Criminal Squad – Blu-ray Kritik: Wir freuen uns über die US Unrated Fassung

Criminal Squad Logo © CONCORDE Home Entertainment GmbH

Die Kritik:

Criminal Squad Blu-ray Cover
Criminal Squad Blu-ray Cover © CONCORDE Home Entertainment GmbH

Sphärische Klänge ertönen, das glitzernde Los Angeles bei Nacht erscheint, die Kamera gleitet aus der Vogelperspektive nach unten und folgt einem Geldtransporter. An einem Donutshop kommt es zum Überfall von maskierten und militärisch ausgerüsteten Männern. Ein unbarmherziger Shootout bricht aus, da einer der Gangster einen unruhigen Finger hatte. Der Anführer ist danach wütend auf den Initiator, der sich „Bosco“ nennt.

Spätestens an dieser Stelle sollte sich ein Déjà-vu-Gefühl für den Kenner einstellen, denn „Criminal Squad“ spielt überdeutlich auf Michael Manns L.A.-Kriminalsaga-Meisterwerk „Heat“ an. Eine vergleichbare Szene ereignet sich eben auch in Manns Klassiker zu Beginn, während dort sogar ebenfalls eine Figur namens Bosco eine Rolle spielt. Frappierende Ähnlichkeiten ziehen sich hier durch die gesamte Laufzeit von Christian Gudegasts selbstbewusst inszeniertem Regiedebüt, der zuvor als Drehbuchautor des unterschätzten Vin Diesel Rachethrillers „Extreme Rage“ und kläglichen „London Has Fallen“ fungierte. Wie auch in „Heat“ treffen auch in „Criminal Squad“ eine Profi-Gangsterbande auf ein Team von besessenen Ermittlern, währende beide Gruppen von Alpha-Männern angeführt werden, die sich gegenseitig auf unausgesprochene Weise respektieren.

„Criminal Squad“ erscheint sicher wie eine Version von „Heat“ auf Energy Drinks, eine weniger poetische, direktere und unsubtilere Gangster & Cops-Saga, die dennoch durch ehrliches Handwerk, authentische Milieuzeichnung und gelegentlich intensive Actioneinlagen überzeugt. Gudegasts Film ist altmodisches, testosterontriefendes Machokino, das an weichgespülter Political Correctness nicht interessiert ist und einen erfrischend ungefilterten Blick auf unprätentiöse Maskulinität wirft. Wer das Männerkino der alten Schule eines Sam Peckinpah, Walter Hill oder eben Michael Mann mag und vermisst, der wird hier sicher seine Freude haben.

Criminal Squad: Detective 'Big Nick' O'Brien (Gerard Butler)
Criminal Squad: Detective ‚Big Nick‘ O’Brien (Gerard Butler) © CONCORDE Home Entertainment GmbH

Sicher, hier wirkt alles gerne auch mal ein wenig überzeichnet und arg gewollt, jedoch findet der Film nach einer Weile seinen Groove und lässt nicht mehr los. Wie Gerard Butler, der zu einem der letzten Vertreter des klassischen Machokinos gehört, zu Beginn mit maximal breitbeinigem Gehabe über den Donutshop-Tatort läuft, ist so ein Beispiel für genüssliche und durchaus unterhaltsame Überzeichnung. Butler spielt Detective ‚Big Nick‘ O’Brien, den Anführer der selbsternannten „Regulators“, einer knüppelharten Elite-Einheit von L.A. County Sheriffs, die sich auf Profidiebe spezialisiert haben. Diese muskelbebackte und knurrende Gruppe wilder Hunde spielt nicht nach den Regeln und wirkt nach außen kaum weniger gefährlich wie die Gangster, auf die sie Jagd machen. O’Brien ist ein bärtiger, tätowierter, fluchender, rauchender, lederjackentragender und mit dicken Ringen ausgestatteter Old School-Bär, der ständig voll drauf ist und sich im Laufe des Films in geregelten Abständen über solche paragraphentreuen und weniger männlichen Langweiler wie seinen veganen FBI-Kollegen Bob (Jordan Bridges) lustig macht.

