Child’s Play – Filmkritik: Chucky ist wieder da

„Buddi Doll“ Chucky wird Andys (Gabriel Bateman) neuer Spielgefährte
„Buddi Doll“ Chucky wird Andys (Gabriel Bateman) neuer Spielgefährte // Foto: Eric Milner

Die Kritik:

In die nicht enden wollende Welle von Remakes, Reboots oder Sequels, nach denen niemand gefragt hat, reiht sich nun auch „Child’s Play“ – oder „Chucky – Die Mörderpuppe“, wie Tom Hollands Kulthorror aus dem Jahre 1988 in Deutschland bekannt ist. Der Beigeschmack bei dem von Newcomer Lars Klevberg („Polaroid“) inszenierten Film war zunächst negativ, denn „Chucky“-Erschaffer Don Mancini, der erst 2017 mit „Cult of Chucky“ die bereits sechste Fortsetzung der Horror-Reihe inszenierte und sogar eine TV-Show plant, fühlte sich bei dem Remake übergangen. Doch Fans können aufatmen: „Child’s Play“ 2019 kann problemlos neben Mancinis Reihe koexistieren, denn Klevberg und seine Crew haben hier einen angenehm eigenständigen, hintersinnigen und hochgradig unterhaltsamen Film geschaffen, der von einem uninspirierten 1:1-Remake weit entfernt ist.

Child's Play - Filmplakat
Child’s Play – Filmplakat © capelight pictures

Da fängt es schon bei der technophoben Prämisse an: So steht hier nicht eine Puppe im Mittelpunkt, die mittels Voodoo den Geist eines Serienkillers angenommen hat, sondern ein hochentwickeltes High-Tech-Spielzeug, das mit künstlicher Intelligenz ausgestattet ist, die außer Kontrolle gerät. Der völlig neugestaltete Chucky entspringt der „Buddi“-Linie des Großkonzerns Kaslan, die nicht nur als treuer Spielgefährte für ihren jungen Besitzer dient, sondern sich auch mit sämtlichen Kaslan-Haushaltsprodukten vernetzen kann. So beginnt der Film mit einem erklärenden Promo-Clip von Firmenchef Henry Kaslan (Tim Matheson), der die unendlichen Möglichkeiten von „Buddi“ erläutert und damit dem Zuschauer natürlich auch unterbewusst augenzwinkernd ankündigt, was alles noch vor ihm liegt. Das Unheil nimmt dann in einer Fabrik in Vietnam seinen Lauf, wo ein frisch gekündigter Arbeiter aus Frust das Betriebssystem einer Buddi-Puppe manipuliert und so aus dem Spielzeug eine tödliche Waffe kreiert – als Rache auf die westliche Konsumwelt?

Karen (Aubrey Plaza) schenkt ihrem Sohn Andy (Gabriel Bateman) eine „Buddi Doll“ zum Geburtstag.
Karen (Aubrey Plaza) schenkt ihrem Sohn Andy (Gabriel Bateman) eine „Buddi Doll“ zum Geburtstag. // Foto: Eric Milner

Schnell wird hier klar, dass Klevberg und Autor Tyler Burton Smith hier nicht an einem bitterernsten Horrorschocker interessiert sind, sondern eher in Richtung groteske Medien- und Konsumsatire à la Paul Verhoeven streben. Dieser hintersinnige und oft augenzwinkernde Grundton zieht sich durch den gesamten Film, dennoch nimmt „Child’s Play“ seine Figuren auch dankbarerweise ernst. Wie auch das Original handelt der Film von der alleinerziehenden Mutter Karen (Aubrey Plaza), die sich und ihren Sohn Andy (Gabriel Bateman) als Verkäuferin über Wasser hält. War Andy in Hollands Film noch deutlich jünger, ist diese Version nun 13 Jahre alt und erhält die Buddi-Puppe ganz im Stile von Millenial-Zynismus als gar nicht so herbeigesehntes Geburtstagsgeschenk. Immer wieder spielt Klevberg auf das Original an, variiert oder erweitert das Grundszenario aber ständig, sodass hier etwas durchaus Zeitgemäßes herauskommt.

