The Whiskey Bandit – Allein gegen das Gesetz: Blu-ray Kritik zum „ungarischen Robin Hood“

The Whiskey Bandit beim Banküberfall
The Whiskey Bandit beim Banküberfall © Koch Films

Die Kritik:

The Whiskey Bandit Bluray Cover
The Whiskey Bandit Bluray Cover © Koch Films

Mit „The Whiskey Bandit – Allein gegen das Gesetz“ erhalten wir hierzulande am 24.05.2018 eine Blu-ray aus Ungarn. Auch wenn das Land nicht als die Stätte für Filmproduktionen bekannt ist, hat es doch einen namenhaften Regisseur hervorgebracht, der auch hier am Werke war. Nimród Antal machte schon in Hollywood Karriere – Kontroll (2003) oder Predators (2010) gingen z.B. auf sein Konto. Für seinen nun neuesten Streifen kehrte er wieder in seine Heimat zurück. Darin wurde das Leben des sogenannten Whiskey-Banditen verfilmt, der in Ungarn der 90er Jahren für Schlagzeilen sorgte. Satte 29 Überfälle verübte er – zunächst alleine dann mit einem Partner. Als Besonderheit gilt, dass er sich bei jeder Tat vorher Mut angetrunken hat.

Die Geschichte des Attila Ambrus‘ darauf zu beschränken, wäre allerdings ein großer Fehler gewesen. Und so erzählt der Film in Rückblenden sein Aufwachsen in Rumänien und dessen schwierige Kindheit und Jugend. Denn den wenigen herzensguten Menschen (der späteren Freundin oder dem Eishockey-Trainer) stehen vermehrt egoistische Leute (wie der Vater, die Einwanderungsbehörden oder der Kommissar) gegenüber. Nachdem die Großmutter starb, die Mutter ihn schon lange verlassen hatte und nun auch der Vater nicht für ihn sorgen wollte, machte er u.a. Stationen in einem Internat und einer Besserungsanstalt. Trotz der bitteren Umstände entwickelt er sich zu einem gutmütigen jungen Mann, dem keinerlei Hang zur Gewalt nachzuweisen ist. Schließlich gelingt ihm die illegale Flucht nach Ungarn.

The Whiskey Bandit - Attila (Bence Szalay) flüchtet aus Rumänien
Attila (Bence Szalay) flüchtet aus Rumänien © Koch Films

Bis hierhin sind die punktuellen Szenenwechsel äußerst clever gesetzt. Die nötige Aufmerksamkeit obgleich der verschiedenen Zeitsprünge leistet man als Zuschauer gerne. Regisseur Nimród Antal verzichtet auf erklärende Dialoge (höchstens im aktuellen Zeitstrang durch den Kommissar) und lässt die Umgebung und die handelnden Personen für sich sprechen.

Der genaue Werdegang bis zum Räuber ist sicherlich Ambrus‘ Biografie zu verdanken, die er im Gefängnis schrieb. In Ungarn angekommen, kommt er bei einer Eishockey-Mannschaft unter. Unsicher aber zielstrebig zugleich wird er zum semi-professionellen Torwart, gewinnt eine liebevolle Freundin und könnte eigentlich glücklich sein. Doch weiter kommt er nicht, denn immer noch ist Attila illegal und ohne Papiere in Ungarn. Selbst das bisher Erreichte steht dadurch auf wackligen Beinen. Beim Versuch, die Staatsangehörigkeit zu erlangen, scheitert der junge Mann zunächst an Bürokratie und Korruption. Und für einen gefälschten Pass benötigt er auf die Schnelle viel Geld…

The Whiskey Bandit auf der Flucht
The Whiskey Bandit auf der Flucht nach einem Überfall © Koch Films

Dabei wird stets eine gewisse Distanz zu Attila (Bence Szalay) bewahrt. Während auf große Emotionen verzichtet wird, hält sich das Mitleid gegenüber dem späteren kriminellen Bankräuber im Zaum. Natürlich versteckt sich in der Erzählungsweise aber Sympathie für Attila und sogar Verständnis für seinen Entschluss. Schließlich wird der in der Heimat als charmant geltende Mann mitunter als Nationalheld mit Robin Hood verglichen. Woher diese große mediale Anerkennung eigentlich kommt, bleibt der Film schuldig, denn soziale Großtaten vollbringt er nicht.

The Whiskey Bandit alias Attila Ambrus
The Whiskey Bandit alias Attila Ambrus mit der erbeuteten Kohle © Koch Films

Was beim Thriller ansonsten etwas auf der Strecke bleibt, ist Attilas Leben während der Überfälle. Denn wenn in der ersten Hälfte ein zurückhaltender, ja sogar bescheidener Kerl gezeigt wird, fehlt letztlich die Wandlung zum Wiederholungstäter, nachdem er z.B. seinen Pass erworben hat. Als Motivation kann wohl nur die Gier genannt werden. Was den wahren Begebenheiten außerdem noch gut getan hätte, wären genauere Zeitabschnitte wie z.B. Jahreszahlen. So verliert „The Whiskey Bandit“ gegen Ende und beim Finale etwas von seiner Griffigkeit, was die Geschichte durchaus wohl hergegeben hätte.

  • 8/10
    Film - 8/10
  • 9/10
    Bild - 9/10
  • 9/10
    Ton - 9/10
  • 3/10
    Extras - 3/10
8/10

Kurzfassung

Spannender biografischer Thriller über den ungarischen Whiskey-Banditen, der viel zu erzählen hat.

Bild:

Vor allem in den Rückblenden lässt „The Whiskey Bandit“ die Bilder für sich sprechen und sorgt für eine packende Atmosphäre. Immer in Reichweite des Protagonisten wurde die Außenwelt um ihm herum in realistischen Bildern gut aufgenommen. Die späteren Actionszenen sind genauso gelungen. Das Bildformat präsentiert sich im 2.35:1 (16:9).

Ton:

Beim Ton fällt der fast omnipräsente, häufig alternativ-rockige Soundtrack auf, der viele Szenen passend untermalt. Die Dialoge wirken trotz DTS HD-Master Audio 5.1 manchmal etwas stumpfer. Die Synchronisation lässt keine Wünsche übrig.

Extras:

Hier gibt es leider wenig zu berichten, da die Blu-ray nur den Trailer, eine Trailershow sowie eine kurze Bildergalerie zeigt. Gerade wegen den wahren Begebenheiten wäre hier mehr drin gewesen.

Fazit:

Die ungarische Produktion unter Regisseur Nimród Antal dürfte nur wenige Millionen gekostet haben. Was der Hollywood-erfahrene Filmemacher damit schuf, ist packend, interessant und detailgetreu erzählt. Ein kompletterer Überblick hätte in die zwei Stunden Laufzeit kaum reingepasst und so wurde gut priorisiert.


von Nicolas Wenger

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