Sein Kontrahent ist Ray Merrimen (Pablo Schreiber), der Kopf eines aus Ex-Militärs bestehenden Profidiebesbande, die sich wiederum „The Outlaws“ nennen und ihre militärische Erfahrung zur taktischen Durchführung ihrer präzise geplanten Diebeszüge nutzen. Merrimen steht schon länger im Fadenkreuz des unerbittlichen Ermittlers O’Brien und will nun über dessen Fluchtwagen-Fahrer Donnie Wilson (O’Shea Jackson) an ihn rankommen. O’Brien entführt Wilson und versucht ihn zu erpressen, um an Informationen zu gelangen. Merrimen plant nämlich einen scheinbar unmöglichen Überfall auf die hermetisch bewachte und undurchdringliche Festung Los Angeles Federal Reserve Bank, um dort an 30 Millionen Dollar zu gelangen, die zerstört werden sollen…

Criminal Squad: Enson Levoux (Curtis '50 Cent' Jackson)
Criminal Squad: Enson Levoux (Curtis ’50 Cent‘ Jackson) © CONCORDE Home Entertainment GmbH

Leider hat der deutsche Verleih für die Kinoveröffentlichung von „Criminal Squad“ eine deutlich verkürzte Version hergestellt, bei der sämtliche Szenen über ‚Big Nick’s Privatleben herausgeschnitten wurden. In der US-Version hat Butlers Figur deutlich mehr Dimension, da er hier gerade eine Trennung von seiner Frau durchlebt, die er betrogen hat. ‚Big Nick‘ leidet sehr darunter, insbesondere an der Trennung zu seinen Kindern. In der hier verfügbaren US-Fassung sind diese Szenen alle enthalten, die auf eine Länge von fast 20 Minuten kommen. Die deutsche Fassung ist deutlich straffer gehalten und kommt direkter zum Punkt, was jedoch auch seine Vorteile hat. In der US-Fassung ist die erste Hälfte recht unaufgeregt gehalten und nur wenig an Action interessiert. Viel mehr werden hier behutsam die Charaktere und ihre Hintergründe eingeführt, wodurch der Film allerdings auch ein wenig vor sich hinplätschert und erzählerische Dynamik vermissen lässt.

Das ändert sich jedoch mit der zweiten Hälfte des Films, die sich wie ein einziger Höhepunkt anfühlt. Hier wird der tatsächlich sehr clever und komplex durchgeführte Überfall auf die Federal Reserves Bank brillant in mehreren Stufen inszeniert. Das ist überaus spannend, unterhaltsam und überraschend ausgefallen, was „Criminal Squad“ plötzlich zu einem richtig guten Film macht, der mehr als ein Imitat ist. Das führt dann schließlich alles zu einem fulminanten und enorm authentisch wirkenden Shootout auf L.A.s Straßen, der sich in seiner detailfreudigen Präzision und genau recherchiertem Realismus vor Manns Meisterwerk gar nicht mal verstecken muss. Hier wird man als Zuschauer voll eingespannt und genießt einen schwitzigen und extrem bleihaltigen, taktisch durchgeführten Bleiwechsel, bei dem man mittendrin im intensiven Geschehen ist.

Criminal Squad: Big Nick (Gerard Butler) und SWAT-Team
Criminal Squad: Big Nick (Gerard Butler) und SWAT-Team © CONCORDE Home Entertainment GmbH

Sicher, „Criminal Squad“ kommt nur in Ansätzen an „Heat“ heran, die Figuren bleiben mit Ausnahmen recht blass, auch wenn Gudegast ein spürbares Verständnis für sein Milieu hat. Sein ehrfürchtiges Streben nach „Heat“ ist aber zu offensichtlich, selbst in Details, wenn er Butler in still-poetischen Bildern an den Ozean stellt, wo er ihn ganz ihm Mann’schen Stil reflektieren lässt. Überhaupt machen viele Einstellungen überdeutlich, dass Gudegast Manns einzigartigen Stil genau studiert hat. Hier fehlen jedoch die impressionistischen Momente, die Klasse, Feinsinnigkeit und obsessiv recherchierte und daher enorm authentische Figurenzeichnung, die aus Manns Film eben mehr als einen herkömmlichen Genrevertreter gemacht haben. Überhaupt bietet der Film im Grunde nichts, was man nicht schon so oder so ähnlich gesehen hat.

