Born to be Blue – Blu-ray Kritik: Biopic über Chet Baker

Ethan Hawke spielt Jazz-Trompeter Chet Baker
Ethan Hawke spielt Jazz-Trompeter Chet Baker © Alamode Film

Die Kritik:

Born to be Blue - Blu-ray Cover
Born to be Blue – Blu-ray Cover ©Alamode Film

Chet Baker gehört zweifelsfrei zu den größten Jazz-Trompetern der Geschichte, der vor allem in den 50er Jahren mit Ikonen wie Miles Davis und Dizzy Gillespie nahezu auf einer Ebene stand. Wie so viele andere leidenschaftliche Musiker, die von ihrer Kunst besessen sind, kämpfte auch Baker mit seiner Drogensucht. Das thematisiert auch das angenehm unkonventionelle Biopic Born to Be Blue, das nach seinen großen Erfolgen in den späten 60er Jahren einsetzt und einen vom Leben gebeutelten Baker zeigt, der nach Auseinandersetzungen mit dem Gesetz wieder einen Weg zurück in die Erfolgsbahn sucht. Baker wird hier als Persönlichkeit gezeigt, die eigentlich nur Musik machen will und ihre Kunst ausleben muss, um eine Existenzberechtigung zu haben. Dargestellt wird Baker von einem überragenden Ethan Hawke, der in dieser halb fiktionalen Auseinandersetzung mit dem Westküsten-Jazz-Pionier die womöglich beste Leistung seiner abwechslungsreichen Karriere liefert.

Die Herangehensweise des kanadischen Regisseurs Robert Budreau, für den „Born to Be Blue“ ein spürbares Leidenschaftsprojekt war, orientiert sich lose an Bakers Werdegang primär ab 1966. So beginnt der Film jedoch zunächst Anfang der 60er Jahre in einer italienischen Gefängniszelle, wo ein unter starkem Heroin-Einfluss stehender Baker in halluzinierendem Zustand sichtlich am Ende ist. Budreau findet hier direkt einen stark bebilderten und intensiven Beginn, der sich auch in den eleganten Schwarz-Weiß-Bildern fortsetzt, die er folgen lässt. In starkem Kontrast zu dem schwitzenden, körperlich zermürbten Baker springt Budreau in die Zeit, als er auf seinem künstlerischen Höhepunkt stand und in einer Jazz-Bar performt. Das fängt Budreau in lebhaften und sehr atmosphärischen Bildern ein, während Hawke sich regelrecht transformiert und Bakers Musik stimmungsvoll zelebriert wird. Doch auch hier folgt nach dem Auftritt schon ein Zusammenbruch in der Drogenhölle, der jäh unterbrochen wird, als sich verdeutlicht, dass es sich bei den letzten Szenen lediglich um einen Filmdreh handelt. Baker spielt sich hier selbst, nachdem auch Hollywood sein James Dean-artiges Charisma für sich entdeckt hatte.

Chet Baker (Ethan Hawke)
Chet Baker (Ethan Hawke) © Alamode Film

Hier deutet Budreau schon seine unkonventionelle Marschroute an, denn er ist hier nicht an einem herkömmlichen Biopic interessiert. Viel mehr erscheint „Born to Be Blue“ als semi-fiktionale Herangehensweise, die versucht den Geist von Bakers Musik zu atmen. Den Hauptfokus legt der Film nämlich auf Bakers Beziehung zu der Schauspielerin Jane Azuka (Carmen Ejogo), die er beim Dreh zu seinem Film kennen und danach lieben lernt. Diese Figur und ihre Beziehung ist rein fiktiv und wurde lediglich von diversen Frauen in Bakers Leben inspiriert.

Wie in so vielen Musiker-Biografien ist auch die Beziehung zwischen Baker und Azuka sehr leidenschaftlich, aber eben auch wegen seiner Drogensucht oft tumultartig. Was sich jedoch so oder so ähnlich ereignet hat, ist eine folgenschwere Attacke mit einer Gruppe von Schlägern, denen Baker Geld geschuldet hat. Hier verlor Baker seine oberen Vorderzähne und musste fortan mit einer künstlichen Zahnreihe das Trompeten neu erlernen. Hier zeigt der Film eine schmerzhafte Periode in Bakers Leben, der versuchen muss mit Hilfe einer Methadon-Behandlung vom Heroin herunterzukommen, aber auch permanent unter Beobachtung eines Bewährungshelfers steht und zugleich seine musikalische Karriere wieder anzukurbeln versucht. Daneben erzählt der Film dann die Romanze zu Jane, die ihn trotz aller persönlichen Dämonen konsequent unterstützt.

