugen kann. Dieser Film ist an vielen Stellen aufgezogen wie ein Kammerspiel, ohne wirklich eins zu sein. Doch auch bei ihm kommt es auf jedes noch so kleine Wort und jede noch so unscheinbaren Mimik an. Während die unscheinbaren Dinge nämlich bei anderen Produktionen von den Schauwerten verschluckt werden, haben sie bei einem Kammerspiel eine wichtige Bedeutung. Es ist das Genre, das die Werke wirken lässt wie direkt aus dem Theater genommen und Farooq geht darin sehr viel mehr auf als erwartet. Es fällt ihr zwar noch immer spürbar schwer, sich irgendwie neu zu erfinden und jeder Figur etwas Eigenes mitzugeben. Es ist immer wieder die gleiche Nilam mit anderen Namen in anderen Settings und nichts was den Kinogänger noch irgendwie überrascht. Doch das stört spürbar wenige, denn sie hat nach wie vor eine große Fangemeinschaft und diese wird auch gefühlt immer größer. So ist es bestimmt für Viele schön zu hören, dass fast zeitgleich auch ein anderes Kammerspiel von ihr erschienen ist.

Du Sie Er & Wir - Janina (Nilam Farooq), Ben (Louis Nitsche)
Du Sie Er & Wir – Janina (Nilam Farooq), Ben (Louis Nitsche) © Steffen Junghans

Dieses jedoch unscheinbar auf Netflix und nicht wie „Contra“ überall präsent. Anhand der wenigen PR und dem Weg, wie er veröffentlicht wurde sieht man aber bereits im Vorfeld, welche Produktion mehr kann und welche gerechterweise untergeht. Ihre Streaming-Produktion „Du, sie, er & Wir“ hatte nämlich spürbare Schwächen und diese dürften wohl jedem aufgefallen sein. Wer aber eine solide Unterhaltung sucht, wird auch dort auf seine Kosten kommen und dem wünsche ich viel Spaß beim Schauen. In dem Film geht es um die vier Freunde Janine, Maria, Nils und Ben. Janina und Maria sind irgendwie nicht mehr glücklich mit ihrem Partner und überlegen diesen eine gewisse Zeit lang gegen den Mann der Anderen auszutauschen und den Männern geht es ähnlich, weshalb sie einem Tausch nur zu gerne zustimmen. Dabei steht es ihnen vollkommen frei sich so zu lieben und ihre Liebe so auszuleben, wie es ihnen gerade passt und beliebt. Die einzige Regel ist nur: Der Sex mit dem Partner des Anderes ist verboten! Nach der Zeit treffen sich alle vier in einem Ferienhaus wieder, bereit darüber zu reden. Dumm ist dabei nur, dass sich die Gefühle verändert und sich nicht jeder an diese Regel gehalten hat. Bald schon liegen sich die Vier im Streit und es stellt sich die Frage, wer liebt hier eigentlich wen? Und reicht das auch?

Netflix bringt immer wieder Originals heraus, die an den Kinokassen gut hätten performen und so manches Geld hätten einspielen können. Filme, die mehr können als die immer gleichen Streamingsachen, die es nur gibt, um die Kunden irgendwie bei den jeweiligen Seiten zu halten. Doch eben auch genau solche Produktionen und in Fall von „Du Sie Er & Wir“ haben wir ein gutes Beispiel dafür. Dieser Film tut bestimmt keinem Streamer weh, ist – wie bereits gesagt – vollkommen solide und doch fehlt ihm an einer wirklichen Handschrift. Er hat nichts, was ihn aus oder besonders macht, es bleibt nichts beim Zuschauer hängen und man möchte ihn danach auch kein zweites Mal schauen. Er macht als Genrevertreter aber alle grundlegenden Sachen angemessen und sieht auch wirklich nicht schlecht aus. Der Film besitzt mit diesem Strandhaus ein schönes Szenenbild und vier Protagonisten, die als eigenständige Figuren Stärken zeigen können. Als Team allerdings kläglich versagen. Man glaubt ihnen nicht, dass sie Freunde sind und dass hier überhaupt jemand einen Anderen liebt. Es ist viel eher so, als hätte man vier Menschen genommen, die sich noch nie zuvor gesehen haben und hätte sie in einen Raum gesteckt. In diesem Raum hätten sie so tun müssen, als hätten sie schon jahrelange Freundschaft hinter sich. Das tun diese vier und das ist der klägliche Beweis, dass das nicht immer funktioniert.

Du Sie Er & Wir - Nils (Jonas Nay), Ben (Louis Nitsche), Maria (Paula Kalenberg), Janina (Nilam Farooq)
Du Sie Er & Wir – Nils (Jonas Nay), Ben (Louis Nitsche), Maria (Paula Kalenberg), Janina (Nilam Farooq) © Netflix © Steffen Junghans

Wenn man sich dann aber vor allem Paula Kalenberg ansieht, merkt man, dass sie es eigentlich besser gekonnt hätte. Besonders sie ist nämlich die Figur, der man am ehesten ihre Gefühle glaubt und auch Nilam Farooq spielt, wie ihre Fans es sehen wollen. Die zwei Männer hingegen sind vollkommen egal. Sie braucht man zwar, damit die beiden Frauen nicht nur stumpf gegen die Wand sprechen, doch sie besitzen rein gar keine Figurenentwicklung und hätten nicht vorkommen müssen. Hätten Kalenberg und Farooq einfach nur einen Frauenabend gemacht, wäre zwar die Bindung auch nicht besser, es würde sich aber runder anfühlen. Denn jedes Mal, wenn die Kamera zu den beiden Männern geschwenkt hat, hat man für einen kurzen Moment als Konsument abgeschaltet. Ebenfalls hat der Film die große Schwäche, dass er erst nach diesem Tausch spielt. Man wird einfach nur stumpf reingeworfen und muss mit dem vorliegenden Gespräch klarkommen, ohne überhaupt gesehen zu haben, was gewesen ist. Hätte man zuvor wenigstens kurz gezeigt, was die Vier gemacht haben, hätte man die Zusammenhänge deutlich besser verstanden.

Fazit

So bleibt „Du Sie Er & Wir“ ein vollkommen erwartbares und zum großen Teilen wirklich langweiliges Netflix Original. Das oberflächlich vielleicht einiges richtig macht, wenn man sich aber mit dem Projekt etwas mehr auseinandersetzt wird schnell klar, dass man an vielen Stellen Dinge anders hätte lösen müssen. Man kann es sich anschauen, verpasst aber wirklich rein gar nichts.

Filmwertung
4/10
von Peter Brauer

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