Better Call Saul – Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Breaking Bad…

Better Call Saul: Bob Odenkirk als Jimmy McGill
Better Call Saul: Bob Odenkirk als Jimmy McGill © Sony Pictures Entertainment

…und warum sich das Prequel rund um den bekannten Anwalt nicht im Schatten seines großen Bruders verstecken muss.


Better Call Saul (Staffel 2) Bluray Cover
Better Call Saul (Staffel 2) Bluray Cover © Sony Pictures Television Inc.

Disclaimer: Dieser Text beinhaltet keine konkreten Handlungspunkte und enthält dementsprechend keine Spoiler.

Mit Breaking Bad hat das Team rund um Vince Gilligan einen Hit geschaffen, welcher die Serienlandschaft nachhaltig geprägt hat. Dabei wurde sie nicht nur für insgesamt 58 Emmys nominiert, von denen sie am Ende 16 gewann und spielte noch in zahlreichen anderen Preisverleihungen mit, sondern hielt auch Einzug in das Guinness Buch der Rekorde als die „beliebteste Serie aller Zeiten“. Es scheint also im ersten Moment aus rein kommerziellen Beweggründen sinnvoll, die Geschichte auszuweiten und auf den Erfolgszug aufzuspringen. Betrachtet man das ganze jedoch von einer anderen Seite, wird man Breaking Bad als Referenz für einen Vergleich von „Better Call Saul“ hinzuziehen. Einem derart schweren Erbe schein man doch unmöglich gewachsen zu sein. Wie der Titel allerdings bereits vermuten lässt, schlägt sich der kleine Bruder jedoch besser, als man es je für möglich gehalten hat. Warum dies der Fall ist, gilt es in mehreren Schritten und nicht ganz ohne subjektive Einflüsse zu erörtern und herauszuarbeiten.

Die Geschichte:

„Breaking Bad“ hatte ein von vorne bis hinten durchgeplantes Skript und eine abgeschlossene Geschichte. Es bestand also keine dringliche Notwendigkeit, diese auszuweiten. Mit „El Camino“ erschien allerdings sechs Jahre nach dem großen Serienfinale ein Film auf Netflix, welcher die Geschichte der Figur Jesse Pinkmann endgültig abschließt. Kein Notwendiger, aber ein schöner und versöhnlicher Abschied einer Figur, die wir über Jahre begleitet haben. „Better Call Saul“ setzt nun mit seiner Geschichte viele Jahre vor den Geschehnissen von „Breaking Bad“ an und erzählt die Geschichte einer Figur, die mindestens genauso interessant wie mysteriös ist. Somit ist die Geschichte interessant genug, um sie zu erzählen, gerade weil es eine Figur ist, die bei den Zuschauern sehr beliebt war, durch ihr reduziertes auftreten viel Potential birgt und es somit wert ist, stärker beleuchtet zu werden. Dabei begeht Vince Gilligan nie den Fehler, sich zu sehr an „Breaking Bad“ zu orientieren, sondern konzentriert sich voll und ganz auf die Geschehnisse, die davor liegen. Warum das so gut funktioniert, lässt unter anderem in nächsten Punkt gut nachvollziehen.

Better Call Saul - Jimmy McGill (Bon Odenkirk) wird angeklagt
Better Call Saul – Jimmy McGill (Bob Odenkirk) wird angeklagt © 2017 Sony Pictures Releasing GmbH

Die Figuren:

Einer der größten Stärken in diesem Universum sind eindeutig die fantastisch geschriebenen Charaktere, welche die Geschichte(n) tragen. Sie bilden das Herzstück beider Serien, ohne die diese Erzählung nur halb so gut funktionieren würde. Es sind Charaktere, die eine umfangreiche Geschichte zugestanden bekommen, Charaktere, die eine enorme Entwicklung durchlaufen, Charaktere, mit denen der Zuschauer eine emotionale Bindung aufbaut und vor allem Charaktere, die wichtig und relevant für den Verlauf der Geschichte sind. Wenn sich in „Better Call Saul“ Figuren wiederfinden, die wir bereits aus „Breaking Bad“ kennen, dann nicht, weil es sich um Fanservice handelt, sondern weil es narrativ Sinn ergibt. Besonders interessant ist die Tatsache, dass es in „Better Call Saul“ Figuren gibt, die keine Erwähnung in „Breaking Bad“ finden. Es ist also davon auszugehen, dass diese ebenfalls wundervoll ausgearbeiteten Figuren einen Abschluss finden, den sie verdient haben und der (und das lässt sich mit Sicherheit sagen) für einige sowohl positiv aber für andere auch negativ sein wird.

Die Regie:

Wir sind an dem Punkt angekommen, wo sich die beiden Serien am meisten ähneln. An dieser Stelle merkt man eindeutig, dass diese beiden Serien zusammengehören. Vince Gilligan hat als Regisseure eine unverkennbare Handschrift und ist obendrein ein riesiges Talent auf dem Regiestuhl. Das Setting für die Stadt Albuquerque im Staat New Mexico ist bedacht ausgewählt und kommt mit seinen wunderschönen Landschaften gut zu Geltung. Man möchte fast sagen, dass die Locations selber als Darsteller fungieren. Zudem bieten diese das Potential, atemberaubende Kameraaufnahmen hervorzubringen, was hier ebenfalls mit Bravour gelöst wurde. Die Kamera sorgt aber nicht nur dafür, um die Settings perfekt in Szene zu setzen, sondern wurde zudem kreativ eingesetzt, um seine Figuren zu unterstützen, Spannung zu erzeugen und nach dem altbekannten Grundsatz „show-dont-tell“ zu handeln. Als charakteristisches Bindeglied beider Serien finden wir die genialen, wenn auch oftmals frustrierenden und brutalen Cliffhanger wieder, welche die Episoden beenden.

Jimmy McGill (Bob Odenkirk) genießt sein Leben am Pool in Better Call Saul (Staffel 2)
Jimmy McGill (Bob Odenkirk) genießt sein Leben am Pool © Sony Pictures Television Inc.

Fazit:

„Better Call Saul“ nimmt alle guten Eigenschaften von „Breaking Bad“ mit und schafft es trotzdem, ein eigenes und unabhängiges Stück Geschichte zu erzählen, ohne in einem Wahn aus Referenzen, Fanservice oder Nostalgie zu verfallen. All diese Aspekte sind wohl dosiert und sinnvoll eingesetzt. „Better Call Saul“ atmet den Geist von „Breaking Bad“, ohne es zu kopieren. Der Dank, mit einem Prequel zu der beliebtesten Serien aller Zeiten anzuschließen und das Qualitätsniveau aufrecht zu erhalten, gebührt allen Beteiligten rund um das Team von Vince Gilligan. Eine Außergewöhnlich gute Serie, die jede Aufmerksamkeit verdient hat. Die finale Staffel steht Stand jetzt noch aus, aber angesichts der bisherigen Ereignisse gibt es keinen Grund, sich darüber Sorgen zu machen, dass diese enttäuschen könnte. Ein Muss für alle Serienfans und eine uneingeschränkte Empfehlung für alle, die bislang weder die eine noch die andere Serie erleben durften.

von Marcel Windisch

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