DC vs. Marvel im modernen Kino – Wie mich das eine Universum verlor und das andere zurückgewann (Teil 3 von 3)

DC vs. Marvel
DC vs. Marvel

Ich will hier nicht behaupten, dass DC und Warner die großen Meisterwerke unserer Zeit produzieren, nicht einmal die besten Blockbuster. Doch hat jeder dieser Filme eine gewisse Magie an sich.


„Birds of Prey“ ist DCs Version eines Guy Ritchie oder Quentin Tarantino Klassikers. Aquaman entpuppt sich als die bombastisches Science Fiction-Epos Version eines Superheldenfilms und zugleich als moderner Indiana Jones. Shazam hingegen ist ein berührendes Coming-of-Age Drama über Familie. Wonder Woman ist dabei noch der konventionellste Streifen, hat dabei aber einen sehr ehrlichen emotionalen Kern, ist clever inszeniert, und gerät dabei gleichermaßen episch wie herzzerreißend und intim. Zwar habe ich Joker immer dafür kritisiert eine schlechtere Kopie des New Hollywood-Kinos zu sein, dennoch ist es Wunder, dass ein solches Charakterdrama im heutigen Kino für 55 Mio. produziert wird. Es ist erfrischend, dass solch mutige und interessante Filmemacher mit starken ästhetischen Stilen die Budgets erhalten, um ihre persönliche Version eines Superheldenfilms zu machen. So bekommt ein beinahe völlig festgefahrenes Genre endlich wieder eine Chance sich weiterzuentwickeln und zu wachsen, ganz ähnlich wie es dem Western einst erging.

Marvel Studios' AVENGERS: INFINITY WAR..L to R: Okoye (Danai Gurira), Black Panther/T'Challa (Chadwick Boseman), Captain America/Steve Rogers (Chris Evans), Black Widow/Natasha Romanoff (Scarlet Johansson) and Winter Soldier/Bucky Barnes (Sebastian Stan)
Die Avengers mit Black Panther/T’Challa (Chadwick Boseman), Captain America/Steve Rogers (Chris Evans), Black Widow/Natasha Romanoff (Scarlet Johansson) und dem Winter Soldier/Bucky Barnes (Sebastian Stan) © Marvel Studios 2018

Im direkten Vergleich kann Marvel so für mich nur verlieren. Nimmt man eine beliebige Einstellung eines Post-Phase 1 MCU-Streifen und legt diese neben eine der neueren DC-Filme, wird mir wohl kaum jemand tatsächlich sagen können, aus welchem Marvel Film der Shot stammt, aber jeder aus welchem DC-Projekt. Die Ausrede, dass man sie diesen Look haben, weil man realistisch aussehen will, oder auf diese Weise transportieren will, dass es eben ein Universum ist, war dabei für mich schon immer Schwachsinn. Jeder Film der Nolan-Trilogie trägt eine ganz eigene Handschrift, dennoch fühlt es sich wie ein und dieselbe Welt an und trotz allem Realismus gelingt eine wunderschöne Bildsprache, die Marvel in keinem seiner Projekte je annähernd erreichte.

Während Kevin Feige und co. also noch immer beschäftigt sind ständig ihr nächstes Abenteuer im vorherigen Film vorzubereiten, erzählt DC in sich geschlossene Geschichten, so wie Filme nun mal eigentlich sein sollten. Man fokussiert sich mehr auf die Gegenwart, als auf die Zukunft. Inzwischen grenzt sich DC nicht einmal mehr durch die Gesamtnarrative eines einzigen Universums ein, sondern lässt verschiedene Filme in verschiedenen Realitäten scheinbar unabhängig voneinander existieren. So kann einerseits Arthur Fleck zum Joker seines Universums werden, während Harley Quinn sich woanders von ihrem Clownprince of Crime endlich emanzipiert. Eine altbewährte aber effektive Herangehensweise an Storytelling.

Margot Robbie in Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn
Margot Robbie in Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn © Warner Bros.

Wird dies in der Zukunft also so bleiben? Entwickelt sich Marvel weiter? Übernimmt sich DC vielleicht etwas? Ganz ehrlich? Ich habe keine Ahnung, aber es wird auf jeden Fall höchst interessant. In den letzten Wochen kamen auch dank der DC Fandom einige höchstinteressante Meldungen und Trailer zu ihren anstehenden Filmen heraus. „The Batman“ und „The Suicide Squad“, der ja sogar von „Guardians of the Galaxy“-Regisseur James Gunn inszeniert wird, springen dabei scheinbar direkt auf ihre aktuelle Strategie auf. Dass Michael Keaton und Ben Affleck jeweils als Batman im bevorstehenden Flash-Film zurückkehren sollen, könnte in einem wahrlich einzigartigen Film enden oder eben in einem Fiasko. „Wonder Woman 1984“ startet hoffentlich noch dieses Jahr im Kino, während Shazam und Aquaman jeweils ein Sequel erhalten. All das stimmt mich zumindest vorsichtig optimistisch auf die Zukunft von DC.
Doch auch bei Marvel scheint tatsächlich großes Potential durch. Dass man sich in der nächsten Phase auf solch ungewöhnliche Helden wie Shang-Chi oder die Eternals verlässt und sich von Thor und Co. etwas wegbewegt, zeigt Mut. Ich hoffe, dass von diesem am Ende im Kino noch etwas zu spüren ist. Oder sie beschneiden erneut ihre interessanten Filmemacher, um Mainstream-tauglicher zu bleiben. Meine größte Hoffnung aber liegt auf einem Mann der bereits vor beinahe 20 Jahren half, das Genre erst zu begründen. Mit „Doctor Strange and the Multiverse of Madness“ kehrt „Tanz der Teufel“-Regisseur Sam Raimi endlich zurück und nimmt hoffentlich eine ordentliche Stange von seiner gewohnten Kreativität mit, und vielleicht sogar etwas Horror. Diesem wurde beim Abschluss seiner Spider-Man-Trilogie damals massiv die Kontrolle über das eigene Projekt entzogen. Dass er nun erneut einen Superhelden verfilmen wird, lässt mich hoffen, dass er diesmal mehr Freiheiten genießen wird.

Wonder Woman 1984: Gal Gadot
Wonder Woman 1984: Gal Gadot © Warner Bros.

Was wünsche ich mir also für die Zukunft? Nun ich hoffe, dass mehr mutige Projekte von interessanten Filmemachern die richtigen Budgets erhalten. Ich hoffe, dass das Genre sich endlich wieder weiterentwickeln darf, dass Filme wie „Logan“ oder eben das moderne DC-Kino mehr Leute erreichen als „Ant-Man and the Wasp“ oder „Captain Marvel“. Ich wünsche mir all das und doch so viel mehr. Kurzum: Ich wünsche mir Kino!

von Sebastian Stegbauer

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