Look Away – Blu-ray Kritik: Origineller Indiebeitrag

India Eisley in Look Away
India Eisley in Look Away © Splendid Film

Die Kritik:

Regisseur Assaf Bernstein präsentiert mit Look Away einen atmosphärischen Psychothriller mit India Eisley und Mira Sorvino in den Hauptrollen, in dem er auch mit einer Prise unterschwelliger System- und Sozialkritik auf aktuelle Missstände insbesondere an Schulen aufmerksam macht.

Look Away - Blu-ray Cover
Look Away – Blu-ray Cover © Splendid Film

Die stille, introvertierte Maria (India Eisley, „Underworld Awakening“) hatte nie besonders viele Freunde und ihre stille und zurückhaltende Art erschweren es zusätzlich daran aktiv etwas zu ändern. Dabei möchte sie eigentlich nur eins: Dazu gehören. Aber selbst dieser mehr als verständliche Wunsch bleibt unerfüllt. Im Gegenteil: In der Schule wird sie ausgegrenzt, gemobbt und erniedrigt und muss fast täglich üble Streiche der coolen Kids über sich ergehen lassen. Die einzige, die zu ihr hält, ist ihre Freundin aus Kindertagen Amy (Oscarpreisträgerin Mira Sorvino, „The Replacement Killers“). Im adäquaten Elternhaus mangelt es ihr zwar nicht an Materiellem, aber Geborgenheit, Liebe und Zuneigung kann man mit keinem Geld der Welt kaufen. Ihr Vater Dan (Jason Isaacs, „Der Patriot“) verbringt durch seine Tätigkeit als Schönheitschirurg und den mit sich bringenden Versuchungen mehr Zeit auf der Arbeit als zu Hause; ihre Mutter fühlt sich vernachlässigt und zeigt kaum Verständnis für die offensichtlich schwer wiegenden Probleme ihrer Tochter. Resigniert und allein weint sie eines Abends vor dem Spiegel, als ihr Spiegelbild plötzlich zu ihr spricht. Sie stellt sich als Marias, bei der gemeinsamen Geburt gestorbene, Zwillingsschwester vor. Sie sagt, sie war schon immer in Marias Nähe, kennt ihre tiefsten Ängste, Sorgen und geheimsten Wünsche und hatte zu jeder Sekunde Anteil am Leben ihres Zwillings. Zuerst skeptisch, dann dankbar kommt Maria zu der Erkenntnis, dass sie endlich die Seelenverwandte gefunden hat, die sie sich immer gewünscht hat. Noch dazu repräsentiert sie alles, was sie sich immer erhofft hatte zu sein: Stark, selbstbewusst und zielorientiert. Als schlussendlich eine öffentliche Demütigung auch noch den letzten Funken Hoffnung auf Besserung erlöschen lässt, bietet ihre Schwester an, mit Maria den Platz zu tauschen, um die Dinge für sie in Ordnung zu bringen. Maria stimmt in ihrer Verzweiflung zu, ohne sich darüber im Klaren zu sein, was sie damit auslöst. Kann sie ihr zunehmend aggressiver werdendes, rachsüchtiges Abbild noch rechtzeitig aufhalten, bevor alles aus dem Ruder läuft?

India Eisley in Look Away
India Eisley in Look Away © Splendid Film

Look Away geht stolze 104 Minuten, was für einen Thriller mit überschaubarer Handlung verhältnismäßig lang erscheint. Die Zeit wurde aber so effektiv genutzt, dass die Länge passend auf den dramaturgischen Aufbau abgestimmt wurde. In der ebenso ausführlichen wie umfangreichen Einleitung, die in etwa die Hälfte des Films einnimmt, lernen wir Maria, India Eisleys erste von zwei Rollen kennen. Ihre ans Herz gehende Darstellung eines Teenagers in der Umbruchphase mit allen Ängsten, Hoffnungen, Wünschen und Träumen, die damit einhergehen, transportiert sie so authentisch, dass man nicht umhin kommt mit ihr auf fast körperlich spürbarer Ebene mitfühlen zu können.

