Eine Geschichte von Liebe und Finsternis – Blu-ray Kritik: Natalie Portmans erste Regiearbeit

Eine Geschichte von Liebe und Finsternis - Natalie Portman als Fania
Eine Geschichte von Liebe und Finsternis - Natalie Portman als Fania © Koch Films

Die Kritik:

Eine Geschichte von Liebe und Finsternis Blu-ray Cover
Eine Geschichte von Liebe und Finsternis Blu-ray Cover © Koch Films

Oscar-Preisträgerin Natalie Portman gehört zweifelsohne zu Hollywoods größten Stars. Was jedoch nur verhältnismäßig wenigen Zuschauern bekannt sein sollte, ist Portmans Herkunft, denn die 35-jährige Darstellerin hat israelische Wurzeln und wurde sogar in Jerusalem geboren. Auch wenn Portman letztlich in den USA aufgewachsen ist und neben ihrer Familie und ihren Vorfahren nur wenig direkte Verbindungen in ihre Heimat hat, spielte die Geschichte ihres Herkunftslandes schon lange eine große Rolle für sie. Eine unbestreitbare Herzensangelegenheit war so schon seit geraumer Zeit die filmische Realisierung des autobiografischen Romans „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ des israelischen Schriftstellers Amos Oz. Acht Jahre dauerte es, bis Portman das Drehbuch und die Finanzierung für ihr Regiedebüt auf die Beine stellen konnte, bei dem sie zudem darauf bestand, dass Hebräisch als Primärsprache genutzt wird. Zudem frischte Portman für ihre eigene Rolle im Film die Sprache selbst auf, um ihren amerikanischen Akzent so gut es geht zu eliminieren. Heraus gekommen ist ein sehr ambitionierter und ernsthafter Film, der sichtlich Ehrfurcht vor seinem bedeutungsvollen Subjekt hat und am Ende mehr eine bewundernswerte und leider etwas distanzierte filmische Respekterweisung ist als ein wirklich packender und ergreifender Film.

„Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ erzählt vom Aufwachsen von Amos Oz (Amir Tessler) in Jerusalem unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Dort lebt der junge Oz mit seinen jüdischen Eltern Fania (Natalie Portman) und Arieh (Gilad Kahana), die beide aus Osteuropa stammen. Speziell zu Fania hat Amos eine enge Beziehung, sie erzählt ihm immer wieder unglückliche, manchmal märchenartige Geschichten aus ihrer eigenen Kindheit. Das Land, das zu diesem Zeitpunkt noch dem Völkerbundsmandat für Palestina und damit Großbritannien angehörte, befand sich in Aufruhr und Spannung, Konflikte zwischen Juden und palästinensischen Arabern schwelten stets latent vor sich hin. Der Film ist zum einen Zeitchronik, zum anderen aber auch ein Stück weit Coming-of-Age Geschichte, in seinem Kern geht es jedoch um die Beziehung zwischen Amos und seiner Mutter, die zunehmend in einen selbstzerstörerischen Zustand der Depression und Verzweiflung verfällt.

Eine Geschichte von Liebe und Finsternis - Fania (Natalie Portman) und Amos Oz (Amir Tessler)
Eine Geschichte von Liebe und Finsternis – Fania (Natalie Portman) und Amos Oz (Amir Tessler) © Koch Films

Man spürt „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ vom ersten Bild an, dass hier etwas Bedeutungsvolles erzählt werden soll. Über weite Strecken dieses schwermütigen und langwierigen Films führt die Erzählstimme des erwachsenen Amos Oz, der nicht nur die Beziehung zu seiner Mutter Revue passieren lässt, sondern auch einen zeitgeschichtlichen Kontext liefert. Hierzu baut Portman gelegentlich auch dokumentarisches Archivmaterial ein, um die komplexe Geschichte und die Hintergründe der Konflikte ihres Heimatlandes besser zu verdeutlichen. Hier merkt man dem Film an, dass er der der literarischen Vorlage unbedingt gerecht werden und möglichst respektvoll vorgehen will, jedoch will Portmans Regiedebüt nie so richtig in Fahrt kommen.

