Robin Hood: Kritik zur 4K Ultra HD Blu-ray

Taron Egerton in Robin Hood
Taron Egerton in Robin Hood © Studiocanal Home Entertainment

Die Kritik:

Er existierte wohl nicht: Robin Hood, der Rächer aus dem Wald ist ein Phantom. Und trotzdem ist er als Universalheld und literarische Figur dauerpräsent. Er erfreute sich schon vor vielen Jahrzehnten reger Beliebtheit und auch im Jahr 2018 möchte man dem modernen Publikum die Geschichte des Räubers der Armen erzählen.
ROBIN HOOD ist die neuste Verfilmung des Literatur-Klassikers, ab 12 Jahren freigegeben und läuft 116 Minuten. Ab dem 23.05.2019 ist der Streifen hierzulande als 4K UHD-Blu-Ray, Steelbook (4K UHD und Blu-ray), Blu-ray und DVD erhältlich. Ob diese weitere Verfilmung ihre Daseinsberechtigung hat und einen Blick wert ist, haben wir für Euch auf 4K bereits überprüft.

Robin Hood - 4K UHD Cover
Robin Hood – 4K UHD Cover © Studiocanal Home Entertainment

ROBIN HOOD beginnt miserabel. Im Voice Over erwähnt ein Erzähler geschichtscharakterhaft, dass man alles vergessen solle, was man bisher zu „Robin Hood“ kenne, um sich auf diesen Film einlassen zu können. Dies ist jedoch in keiner Weise als Vorbereitung auf eine höchst innovative und neuartige Interpretation des Gutmenschen gemeint, sondern augenscheinlich vielmehr als eine Art vorausschauenden Selbstschutz, um im Vergleich zur Originstory nicht vollends unter die Räder zu geraten.

Kurze Zeit später wird der Hauptcast eingeführt. Den Beginn stellt Robin Hood (Taron Egerton; Eddie the Eagle: Alles ist möglich), dem zügig auch sein Love Interest Merian (Eve Hewson; PAPILLON (2017)) folgt. Robin Hood wird kurz später überraschend vom Sheriff von Nottingham (Ben Mendelsohn; STAR WARS: ROGUE ONE) zu den Kreuzzügen in Arabien zitiert, bevor ein inhaltlicher Vier-Jahres-Sprung einsetzt. Vor Ort trifft er auf seinen späteren Kompagnon Yahya/John/Little John (Jamie Foxx; DJANGO UNCHAINED), der dazu genutzt wird, um Hood durch einen Vorfall wieder in den Sherwood Forest zu befördern, wo sich während seiner Abstinenz die Schere zwischen Arm und Reich weiter geöffnet und die sozialen Umstände zunehmend verschlechtert haben. Es fällt ihm schwer, sein Gerechtigkeitsgefühl mit diesen Gegebenheiten in Einklang zu bringen, weswegen er beschließt, zusammen mit seinen Mitstreitern den Sheriff zu stürzen und eine Revolution auszulösen.

Jamie Dornan in Robin Hood
Jamie Dornan in Robin Hood © Studiocanal Home Entertainment

Dieser Hauptprozess der Handlung ist geprägt von einem unsagbaren Unbewusstsein dafür, welche Originstory mit all ihren historischen und gesellschaftlichen Komponenten man hier zum dreiunddreißigsten Mal zu verfilmen versucht. Für keine der vielen Figuren blitzen Bemühungen auf, sie dramaturgisch hinreichend darzustellen oder ihnen eine passende hintergründige Geschichte zu verleihen. So ist es kein Wunder, dass die Lovestory zwischen Hood und Merian durch nicht stattfindende Unterfütterung absolut tangiert und auch die übrigen Charakterzusammenkünfte kein Storytelling-freundliches Wertegerüst aufbauen. Selbst die Beziehung von Hood und Yahya, die unter allen noch am stärksten ausfällt, ist kaum verfolgenswert. Dies liegt nicht zuletzt an der Fehlbesetzung der beiden Protagonisten.

Während Foxx schnell seine personelle Nichteignung für seine Rolle entblößt („Goldene Himbeere“-Nominierung in der Kategorie „Schlechtester Schauspieler“ [Film ebenfalls in der Kategorie „Schlechtester Film“ nominiert]), geschieht dies später auch bei Egerton nach anfänglichem Optimismus relativ unerwartet. Komplett zerstört wird seine Verkörperung durch die Zeichnung des Wesens des Robin Hood als coolen, fast schon „draufgängerischen“, „Scheiße“-sagenden und anfangs trampelig-unquirligen Jungen, für den im Verlauf zusätzlich noch lächerliche und in erster Linie deplatzierte Versuche des Schaffens einer komödiantischen Seite angestellt werden. Es bleibt ihm verwehrt, seine in EDDIE THE EAGLE präsentierte Wandelbarkeit und sein in KINGSMAN: THE SECRET SERVICE dargebotenes Schauspiel-Talent intensiver auszuspielen, geschweige denn überhaupt anzubringen. Im Cast schafft es nur Mendelsohn, eine einigermaßen genügende Leistung für sein Spiel des Sheriffs als nahezu interessantester Charakter des Streifens abzurufen.

