Die Top 10 Filme aus 2021 (von Sebastian Stegbauer)

Dune: Paul Atreides (Timothée Chalamet) und Lady Jessica (Rebecca Ferguson)
Dune: Paul Atreides (Timothée Chalamet) und Lady Jessica (Rebecca Ferguson) © Warner Bros.

Offensichtlich war es für einige von uns wieder ein schweres Jahr. Doch halfen mir auch heuer viele tolle Filme mit den Ängsten und Problemen, die uns alle umgaben umzugehen.


Egal ob ich meinen Frust über die aktuelle Situation gerade erst in Don´t Look Up etwas verarbeiten konnte, Peter Parker in Spider-Man: No Way Home endlich wieder zu seinen Wurzeln zurückfand, Palm Springs den Lockdown in einer irrwitzigen Zeitschleifenkomödie verarbeitet, mich Nowhere Special mit meiner eigenen Sterblichkeit konfrontiert oder Stephen Spielberg mit West Side Story einfach nur für 2,5 h voller Kinomagie sorgt. 2021 hatte viele tolle Filme auf Lager. Doch meine 10 Favoriten kommen jetzt erst…
(Im Übrigen haben es Promising Young Woman, Possessor, Last Night in Soho, The Suicide Squad, The Power of the Dog, Judas and the Black Messiah und The Empty Man ebenfalls nur knapp nicht in die Liste geschafft.)

Die Top 10 Filme aus 2021

Platz 10: James Bond: Keine Zeit zu sterben

Einer meiner persönlichen Helden kehrt in einem Abenteuer zurück, das sich einerseits auf alte Stärken beruft, gleichzeitig aber eine Legende des Kinos grandios zu Ende denkt. Keine Zeit zu sterben gerät dabei gefühlvoller und emotionaler als ich erwartet hätte, bietet aber dennoch Fans der Reihe genau die brachiale Action, die ein Schwanengesang auf Craigs Bond verdient. Dieser ist hierbei so verletzlich und so greifbar wie noch nie und genau deshalb auch so mitreißend. Zwar hätte das Drehbuch ein wenig mehr Fokus vertragen können und der Schurke noch den letzten Feinschliff, doch verliert all dies seine Bedeutung, wenn ich mich nach beinahe drei Stunden voller Kummer, Schmerz und doch Liebe mit Augen voller Tränen von meinem Helden verabschiede. Es war mir eine Ehre 007!

Platz 9: Helden der Wahrscheinlichkeit – Riders of Justice

Anders Thomas Jensen gelingt hier ein wirklich brillanter Balanceakt zwischen Tragödie, Schwarzer Komödie und Actionfilm, ohne dabei das eine für das andere auch nur eine Sekunde opfern zu müssen. Immer wieder blieb mir dabei das Lachen dank dem schmerzhaften und bitterbösen Humor im Halse stecken. Dabei sticht vor allem wieder einmal Mads Mikkelsen als emotional instabiler Kriegsveteran heraus, wobei sich auch der restliche Cast nicht zu verstecken braucht. Helden der Wahrscheinlichkeit (lasst euch nicht von dem sperrigen Titel ablenken) zeigt dabei den Mut, den Hollywood so oft vermissen lässt und untergräbt immer wieder die Konventionen (des Actionkinos) gekonnt, ohne dabei aber seine eigene Handlung aus den Augen zu verlieren und wird ganz nebenbei so für mich zum lustigsten Film des Jahres.

The Last Duel: Jacques Le Gris (Adam Driver)
The Last Duel: Jacques Le Gris (Adam Driver) © 20th Century Studios.

Platz 8: The Last Duel

The Last Duel hat mich an vergangene Zeiten erinnert, in denen große Historien-Epen mit ansprechendem Budget über außergewöhnliche Zeiten und Menschen erzählten. Nur passend, dass Ridley Scott hier die Regie übernahm. Dabei wird weniger von wackeren Helden und deren Taten berichtet, sondern viel über toxische Maskulinität und verletzliche Egos. Allen, die ob dieser feministischen Agenda schon jetzt genervt stöhnen, sei gesagt, dass The Last Duel dennoch am Spektakel nicht spart. Gleich zu Beginn gibt es eine fantastische Schlacht, die jedoch von dem titelgebenden Duell, das eines der spannendsten der letzten Jahre sein dürfte, noch einmal meilenweit überboten wird. Wie der Film dabei im Laufe seiner Geschichte die unterschiedlichen Perspektiven seiner drei Protagonisten aufdeckt und dabei den ausschlaggebenden Moment des Films wunderbar differenziert beleuchtet, ist ein Meisterstück des Storytellings. The Last Duel empfiehlt sich somit sowohl für Filmliebende, die einfach nur Spektakel wollen, zugleich aber auch all jenen, die sich nach einem tieferes Kinoerlebnis sehnen.
(Auf Disney Plus verfügbar)