Dennoch, „Criminal Squad“ funktioniert trotz der Ähnlichkeiten und einer eher schleppenden und teils bemüht wirkenden ersten Hälfte erstaunlich gut. Gudegast erweist sich als ernstzunehmendes Regie-Talent und das Charisma von Butler und Schreiber trägt den Film stark. Spannend könnte es werden, wenn Gudegast dann in Zukunft zu einer eigenen Stimme findet. Bis dahin reicht „Criminal Squad“ als astreines, ehrlich gemachtes und geradliniges Genrekino für Fans des Old-School-Männerkinos völlig aus und erinnert angenehm an eine Art von Film, die im heutigen Mainstreamkino fast ausgestorben ist.

Bild:

Das digital auf Arri Alexa fotografierte Bild erfüllt alle Ansprüche an eine moderne Produktion. Schärfe- und Detaillevel sind konstant auf einem exzellenten Niveau, sowohl in hellen als auch dunklen Szenen. Kontraste und Schwarzwerte könnten teilweise etwas knackiger sein, störend fällt dieser Umstand jedoch nicht auf. Das glasklare Bild ist durchweg zwar leicht gelbstichig, präsentiert aber dennoch eine vielfältige und natürliche Farbpalette.

Ton:

Criminal Squad: Ray Merrimen (Pablo Schreiber)
Criminal Squad: Ray Merrimen (Pablo Schreiber) © CONCORDE Home Entertainment GmbH

Ein absolutes Highlight ist die akustische Umsetzung des Films. Shootouts spielen hier eine dominante Rolle und könnten nicht lebhafter, präziser und druckvoller umgesetzt sein. Hier knallt es nicht nur aus allen Ecken, präzise verteilte atmosphärische Geräusche und ein akkurat hörbarer Hall sorgen für ein großes Realismus-Gefühl. Auch ansonsten ist die Tonspur überaus lebhaft, dynamisch, authentisch und vielfältig ausgefallen. Die Surround-Lautsprecher werden konstant befeuert, der Subwoofer kommt immer wieder wuchtig zum Einsatz, Stimmen ertönen klar und deutlich. Top!

Extras:

Schön ist schon mal, dass Concorde hier neben der deutschen Kinofassung nicht nur die deutlich längere US-Version bereitstellt, sondern auch noch zusätzlich die US Unrated Fassung anbietet. In den längeren Versionen erhält der Film deutlich mehr Hintergründe zu Big Nick, wodurch dieser spürbar an emotionaler Tiefe gewinnt. Die deutsche Fassung wurde vom Verleih hergestellt und ist durchaus straffer, jedoch ist es schade, dass man dem Kinopublikum die Originalfassung vorenthalten hat.
Ansonsten fällt das Bonusmaterial mit drei kurzen EPK-Featurettes, einem alternativen Ende (das nur auf die letzte Minute der Kinofassung verzichtet) und obligatorischen Trailern recht enttäuschend aus.
Deutsche Kinofassung (124:18 Min.)
US Kinofassung (140:47 Min.)
DU Unrated Fassung (148:35 Min.)
Featurettes (Alternatives Ende (04:52 Min.), Der Alameda Korridor (03:13 Min.), Alpha Männer (02:07 Min.), Making of (02:06 Min.))
Trailer (Deutscher Trailer lang (02:27 Min.), Deutscher Trailer kurz (01:51 Min.), Originaltrailer lang (02:27 Min.), Originaltrailer kurz (02:17 Min.))
Programmtipps

Blu-ray Wertung
  • 7/10
    Film - 7.0/10
  • 9.5/10
    Bild - 9.5/10
  • 10/10
    Ton - 10.0/10
  • 3.5/10
    Extras - 3.5/10
7.5/10

Kurzfassung

„Criminal Squad“ ist zwar ein bisschen „Heat“ für Arme, dennoch macht dieser ehrlich und authentisch inszenierte Machostreifen ordentlich Spaß.

Fazit:

Die Ähnlichkeiten zu Michael Manns meisterhafter Kriminalsaga sind mehr als offensichtlich, dennoch bietet das Regiedebüt von Christian Gudegast viel Intensität und eine präzise-authentische Inszenierung, die ihn in seinen besten Momenten zu einem sehr gelungenen Film macht. Leider wirkt der Film jedoch in der ersten Hälfte teils etwas zu gewollt und auch langatmig, um vollends zu erfreuen. Wenn „Criminal Squad“ allerdings in der zweiten Hälfte zum Punkt kommt, lässt er nicht mehr locker und schießt umso mehr aus allen Zylindern.


von Florian Hoffmann

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