Eve Hewson and Taron Egerton in Robin Hood
Eve Hewson and Taron Egerton in Robin Hood © Studiocanal Home Entertainment

Das deutlich zu schnelle und hektische Storytelling, dem es der Schnitt gleich tut, wird begleitet von einer Kulisse, die das Produktionsbudget von satten 100 Millionen Dollar rechtfertigen könnte, das aber nur auf einer quantitativen Ebene tut. Es gibt durchaus ansehnliche Gebiete, in denen sich die Figuren bewegen. Das Setting ist gräulich, steinig, alt, staubig, holzig und rau gestaltet, aber – wie auch Kostüm und Make-Up – zeitlich in jederlei Hinsicht nicht zutreffend. Die ursprüngliche Veranlagung der Erzählung aus dem 12. Jahrhundert wird weitestgehend missachtet, da man Szenen viel zu industriell ausstattet und epochal falsch einordnet. Man habe das Bestreben verfolgt, Set und Kostüm zu jeweils einem Drittel historisch korrekt, zeitgemäß und futuristisch zu halten.

Schlussendlich ist es viel eher zu vier Fünfteln zeitgemäß und zu einem Fünftel futuristisch. Set- und Figurendesign sind also keinesfalls eine Stärke des Films, sondern aufgrund des enormen Budgets und seiner auch auf der Ebene des CGI und Kampfchoreographien mangelhaften Resultate genauer eine weitere Schwäche. Nur durch wenige, einzeln für sich selbst stehende und einigermaßen gelungene Szenen rettet sich der Streifen vor einem erzählerischen Totalausfall, der seine begrenzte Qualität jedoch nicht aus der Feder der Macher zieht, sondern aus der nicht ganz dementierten Originstory. Sucht man verzweifelt nach mäßiger Unterhaltung allein durch die Neuinterpretation des Regisseurs Otto Bathurst (Peaky Blinders: Gangs of Birmingham – Staffel 1), so gerät man spätestens nach auf Dächern reitenden Pferden und automatisierten Armbrüsten nüchtern an seine Grenzen.

Jamie Foxx and Taron Egerton in Robin Hood
Jamie Foxx and Taron Egerton in Robin Hood © Studiocanal Home Entertainment

Insgesamt bleibt das Gefühl für das Inszenierte in nahezu jeder Einstellung so schmerzlich aus, dass der Streifen dem Medium Film wie auch der jahrhundertelangen Begeisterung um den Helden der Unterdrückten auf anmaßende Art und Weise respektlos gegenüber tritt – selbst vor Zuschauern, die kein besonders großes Involvement mitbringen.
Nach langen knapp über 100 Minuten schließt der Film – unabhängig vom schalen erzählerischen Schluss – schlimmer ab als er begonnen hat, indem Franchise-Absichten angekündigt werden, für die der Film als Pilot aufgrund seines Tempos gänzlich ungeeignet wäre, und lässt die dramaturgische Talfahrt sodann wie auch über weite Strecken zuvor mit einem unpassenden und geschmacklosen Score enden.

Bild:

ROBIN HOOD zeigt in einem Ansichtsverhältnis von 2,40:1 in 2.160p sein teures und künstliches CGI, das rein technisch allerdings recht sauber dargestellt wird. Es sind keine qualitativen Einbrüche festzustellen, wenn in schnellen Szenen ein Schnitt auf den anderen folgt, und auch die meist dunkleren und farblosen Töne des Settings werden angemessen abgelichtet.

Ton:

Taron Egerton in Robin Hood
Taron Egerton in Robin Hood © Studiocanal Home Entertainment

Die Tonspur liegt auf Deutsch in einem 7.1 MA DTS-HD und auf Englisch in einem 5.1 MA DTS-HD Dolby Atmos vor. Technisch fällt der Ton meist nicht negativ auf. Nur in vereinzelten Situationen ist die Gesamtheit der Geräuschkulisse nicht ausgewogen und es setzt leichtes Hallen ein, was zügig wieder verschwindet.

Extras:

Ergänzend erhält man an Extras einige Featurettes, geschnittene Szenen, ein Gag-Reel, den Trailer und ein Wendecover. Das Behind The Scenes-Material wie auch das Gag-Reel sind gewöhnlich und zeigen nichts besonders Interessantes. Man hat den Fokus hier weniger auf CGI-lastige Szenen als auf „natürlichere“ und handgemachtere Einstellungen gelegt. Mit den Featurettes verhält es sich ähnlich, allerdings ist hier beispielsweise durch ein Pfeil & Bogen-Training seitens Egerton interessanterer Stoff verfügbar. Insgesamt werden gespannte Zuschauer quantitativ durch die B-Roll nicht enttäuscht.

Blu-ray Wertung
  • 2/10
    Film - 2/10
  • 8/10
    Bild - 8/10
  • 8/10
    Ton - 8/10
  • 5.5/10
    Extras - 5.5/10
3.5/10

Kurzfassung

Die Neuauflage von ROBIN HOOD ist nicht gelungen. Aber waren die Nominierungen für die Goldene Himbeere gerechtfertigt?

Fazit:

Laut eigener Aussage verfolgte Bathurst nicht die Absicht, einen besonders guten Film zu drehen. Bei diesem Vorhaben hat er sich selbst mit ROBIN HOOD um ein Vielfaches übertroffen.


von Denis L. Klemm

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