Platz 7: A Quiet Place Part 2

Die Fortsetzung zu A Quiet Place mag zwar schon wie sein Vorgänger nicht der inhaltlich reichste und tiefste Film des Jahres sein, aber vielleicht der spannendste. John Krasinski Regie hat sich dabei noch einmal verbessert. Wie dieser hier immer wieder die Spannungskurve ausdehnt, erinnerte mich dabei an Steven Spielberg und andere Größen des Fachs. Dabei wird die Welt dennoch in einigen Momenten clever akzentuiert und um einige Facetten erweitert, während die Darsteller wieder einmal durch die Bank überzeugen (Cillian Murphy!). All das mündet in einem der intensivsten Kinoerlebnisse der jüngeren Vergangenheit. Genau wie die Figuren auf der Leinwand wagte ich kaum zu atmen, wollte mich nicht bewegen und litt die rund 1,5 Stunden mit ihnen mit, nur um mit einem Verlangen nach weiteren Teilen entlassen zu werden. Es ist ein tolles Gefühl ein so starkes modernes Horror-Franchise in der Entstehung zu beobachten. Weiter so!
(im Amazon Prime Abo verfügbar)

Platz 6: Nomadland

Nomadland wirkt so natürlich, so menschlich und so anders. Es ist eine zutiefst poetische Reise in die menschliche Natur und in eine Lebensweise, die neben einer Freiheit, die die meisten Menschen nie erleben werden, auch mit seinen ganz eigenen Herausforderungen daherkommt. Nomadland wirkt mit den Laiendarstellern, die eben selber Nomaden sind, und einer grandiosen Frances McDormand, die in Vorbereitung auf den Film selber einige Zeit in einem Trailer gewohnt, beinahe dokumentarisch – und das im besten Sinne. Es wirkt so real aus dem Leben gegriffen und ging mir mit seiner einmaligen Bildsprache und der gefühlvollen Regie von Chloé Zhao unerwartet nahe. Kurzum: Nomadland ist ganz großes Kino!
(auf Disneyplus und Sky Cinema verfügbar)

Nomadland: Frances McDormand
Nomadland: Frances McDormand © Disney

Platz 5: The French Dispatch

The French Dispatch ist ein Gemälde. Ich korrigiere mich. Jede Einstellung in The French Dispatch ist ein wundschönes Gemälde, und zugleich ein Meisterwerk der Bildkomposition. Wes Andersons neuester Film ist wieder genauso verspielt, wie es sich Fans erhoffen dürften. Zwar mag die Handlung, die in vier Kurzgeschichten aufgeteilt ist (lediglich vereint durch eine sehr dünne Rahmenhandlung), vielleicht schwerer zugänglich für manche sein, doch sprießen all diese Geschichten vor brillanten kreativen Einfällen und wundervoll skurrilen Figuren, die mir im Laufe der Zeit doch sehr ans Herz gewachsen sind. The French Dispatch ist die Sorte Kinoerlebnis, die nur von einem Künstler mit einer einzigartigen Vision so möglich ist. Dass ich diese schließlich in all ihrer Absurdität, ihrem Witz und Kreativität erleben durfte, war für mich eines der schönsten Kinoerlebnisse des Jahres.

Platz 4: The Father

The Father sticht bereits mit seiner einzigartigen Herangehensweise an das Thema Demenz heraus. Von Anfang an wird dabei die Perspektive der charismatischen, wenn auch bisweilen schwierigen Hauptfigur eingenommen, die von Anthony Hopkins in seiner vielleicht besten Rolle verkörpert wird. Immer wieder lassen sich subtile Veränderungen im Szenenbild finden, Momente wiederholen sich und in einzelnen Elementen widerspricht sich The Father auch schlicht und weg. Der Film lässt uns an unserer eigenen Wahrnehmung zweifeln und bringt uns so die Demenz des Protagonisten in all ihrer Grausamkeit näher. Wir sind darin genauso gefangen wie er. Es gibt kein Entkommen. The Father verlässt sich dabei auf einige Elemente des Psycho-Thrillers, verzichtet aber auf den Twist, der alles ins rechte Licht rückt. Denn die Realität dieser Krankheit ist grausamer und The Father fängt diese brillant ein.