Ihr Film ist zweifelsohne sehr stimmungsvoll und atmosphärisch geraten, besonders in rein filmischen Momenten, gerade bei Fanias Erzählungen, erreicht der „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ eine bildgewaltige, oft malerische, surreale und poetische Ebene, die jedoch auch irgendwie abstrakt und unnahbar bleibt. Der polnische Hollywood-Routinier Slawomir Idziak („Black Hawk Down“, „Harry Potter und der Orden des Phönix“, „Drei Farben: Blau“) findet immer wieder starke und kraftvolle Bilder für Portmans Film, der zudem auch an realen Schauplätzen in Israel gedreht wurde und auch ausstattungstechnisch überzeugt.

Rein auf audiovisueller Ebene (die Filmmusik stammt vom Oscar-nominierten „Moonlight“-Komponisten Nicholas Brittell) zeigt sich „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ also sicher von seiner stärksten Seite, jedoch fühlt sich der Film deutlich länger an als seine 95-minütige Laufzeit. Auch darstellerisch weiß der Film zu überzeugen, jedoch fällt es schwer, eine Beziehung zu den Figuren aufzubauen, die immer ein Stück weit unnahbar bleiben. Man muss vielleicht eine tiefe Verbindung zu der Thematik haben, um „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ als emotional profunde Erfahrung wahrzunehmen, für die meisten Zuschauer wird das Ansehen dieses Films jedoch trotz aller bewundernswerter Ambitionen eine eher anstrengende Erfahrung sein.

Bild:

Eine Geschichte von Liebe und Finsternis - Arieh (Gilad Kahana) und Amos Oz (Amir Tessler)
Eine Geschichte von Liebe und Finsternis – Arieh (Gilad Kahana) und Amos Oz (Amir Tessler) © Koch Films

Das digital auf Arri Alexa (und teilweise Blackmagic Camera) aufgezeichnete Bild von „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ präsentiert sich größtenteils in stilisierter und stark farbkorrigierter Ästhetik. Hier fällt vor allem das meist recht stark entsättigte Bild auf, wobei auch gelegentlich deutliche Farbakzente gesetzt werden. Primär offenbart sich hier ein überaus knackiger und plastischer Bildtransfer mit hervorragenden Schärfe- und Detailwerten, auch in Sachen Kontrasten und Schwarzwerten überzeugt das Bild. Abzüge gibt es jedoch für das stellenweise nicht übersehbare Rauschen, das jedoch nur in manchen Rückblenden vorkommt und womöglich eine ästhetische Entscheidung war. Dennoch wirkt dieses eventuelle Stilmittel eher irritierend als bereichernd.

Ton:

In akustischer Hinsicht lässt sich nichts Wesentliches an der Scheibe aussetzen. Es präsentiert sich ein recht dynamisches Klangbild, das durch gute Priorisierung und sehr klare und verständliche Stimmwiedergabe überzeugt. Differenzierte Räumlichkeit kommt auch immer wieder auf, jedoch vernimmt man gelegentlich auch ein leichtes (ungewolltes?) Rauschen auf den Surroundkanälen. Dennoch eine sehr überzeugende akustische Umsetzung.

Extras:

Neben obligatorischen Trailern und einer Bildergalerie bietet die Blu-ray ein knapp über viertelstündiges Making of, das durchaus einige interessanten und erhellenden Einsichten in die Hintergründe zum Film liefert.
Originaltrailer (01:59 Min.)
Deutscher Trailer (01:59 Min.)
Bildergalerie (02:24 Min.)
Hinter den Kulissen (16:29 Min.)
Weitere Trailer (Unter dem Sand, Equals, Swiss Army Man)

Blu-ray Wertung
  • 6/10
    Film - 6.0/10
  • 8.5/10
    Bild - 8.5/10
  • 8/10
    Ton - 8.0/10
  • 5/10
    Extras - 5.0/10
6.5/10

Kurzfassung

Eine tief empfundene und ambitionierte Auseinandersetzung mit der konfliktreichen und schmerzhaften Geschichte Israels, die leider nie einen emotional ergreifenden Herzschlag entwickelt.

Fazit:

„Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ offenbart Natalie Portmans Talent als Filmemacherin, jedoch sorgt hier ein überaus persönlicher und ambitionierter Stoff für eine zu schwerfällige und ehrfürchtige Inszenierung, die nie wirklich zu packen weiß. Auf darstellerischer und audiovisueller Ebene beweist der Film jedoch unzweifelhafte Stärken.


von Florian Hoffmann

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. (Kommentar wird erst geprüft)


*