Aber nicht nur der seelische Leidensweg einer vernachlässigten und ziellosen Jugendlichen gehen dem Zuschauer an die Substanz. Auch das Aufzeigen sozialkritischer Missstände und die ungeschönte Darstellung von meist totgeschwiegenen Themen wie Mobbing, Abgrenzung und dem Brechen mit gesellschaftlichen Konventionen hinterlassen beim Zuschauer auch nach dem Abspann noch einen bleibenden und gewollt unangenehmen Nachhall. Nachdem Bernstein seine Protagonistin und ihre Lebensumstände von allen Seiten beleuchtet in ihrer Gänze vorgestellt hat, vollführt er eine elegante Überleitung vom Coming-of-age Drama mit möglichst authentischen Charakterzeichnungen zu einem untypischeren Rachefilm mit subtilen Mysteryeinflüssen.

India Eisley in Look Away
India Eisley in Look Away © Splendid Film

Dabei kommt zu keiner Zeit das Gefühl auf, dass dieses zusätzliche Element die Dynamik der Geschichte beeinträchtigt oder gar ihre Glaubwürdigkeit einbüßen lässt. Ganz im Gegenteil. Mit dem Moment, in dem Maria mit ihrem Spiegelbild den Platz tauscht und Eisleys zweite Rolle in Erscheinung tritt, bringt sie ihr bis dahin ohnehin schon mitreißendes Charakterschauspiel zur endgültigen Perfektion: Die verschüchterte, von Selbstzweifeln geplagte Außenseiterin verwandelt sich in einen eiskalten, von Vergeltung getriebenen Racheengel. Dabei setzt der Racheanteil ausschließlich auf subtile Momente und psychologische Kriegsführung anstatt auf exzessive Gewaltausbrüche, von denen es im vorliegenden Werk erfrischender Weise keine zu sehen gibt. Das ist aber auch überhaupt nicht notwendig, da Eisleys Leistungen als Charakterdarstellerin reichen um diesen Teils fast ohne körperliche Gewaltakte auszuführen.

Bild:

Das Bild im 1080p (16:9) besticht durch einen, zum Grundton des Film passenden, Indie-Look. Überwiegend präsentieren sich in langen Takes dunkle Grau/Blau Töne in satter Farbtiefe mit sauberen Konturen. Hin und wieder wurden situationsbedingte Akzente durch grelle Farben gesetzt, die sich aber nicht als störend erweisen.

Ton:

Der Ton, in zwei Tonspuren (deutsch, englisch) im DTS-HD 5.1 vorhanden und fällt zu keiner Zeit negativ auf. Die Soundkulisse ist an den schon im Bild wiederzufindenden Indie-Look angepasst und verstärkt ihn sogar noch. Das Verhältnis zwischen gesprochener Sprache und Effekten ist weitestgehend im Gleichgewicht und erspart so lästiges Lauter-Leiser stellen.

Extras:

Keine

Blu-ray Wertung
  • 8.5/10
    Film - 8.5/10
  • 8.5/10
    Bild - 8.5/10
  • 8.5/10
    Ton - 8.5/10
7.5/10

Kurzfassung

Origineller Indiebeitrag mit einer fantastischen India Eisley.

Fazit:

Look Away hebt sich deutlich innovativ von anderen Genrebeiträgen ab. Nicht bezogen auf die Story selbst, aber definitiv in Hinsicht auf die Aufmachung und Präsentation. Bernstein hat es geschafft eine perfekte Balance zwischen feinfühligem Drama und Mysterythriller aufzubauen und zu halten. Bernsteins größte Stärke dürfte aber unumstößlich seine brillant besetzte Hauptdarstellerin sein. Ihre sich stetig steigernde Leistung zieht so die Aufmerksamkeit des Zuschauers in seinen Bann, dass man leicht über die ein oder andere Schwäche hinwegsehen kann. Jedem, der mit feinen Charakterzeichnungen, einem gemächlichen Tempo und subtiler Spannung etwas anfangen kann, sei dieser Film wärmstens empfohlen. Wer jedoch einen blutrünstigen Rachefilm oder gruseligen Geisterhorror erwartet, sollte besser einen Bogen machen und sich in anderer Richtung umsehen.


von Christoph Berger

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