Platz 3: The Green Knight

The Green Knight ist ein fieberhafter Traum voller poetischer Kraft, unvergesslicher Bilder und einem Soundtrack für die Ewigkeit. Auf der (Anti-)Heldenreise unseres fehlbaren, aber genau deshalb so faszinierenden Protagonisten, der in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil des ach so wackeren Kriegers aus anderen Fantasy-Geschichten ist, erleben wir ein mit unzähligen Metaphern und Symbolen angereichertes Abenteuer, über deren Bedeutungen ich noch lange sinnierte. Vom vielleicht beeindruckendsten Opening Shot des Jahres bis zum vielschichtigen, in seiner emotionalen Offenbarung aber so außergewöhnlich fesselnden Ende erfuhr ich hier ein Erlebnis, das zwar auf Anhieb unmöglich vollkommen durchdrungen werden kann, aber einen Sog entwickelt, der mich bis heute noch nicht losgelassen hat.

The Green Knight: Dev Patel
The Green Knight: Dev Patel © Telepool/A24

Platz 2: Der Rausch

Der Rausch fühlt sich so echt, so unverfälscht, so nah an wie kein Film dieses Jahr. Er erzählt direkt aus dem Leben und lässt uns dieses in all seinen Facetten fühlen. Ich habe geweint, gelacht, mitgefiebert und war von der Freundschaft und Brüderlichkeit unserer vier Protagonisten (darunter wieder ein fantastischer Mads Mikkelsen) schier überwältigt. Wie hier von den kleinsten Gesten bis zu ehrlichen, emotionalen Gesprächen auf alles geachtet wurde, um diese Beziehungen glaubhaft zum Leben zu erwecken, ist meisterhaft. Immer wieder habe ich auch meine ganz eigenen Freundschaften, Probleme und Herausforderungen in diesem Film gesehen. Dabei entlässt Der Rausch uns mit einem ungemein lebensbejahenden, ja geradezu berauschenden Gefühl und gelingt hierfür auch eine ungemein pointierte und differenzierte Abhandlung über Alkohol und dessen Folgen. Hier wird uns nicht zum unzähligsten Male mit dem erhobenen Zeigefinger erklärt, dass Alkohol doch aber ganz doll böse ist, ohne ihn dabei aber unverantwortlich zu verherrlichen. Die Wahrheit liegt eben wie so oft dazwischen. So bleibt am Schluss mit den Worten des Lieds im besten Finale der letzten Jahre zu sagen: What a life, what a night, what a beautiful ride! Denn das fasst den Abend als ich Der Rausch zum ersten Mal gesehen habe am besten zusammen.

Platz 1: Dune

Kennt ihr dieses Gefühl, wenn ihr im Kino sitzt und plötzlich realisiert, dass ihr in diesem Moment Filmgeschichte erlebt? Es ist ein Gefühl, das man zu selten erlebt, doch wenn es da ist, dann überrollt es euch, schickt Welle um Welle an Freude durch euren Körper und lässt euch auch noch Tage nach dem ersten Kinobesuch nicht los. Auch nach einer Woche habt ihr noch Hans Zimmers brachialen Soundtrack im Ohr. Noch nach einem Monat träumt ihr von diesen noch nie zuvor dagewesenen Bildern. Wie Paul Atreidis, der von einem wie eh und je groß aufspielenden Timothée Chalamet verkörpert wird, zum letzten Mal auf dem Heimatplaneten seiner Familie steht. Ihr sinniert wie perfekt selbst die kleinste Nebenrolle zum Leben erweckt wird. Ihr spürt noch immer die Vibrationen die der gewaltige Sound durch den Kinosaal geschickt hat, als der Sandwurm zum ersten Mal angreift. Und ihr spürt einfach in eurem Herzen, dass Dune diese Art Epos ist, die maximal einmal pro Generation daherkommt. Es ist die Einführung in eine faszinierende neue Welt. Und auch wenn es nur Teil 1 der Geschichte ist, spürt ihr einfach, dass hier etwas ganz Besonderes geschieht. Denn Dune ist schon jetzt Kinogeschichte!
(auf Sky Cinema verfügbar)

von Sebastian Stegbauer

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