Natürlich ist „Child’s Play“ wahrhaftig nicht der erste Film, der vor den Gefahren von künstlicher Intelligenz warnt, jedoch macht dieser neue „Chucky“ einfach großen Spaß und nimmt sich nie zu ernst – ein düsterer, ernsthafterer Reboot ist das sicher nicht, was angesichts einer mordenden Puppe auch nicht angebracht wäre. Klevbergs spielerischer Ton ist selbstbewusst und erinnert eher an „Small Soldiers“ als an grimmigere Slasher. Das heißt jedoch nicht, dass „Child’s Play“ zimperlich ist: Im Gegenteil, Klevberg inszeniert einige erfindungsreiche und sehr deftige Gore-Momente, die jedoch immer eine Spur augenzwinkernd und damit lustvoll-spaßig bleiben. Auch gefällt der stylische Hochglanz-Look, den Klevberg und Kameramann Brendan Uegama kreieren. Der Film verfügt zudem über einen angenehmen Retro-Vibe, der Klevberg unverkennbar als Fan des 80er Jahre-Kinos eines Spielberg (siehe „E.T.“ oder „Poltergeist“), Dante, Landis oder Craven (insbesondere „Der tödliche Freund“) outet. Er baut seine Figuren auch ebenso behutsam und glaubwürdig auf wie seine Vorbilder, wovon „Child’s Play“ zusätzlich stark profitiert.

Andy (Gabriel Bateman) und seine „Buddi Doll“ Chucky
Andy (Gabriel Bateman) und seine „Buddi Doll“ Chucky // Foto: Eric Milner

Das liegt natürlich auch an den guten Darstellern: Gabriel Bateman überzeugt als moderner, gelangweilter, aber dennoch sympathischer und greifbarer Teenager, der unter den ständig wechselnden Liebhabern seiner Mutter leidet (besonders der aktuelle Stiefvater Shane (David Lewis) ist ihm ein Dorn im Auge), während Aubrey Plaza nicht nur gewohnt lustig ist, sondern auch als coole, aber fürsorgliche Mutter gefällt. Überraschende Dimension bietet dann auch der aktuell omnipräsente Brian Tyree Henry, der Andy als Nachbar Detective Mike auf Augenhöhe begegnet und eine gute Chemie mit Bateman entwickelt. Viele natürlich trocken-humorvolle Momente bietet diese Konstellation auch. Hinzu kommen dann noch die Kids Falyn (Beatrice Kitsos) und Pugg (Ty Consiglio), die in Andys Nachbarschaft wohnen und sich mit ihm anfreunden.

Ein Highlight ist auch Mark Hamill, der in Brad Dourifs Fußstapfen tritt und die Killerpuppe spricht. In dieser „Child’s Play“-Version meint es Chucky an sich nicht böse, er will nur das Beste für seinen Besitzer Andy, versteht aber nicht, dass er oft bei seiner Loyalität und einem ausgeprägten Beschützerinstinkt Grenzen überschreitet. Er schaut sich letztlich nur alles Böse ab, interpretiert falsch und wird zur ungewollten, immer machtvoller werdenden Gefahr. Während im Original Andy frühzeitig als Mordverdächtiger gebrandmarkt wird, da ihm niemand glaubt, dass Chucky lebendig geworden ist, ereilt Andy hier nicht dieses Schicksal. Mit Falyn und Pugg hat Andy tatsächlich fast von Beginn an Zeugen, die Chuckys Eigenarten miterleben. Besonders gelungen ist hier etwa ein Gag, bei dem Andy mit seinen hysterisch lachenden, popcornmampfenden Freunden „Texas Chainsaw Massacre 2“ sieht, wodurch Chucky interpretiert, dass all die gezeigten Gräueltaten Spaß und Freude bereiten. Überall schnappt Chucky Böses auf, was ihn zu einem direkten Produkt seiner Umwelt macht. Eine durchaus interessante Prämisse, die wieder den satirischen und hintersinnigen Ton des Films verdeutlicht.

Andy (Gabriel Bateman)
Andy (Gabriel Bateman) // Foto: Eric Milner

„Child’s Play“ ist also weit entfernt von dem Desaster, das manch einer wohl vermutet hat. Klevberg gelingt es, einen sehr ansprechenden, sich nicht ernst nehmenden und spaßorientierten 80er Jahre-Retro-Vibe mit zeitgemäß adaptierter Thematik und vielen cleveren Ideen zu kombinieren. Das ist oft sehr lustig, makaber und fies, durchaus spannend, stets unterhaltsam, wenn auch selten wirklich gruselig. Das scheint jedoch auch nie der Anspruch dieses überraschend inspirierten Films zu sein, weshalb sich „Child’s Play“ ohne Zweifel zu den besten Horror-Remakes der letzten Jahre zählen darf.

Filmwertung
7/10

Kurzfassung

Child’s Play“ erweist sich als eines der besten Horror-Remakes der letzten Jahre. Unterhaltsam, schwarzhumorig, sehr blutig und durchaus hintersinnig.

Fazit:

Wer hätte es erwartet, „Child’s Play“ erweist sich als eins der besten Horror-Remakes der letzten Jahre. Anders als viele andere Remakes ist dieser Film eigenständiger, inspirierter und cleverer und versucht nicht etwas zu sein, was er nicht ist. Das ist überaus unterhaltsam, schwarzhumorig, oft sehr blutig und auch durchaus hintersinnig.


von Florian Hoffmann

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