Hellboy – Call of Darkness: Blu-ray Kritik

Ihm entkommt keiner: Hellboy (David Harbour)
Ihm entkommt keiner: Hellboy (David Harbour) © Universum Film

Die Kritik:

Hellboy - Call of Darkness BD Blu-ray Cover
Hellboy – Call of Darkness BD Blu-ray Cover © Universum Film

1993 erschuf Mike Mignola mit „Hellboy” einen der wohl ungewöhnlichsten Antihelden der Comicwelt. Der jahrhundertealte Halb-Dämon, der im Zweiten Weltkrieg von Nazis in einem okkulten Ritual in unsere Welt herbeigerufen wurde und von dem paranormalen Forscher Professor Bruttenholm großgezogen wurde, stand im Mittelpunkt zahlreicher eigener Comics und entwickelte sich zur Kultfigur. Guillermo del Toro brachte den ironischen und gutherzigen Höllenjungen 2004 und 2008 bereits zweimal erfolgreich ins Kino, zu einem lange angekündigten dritten Film kam es aber nie – zu groß waren die Schwierigkeiten, das Projekt finanziell zu stemmen. Ironischerweise entschied man sich stattdessen für ein Reboot mit neuen Machern und Darstellern, das jedoch nicht nochmal die Ursprungsgeschichte erzählen wollte.

Heraus gekommen ist ein Film, der sichtlich ambitioniert und mit Leidenschaft für seinen unkonventionellen Titelhelden inszeniert ist, aber die Klasse, das Herz für Außenseiter und die differenzierte Figurenzeichnung von del Toros schlüssiger Vision vermissen lässt. Das mag das Resultat kreativer Differenzen hinter den Kulissen sein, bei denen Regisseur Neil Marshall („The Descent“, „Doomsday“, „Game of Thrones“) offenbar einen schweren Stand hatte und nicht mal für die finale Schnittfassung zuständig war. So ist das Endprodukt recht enttäuschend ausgefallen, gerade weil gute Einzelteile vorhanden sind, aber nicht zu einem überzeugenden Ganzen zusammengeführt werden.

Teuflischer Scherzbold: Hellboy (David Harbour) und Alice (Sasha Lane)
Teuflischer Scherzbold: Hellboy (David Harbour) und Alice (Sasha Lane) © Universum Film

Eine dieser Stärken ist durchaus David Harbour, der in die sehr großen Fußstapfen von Original-Hellboy Ron Perlman tritt. Lange war nicht mal vorstellbar, dass jemand anderes als der für die Rolle prädestinierte Perlman die wie für ihn gemachte Figur spielen könnte, Harbour macht jedoch einen wirklich guten Job. Seine Interpretation ist etwas schroffer als die von del Toro und Perlman, doch trotz seiner ironisch-trockenen Art und in Ansätzen vorhandener Herzlichkeit ist sein Hellboy weit weniger sympathisch und damit nicht so zugänglich. Manchmal wirkt die an sich gelungene Maske noch etwas dicker und damit unflexibler als in del Toros Filmen, wodurch Harbour teilweise mimisch etwas eingeschränkt wirkt. Optisch ist die Figur roher, die Hörner gefühlt größer, ungeschliffener, die Haare zotteliger und nicht zum charakteristischen Dutt gebunden. Das passt insgesamt zu dieser weit düstereren und brutaleren Vision, die zugegebenermaßen aber erzählerisch wie tonal sehr nahe an der Vorlage ist.

Das Problem mit dem Film ist, dass er dem Zuschauer mit endloser Exposition und eher mechanischer Erzählweise den Zugang raubt und ihn mehr zum passiven Beobachter macht. „Hellboy: Call of Darkness“ mag vorlagengetreu sein, gut erzählt ist er jedoch nicht. Das Drehbuch von Andrew Cosby richtet sich primär nach den „Darkness Falls“, „Hellboy: Call of Darkness“, „The Wild Hunt“, „The Storm and the Fury“ und „Hellboy in Mexico“-Comics und entnimmt daraus zahlreiche Szenen. Doch letztlich wirkt der Film nie ganz wie aus einem Guss, sondern aus Einzelteilen zusammengeflickt. Zu beliebig, unverständlich und unfokussiert wirkt der Plot um die böse Hexe Nimue (Milla Jovovich), die in dem stark stilisierten und überhöhten Prolog von König Artus getötet und später von den mythischen Kreaturen Gruagach und Baba Yaga wiederbelebt wird (wofür erstmal ihre diversen an unterschiedlichen Orten versteckten Einzelteile zusammengesucht werden müssen). Natürlich müssen die rachsüchtigen Weltzerstörungspläne der bösen Hexe von Hellboy vereitelt werden, der höchstselbst in ihrem Fadenkreuz steht…

Blutkönigin Nimue (Milla Jovovich)
Blutkönigin Nimue (Milla Jovovich) © Universum Film

„Hellboy: Call of Darkness“ ist insgesamt ein recht freudloser, träger und wenig mitreißender Film, der aber neben dem engagierten Harbour zumindest in Sachen Figurendesign überzeugt. Die rachsüchtige Fee Gruagach, die nach einem Fluch die Form einer riesigen Warzenschwein-artigen Kreatur angenommen hat, ist ein optisches Highlight, bietet aber auch dank der augenzwinkernden Synchronisation von einem gut aufgelegten Stephen Graham nette Kontraste zwischen Horror und ironisch gebrochenem Humor. Ein echtes Highlight ist dann auch die fürchterlich groteske Hexe Baba Yaga, deren albtraumhafte und ernsthaft beängstigende Szene mit Hellboy tatsächlich genauso auch aus dem Universum von del Toro stammen könnte. Doch auch darüber hinaus bietet der Film zahlreiche kreativ gestaltete mythische Horrorfiguren, die zumindest manches Fanherz höher schlagen lassen könnte.