Jane Azuka (Carmen Ejogo)
Jane Azuka (Carmen Ejogo) © Alamode Film

Dass die Musik hier tatsächlich etwas zu kurz kommt, lässt sich angesichts Budreaus stilsicherer und präzise beobachteter Inszenierung leicht verschmerzen. Vor allem ist es aber Ethan Hawke, der diesen Film letztlich mit seiner intensiven und tief empfundenen Präsenz so stark trägt und damit sehenswert macht. Er gibt sichtlich alles in seiner faszinierenden Rolle dieser selbstzerstörerischen Figur, von der er schon seit Teenager-Jahren geträumt hat. Entsprechend leidenschaftlich und facettenreich kommt Hawke in dieser erstklassigen Performance daher, die ihm mit etwas Glück durchaus auch eine Oscar-Nominierung hätte einbringen können. Dass Baker ein Ausnahmetalent war, steht hier außer Frage, denn in wenigen, aber sehr prägnanten Momenten zelebriert dieser Film eindrucksvoll und glaubhaft sein virtuoses Können.

Gerade in diesen Momenten ist der Film am wirkungsvollsten, denn auch wenn Hawke alles gibt und die Inszenierung stimmungsvoll ist, wirkt die Geschichte des drogenabhängigen Musikers, der mit seinen schlimmsten inneren Dämonen kämpft schon recht vertraut. In „Born to Be Blue“ geht es so mehr um den Schmerz des Musikerdaseins, als um eine einfache Erfolgsgeschichte. Es ist Budreaus unkonventioneller, fast schon stellenweise impressionistischer Herangehensweise geschuldet, dass sich „Born to Be Blue“ nicht klischeehaft und unoriginell anfühlt. Dass Hawke hier mit so großer Inbrunst spielt und er eine hervorragende und intensive Chemie mit der ebenfalls stark aufspielenden und charismatischen Carmen Ejogo teilt, lässt den Film dann endgültig über dem Durchschnitt stehen.

Bild:

„Born to Be Blue“ sieht großartig auf Blu-ray aus. Direkt springt einem hier die enorm hohe Schärfe ins Auge, die gerade in präzisen Detailaufnahmen eindrucksvoll zur Geltung kommt. Aber auch in Sachen Kontrast und Schwarzwerte liefert der digital aufgezeichnete Film exzellente Werte. Die Farbpalette ist entsprechend der dargestellten Ära eher in ungesättigten und erdigen Farbe präsentiert, die aber lebendig und authentisch repräsentiert werden. Trotz der hohen Schärfewerte wirkt die Ästhetik des Films nicht unbedingt typisch digital, sondern eher weicher und damit filmischer.

Ton:

Chet Baker mit Band
Chet Baker mit Band © Alamode Film

Auch akustisch überzeugt die Blu-ray auf ganzer Linie. Gerade in den Musiksequenzen ertönt Bakers Jazz sehr wirkungsvoll unter Zuhilfenahme des Subwoofers druckvoll, dynamisch und raumfüllend. Dabei hört sich der Sound immer fein ausbalanciert und präzise an. Auch atmosphärische Geräusche verteilen sich subtil auf den Boxen. Dialoge und Stimmen ertönen sehr präsent und in bester Verständlichkeit.

Extras:

Das Bonusmaterial enttäuscht leider mit geringer Auswahl. Hier liegt nur ein Making of vor, das aus durchaus einsichtsreichen Interviews mit den Hauptbeteiligten besteht. Hinzu kommen die obligatorischen Trailer.
Making of (07:54 Min.)
Trailer (01:58 Min.)
Trailershow

Blu-ray Wertung
  • 7.5/10
    Film - 7.5/10
  • 9.5/10
    Bild - 9.5/10
  • 9.5/10
    Ton - 9.5/10
  • 2.5/10
    Extras - 2.5/10
7.5/10

Kurzfassung

„Born to Be Blue“ ist ein unkonventionelles Biopic über Ausnahme-Jazzmusiker Chet Baker, das vor allem ein Vorzeigeprojekt für Ethan Hawkes vielleicht beste Karriereleistung bietet.

Fazit:

Es ist sowohl Robert Budreaus spürbar leidenschaftlicher und stimmungsvoller Inszenierung als auch Ethan Hawkes magnetischer Leistung als Jazz-Ikone Chet Baker zu verdanken, dass „Born to Be Blue“ über den Musiker-Biopic-Durschnitt ragt. Auch wenn die Geschichte eines selbstzerstörerischen Musikers wahrhaft nichts Neues ist, verhelfen Budreaus impressionistischer Anstrich und Hawkes Oscar-würdige Performance diesen Film sehenswert zu machen.


von Florian Hoffmann

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