Auch del Toros Filme waren durchaus düster, Marshalls Vision treibt es jedoch deutlich weiter. Sein Film ist brachialer, zynischer, trockener, vulgärer und, wie bereits erwähnt, noch näher am Horror-Genre. Über den gesamten Filmverlauf werden heftige Gewaltspitzen eingestreut, in dem apokalyptischen Finale in London jedoch lässt der Film einige der schlimmsten Grausamkeiten los, die das Mainstreamkino in letzter Zeit gesehen hat: Hier werden Menschen von gigantischen, durch die Straßen stampfenden Höllenwesen auf verschiedenste Weise auseinandergerissen, aufgespießt und gehäutet wie eine Pellkartoffel, wobei der Horror zumindest ein wenig von der CGI-Lastigkeit und gewissermaßen kalkulierten, zu bemüht wirkenden Machart abgeschwächt wird. Dennoch: Der Film hat durchaus immer wieder visuelles Flair, gerade wenn auf echte Sets und reale Maskenfiguren gebaut wird. Manche visuellen Effekte sind gelungen, andere wirken wiederum sehr künstlich und im schlimmsten Fall sogar unfertig.

Hellboy (David Harbour) und sein Ziehvater Professor Broom (Ian McShane)
Hellboy (David Harbour) und sein Ziehvater Professor Broom (Ian McShane) © Universum Film

Am Ende bleibt ein Film zurück, der selbst irgendwie unfertig und nicht zu Ende gedacht wirkt. So lässt „Hellboy: Call of Darkness“ letztlich über die gesamte (sehr lange wirkende) Laufzeit trotz vieler guter und gutgemeinter Ansätze erstaunlich kalt und lässt eine starke filmische Stimme, Vorstellungskraft und Menschlichkeit wie die von Guillermo del Toro sträflich vermissen.

Bild:

Auch wenn der Film selbst nicht wirklich gelungen ist, überzeugt die technische Umsetzung der Blu-ray auf ganzer Linie. Das digital auf Arri Alexa aufgezeichnete Bild mag zwar durch häufigen CGI-Einsatz häufig recht künstlich und hochpoliert wirken, dennoch ist der Bildeindruck enorm hochwertig. Detail- und Schärfelevel sind durchweg auf spektakulärem Niveau, ebenso die intensiven Kontraste und tiefen Schwarzwerte. Toll ist auch die überaus vielfältige Farbpalette, die in zahlreichen feinen Nuancen erstrahlt. Auch in dunklen Szenen bleibt das Bild wunderbar detailreich, digitales Rauschen oder andere Bildfehler bleiben aus.

Ton:

Ebenso spektakulär wie die bildliche Umsetzung der Blu-ray ist auch der akustische Eindruck. Von der ersten Sekunde bombardiert der Dolby Atmos-Track den Zuschauer unerbittlich. Die Surround-Aktivität ist konstant hoch, ebenso wie der sehr hohe Dynamikumfang. Der Subwoofer meldet sich hier natürlich häufig auf überaus wuchtige Weise, während Dialoge in beiden Tonspuren einwandfrei verständlich abgemischt sind.

Extras:

Das Bonusmaterial überrascht mit einer Fülle von interessanten Extras. Herzstück ist das dreiteilige Making-of, das die Hintergründe des Films tiefgründig beleuchtet. Dass die Produktion überaus problembehaftet war und hinter den Kulissen kreative Kriege tobten, kann man anhand des Bonusmaterials kaum erahnen. Lediglich die Abwesenheit jeglicher Statements von Regisseur Neil Marshall sind untrügliches Indiz für die kreativen Differenzen.

Neben dem Making-of liegen zusätzlich drei entfernte Szenen und drei Previsualization-Sequenzen vor. Ergänzt wird das Bonusmaterial noch von zwei sehr kurzen Featurettes, die angesichts des Making-ofs redundant erscheinen.

Tales of the Wild Hunt: Hellboy Reborn (The Forever Warriors – Story and Characters (25:13 Min.), Ye Gods and Devils – Creatures and Gear (26:22 Min.), Rise of the Blood Queen (19:11 Min.))

Deleted Scenes (Full Pendle Hill Opening (04:25 Min.), Shower Scene (01:24 Min.), Blood Queen + Gru in Parking Lot Scene (02:06 Min.))

Previsualization (Giant Fight Pre-VFX (02:51 Min.), Gru vs. Hellboy Pre-VFX (03:32 Min.), London Apocalypse Pre-VFX (00:54 Min.))

Featurette: Hellboy – Call of Darkness (01:32 Min.)

Featurette: Keeping It Practical (01:03 Min.)

Trailer 1 (02:10 Min.)

Trailer 2 (01:30 Min.)

Trailer 3 (01:27 Min.)

Trailer 4 (02:08 Min.)

Trailershow

  • 5/10
    Film - 5/10
  • 9.5/10
    Bild - 9.5/10
  • 10/10
    Ton - 10/10
  • 7/10
    Extras - 7/10
7.5/10

Kurzfassung

„Hellboy: Call of Darkness“ bleibt leider hinter den Erwartungen zurück.

Fazit:

Trotz vieler guter Ansätze bleibt „Hellboy: Call of Darkness“ leider hinter den Erwartungen zurück. Dem Film fehlt es an dramatischer Kohärenz, Menschlichkeit und Seele, auch wenn David Harbour als Hellboy durchaus überzeugt und sich das Figurendesign sogar oft als echtes Highlight herausstellt.


von Florian Hoffmann

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